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FC Basel

Servette FC

FC Basel - Servette FC 2:2 (1:2)

Datum: 12.11.1995, 14:30 Uhr - Wettbewerb: NLA Qualifikationsrunde 1995/96 - 18. Runde

Stadion: St. Jakob (Basel) - Zuschauer: 16'000

Schiedsrichter: Kurt Röthlisberger Schweiz

Tore: 8. Rey 1:0. 32. Margarini 1:1. 46. (erste Halbzeit) Neuville 1:2. 61. Rey 2:2.

Gelbe Karte: 3. Eriksson (Foul), 49. Pascolo (Reklamieren), 85. Karlen (Foul).

FC Basel: Huber; Ceccaroni, Olsen, Tabakovic, Orlando; Cantaluppi, Nyarko, Smajic, Sutter (81. Moser); Rey (67 Yakin), Zuffi.

Servette FC: Pascolo; Aeby; Karlen, Juarez; Weiler, Barberis, Eriksson, Margarini, Fernandez (65. Sesa); Sogbie, Neuville.

Bemerkungen: FCB ohne die rekonvaleszenten Meier und Moro sowie ohne den gesperrten Walker. Servette ohne Barea (gesperrt) und Nemecek (Nationalteam Tschechische Republik). 64. Pascolo hält Foulpenalty von Zuffi. HSV-Trainer Felix Magath unter den Zuschauern. Corner: 16:1 (9:0).

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FCB befriedigte 16 000 trotz verschenktem Sieg

Der FC Basel verscherzte beim gestrigen 2:2 (1:2) im ersten Heimspiel unter dem neuen Trainer Karl Engel gegen Servette zwar einen Sieg - und dennoch waren am Ende die 16 000 Zuschauer zufrieden. Sie hatten einen spannenden, packenden und umstrittenen Match erlebt.

Basel. Entgegen allen Prognosen der Meterologen, halt doch nochmals ein wunderschöner Herbstnachmittag.

16 000 Zuschauer.

Ein spannendes Spiel mit etlichen Torraumszenen.

So viele Goals, wie es sie in dieser Saison zu St. Jakob noch nie gegeben hat.

Eine Basler Mannschaft, die so stark auftrat wie noch kaum einmal in dieser Meisterschaft.

Ein neuer FCB-Trainer, der es offenbar verstanden hat, seinen Leuten die Spielfreude und den Spielwitz zu einem schönen Teil zurückzugeben.

Was eigentlich will man mehr? Was fehlte gestern zu einem Fussball-Erlebnis, das noch nachhaltiger in Erinnerung geblieben wäre?

Ein Sieg.

Das Groteske an dieser Aussage ist dabei das kleine, aber nicht unwesentliche Detail, das dies nach der Partie beide Seiten, Basler wie Genfer, hätten behaupten können.

Die Genfer werden zwar nach Spielende schon gewusst haben, dass für sie dieses 2:2 als Gast eines deutlich erstarkten FCB ganz und gar kein schlechtes Ergebnis ist, zumal sie zwei Wochen zuvor ihren letzten Auswärtsmatch, jenen in St. Gallen, gleich mit 0:4 verjubelt hatten. Dass für Servette gestern der Gewinn dreier Punkte dennoch keine Unmöglichkeit gewesen wäre, dürften sie aufgrund ihrer Effizienz im Abschluss, ihres (vorläufigen) Kehren eines 0:1-Rückstandes in eine (vorübergehende) 2:1-Führung, auf ihren «Matchball» durch Sesa in der 89. Minute sowie auf zwei unglückliche Aktionen ihres Torhüters Pascolo bei beiden Gegentreffern zurückführen. Insgesamt jedenfalls war Servette ein besserer FCB-Gegner, als man dies aufgrund seiner Tabellenlage hätte erwarten müssen: Namentlich Neuville im Angriff war stark. Dazu spielte das Servette-Mittelfeld, in dem drei der vier Aufbauer gelernte Verteidiger (Margarini, Eriksson und Fernandez) waren, entsprechend defensiv orientiert, aber nicht destruktiv.

Dennoch: Wenn eine Mannschaft in diesem unterhaltenden Match den Sieg hätte sicherstellen müssen (statt nur, wie Servette, sicherstellen können), dann war es zweifellos der FCB.

Weit mehr als beim 1:0-Sieg vor Wochenfrist in Lugano waren nämlich jetzt die Massnahmen des neuen Trainers festzustellen: Die Mannschaft spielte einen einfacheren Fussball und war dennoch viel kombinationssicherer. Die Aufgabenverteilung für jeden einzelnen war klar, auch wenn der «Job» noch nicht von jedem gleich wirksam ausgeführt wurde. Bei «stehenden» Bällen waren Ideen auszumachen - namentlich bei den Eckbällen, die etliche Male nach dem Nationalmannschafts-Muster des Roy Hodgson ausgeführt wurden. Das Wichtigste aber: Die Basler traten mit einer Spielfreude auf, die sie im Verlaufe dieses Herbstes komplett verloren hatten - und sie holten erstmals in dieser Meisterschaft einen Rückstand auf.

Dass es freilich so weit hatte kommen müssen, dass der FCB zur Pause 1:2 zurücklag, war zwar nicht dem Spielverlauf entsprechend, hatte aber mit Unaufmerksamkeiten in der Abwehr und der kühlen Effizienz der Servettiens zu tun. Zuerst glich Margarini in der 32. Minute gegen den zu zögerlichen Olsen zum 1:1 aus, und Sekunden vor der Pause narrten Sogbie und Neuville die Basler Verteidiger: Orlando eilte zu spät zurück hatte wohl «offside» stellen wollen, die anderen gehorchten ihm nicht - und der kleine, schnelle Neuville empfahl sich sehr direkt jenem Mann, der eine weite Anreise gemacht hatte, um sich nach Verstärkung umzusehen: Felix Magath, Trainer des Hamburger SV, weilte im «Joggeli», um den deutschstämmigen Tessiner aus Genf am Werk zu sehen. Und dieser Neuville also hatte den Spielverlauf der ersten 45 Minuten auf den Kopf gestellt und des FCB 1:0 korrigiert.

Hauptdarsteller Pascolo

Diese Führung war bereits in der 8. Minute Tatsache geworden, als Torhüter Pascolo einen Schuss Zuffis nicht unter Kontrolle gebracht und Rey geerbt hatte.

In der Folge war der nervöse Nationalgoalie ein wesentlicher Darsteller eines Matches mit einer erstaunlichen Dramaturgie. Innert dreier Minuten machte er sich zweimal zum meist beachteten Protagonisten im Stadion: In der 61. Minute liess er einen harmlosen Schuss Reys ins Tor, doch so ärgerlich für ihn dieses 2:2 auch war, so ungeschickt er dabei aussah - es war dieses Goal nicht allein sein Fehler: Nur eine Unebenheit des Platzes, die dem aufsetzenden Ball plötzlich einen entscheidenden Drall gab, machte dieses kuriose Goal erst möglich.

So gesehen, mochten selbst jene, die nicht eben als Pascolo-Anhänger verschrien sind, dem Nationaltorhüter seine wesentlichste Parade durchaus gönnen: In der 64. Minute verhinderte er bei Zuffis Penalty mit einem «Plongeon» das Basler 3:2. Fernandez hatte Ceccaroni gefoult und so Zuffi die grosse Möglichkeit geboten, den Basler Sieg auf eine an sich relativ einfache Art sicherzustellen.

Andere Möglichkeiten, mehr jedenfalls als die Genfer, hatte der FCB freilich vor und nach dieser Szene gehabt - die noch immer nicht gute Chancenverwertung ist diesmal einer von noch zwei Hauptschwächen des FCB, die kritisiert werden müssen. Die andere ist die Unaufmersamkeit der Abwehr bei den beiden Gegentoren, und diese Mängel waren insgesamt verantwortlich dafür, dass der FCB letztlich halt, nüchtern betrachtet, zwei enorm wichtige Punkte verloren und nicht in erster Linie einen Zähler gewonnen hat.

Dennoch: Die gestrige Basler Darbietung löste neue Hoffnung der Anhänger aus. Neben dem klar verbesserten Kollektiv- und Kombinationsspiel war auch bei zahlreichen einzelnen FCB-Akteuren ein deutlicher bis krasser Aufwärtstrend auszumachen.

Zuffi, Ceccaroni, Cantaluppi...

Da war zum Beispiel Zuffi: Der Winterthurer schoss kein Tor und verschoss einen Penalty - und war dennoch einer der Besten auf dem Platz, ja, irgendwie fiel er gar mehr auf als der zweifache Torschütze Rey, wiewohl auch der Walliser einen guten Match ablieferte.

Oder da war Ceccaroni: In den letzten Wochen war hie und da selbst bei ihm, diesem nie aufsteckenden Kämpfer, der eine oder andere Anflug von Resignation auszumachen gewesen - gestern war er auffallend stark.

Oder Nyarko, Sutter, Smajic und Cantaluppi - die Aufbaureihe des FCB: Alle vier hatten hervorragende Szenen, die einen (Cantaluppi, Nyarko) nach persönlichen Anlaufschwierigkeiten vor allem in der zweiten Halbzeit, der junge Sutter eigentlich während seiner gesamten 81 Minuten (vgl. Artikel nebenan). Und Smajic konnte sich so, da die Last und die Verantwortung nun doch wesentlich besser verteilt war als zuletzt, auch wieder mehr entfalten.

So also blieb am Ende weitgehend die Zufriedenheit - auch wenn man bei einem Cornerverhältnis von 16:1, einem Chancenverhältnis von 6:3 und einer Penalty-Gelegenheit eigentlich auch gewinnen könnte. Doch das kann der FCB ja noch nachholen - am nächsten Sonntag gegen den FC Aarau, dann abermals zu St. Jakob.

Andrey-Klage gegen FCB?

Nachzutragen ist da noch die Meldung von der Post, die der FCB von seinem entlassenen Trainer Didi Andrey bekam. Wie Präsident Peter Epting bestätigte, hat Andrey einen Genfer Anwalt eingeschaltet, um zu untersuchen, ob die Gründe zur fristlosen Entlassung stichhaltig waren oder eben nicht. Gleichzeitig soll Andrey auch gegen den FCB-Geldgeber Robert Zeiser, den Mann, der die ganze Geschichte ins Rollen gebracht hatte, wegen «Verleumdung» geklagt haben oder es noch tun. Andrey selbst wollte das weder bestätigen noch dementieren. «Ich sage zu diesem Fall nichts mehr, ich möchte nur noch in Ruhe gelassen werden, ich habe so schon genug Schaden erlitten», sagte Andrey am Telefon.

Er lehnte auch ein ausführliches Interview mit der BaZ kategorisch ab, und zwar für jetzt «wie auch für die nächsten Monate». Er habe gesagt, was es zu sagen gebe, man solle jetzt wieder den «Fussball» in den Mittelpunkt stellen, bat er. Josef Zindel

Quelle: Basler Zeitung vom 13.11.1995