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Neuchâtel Xamax

FC Basel

Neuchâtel Xamax - FC Basel 1:0 (0:0)

Datum: 29.07.1995, 20:00 Uhr - Wettbewerb: NLA Qualifikationsrunde 1995/96 - 3. Runde

Stadion: Maladière (Neuchâtel) - Zuschauer: 15'200

Schiedsrichter: Erwin Fölmli Schweiz

Tore: 86. Kunz 1:0.

Gelbe Karte: 7. Vernier (Foul), 8. Orlando (Foul), 68. Moro (Ballwegschlagen), 92. Perret (Foul).

Neuchâtel Xamax: Corminboeuf; Rueda; Vernier, Rothenbühler (29. Moret), Bonalair; Perret, Detari, Wittl; Isabella (83. Gigon), Moldovan, Kunz (93. Jeanneret);

FC Basel: Huber; Ceccaroni, Meier, Walker, Orlando; Moser (39. Moro), Nyarko; Smajic; Okolosi (65. Yakin), Rey (71. Sutter), Zuffi.

Bemerkungen: Xamax komplett. FCB ohne Cantaluppi (verletzt) und Tabakovic (überzähliger Ausländer). Olsen Ersatz. Corner: 12:5 (2:3). - Befriedigende Schiedsrichterleistung.

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Fortsetzung einer unsäglichen Serie

Ein Gegentor in der 86. Minute durch Kunz hatte des FC Basels erste Saisonniederlage zur Folge, die mit 0:1 gegen Xamax nach einem intensiven Match vor 15 200 Zuschauern dem Spielverlauf nicht widersprach.

Neuchâtel. 0:1, 1:5, 0:1, 1:9, 1:2, 0:4, 0:0, 0:2, 2:3, 2:4.

Nein, das ist nicht die Meisterschaftsbilanz des FC Zürich nach zehn Runden und ist auch nicht die Statistik der Eishockey-Nationalmannschaft aus den letzten zehn Partien, sondern ist der mathematische Beweis, dass nahezu jede Reise des FC Basel zu einem Auswärtsmatch gegen Xamax zur Reise in den Frust verkommt.

Tatsächlich: Wann immer der FCB in den letzten Jahren in Neuchâtel antreten musste, hatten nur die Neuenburger zu lachen. Und die Toto-Spieler, die eine Bank auf Sicher hatten.

Zehn Spiele, ein geradezu grossartig anmutendes 0:0 in der Saison 1984/85, daneben neun Niederlagen in der Grössenordnung von 0:1 bis 1:9 - das war der Ertrag, den der FCB in seinen zurückliegenden Auswärtsspielen gegen Xamax erlitten hat. Der letzte Sieg des FCB auf der Maladière geht ins Jahr 1980 zurück, 1:0 gewann er damals, und jener Erfolg war einer auf dem Weg zum bis dato letzten Meistertitel.

Und nun also wieder eine 0:1-Niederlage, wieder eine Fahrt in die Pleite, wieder eine Reise in den Null-Ertrag, wieder ein paar tausend Tipper, die am Samstag abend ihr «Veegeli-Vau» hinter ihrer Einser-Bank anbringen durften. Und hinterher wieder, bei weitem nicht zum erstenmal, dieses Gefühl, dass für den FCB viel mehr als eine Niederlage möglich gewesen wäre. Doch auch das gehört zur Tradition dieser Begegnung, selbst wenn diesmal der Sieg von Xamax absolut verdient war. Doch der Zeitpunkt des Gegentors ärgerte die Basler und deren 5000 bis 7000 mitgereisten Anhänger nach dem intensiven und spannenden Spiel halt besonders.

Gewiss, einen «günstigen» Zeitpunkt für Gegentore gibt es nicht, die sind immer unwillkommen. Doch wer nach zehn Minuten in Rückstand gerät, hat hinterher halt noch 80 Minuten Zeit zum Reagieren.

Der FC Basel aber kassierte am Samstag den entscheidenden Treffer in der 86. Minute - durch eine wunderschöne Einzelleistung von Adrian Kunz, der seinen bemerkenswert dynamischen Auftritt mit diesem 1:0 krönte. «Unwiderstehlich»: So pflegt man die Art und Weise zu beschreiben, wie Kunz durch die Basler Abwehr raste und zuletzt den schuldlosen Goalie Huber auch noch «tunnelte». Zuvor hätten die Verteidiger Walker, Meier und Orlando diesen Kunz höchstens noch mit einem Penalty-Foul stoppen können?

1:0 erst in der 86. Minute - deshalb vor allem sahen sich die Basler um den Lohn ihres Einsatzes gebracht, deshalb waren sie hinterher fast alle der Meinung, die Niederlage sei unglücklich zustande gekommen. Natürlich war sie das aus Basler Optik - aus Sicht der Neuenburger aber gab es umgekehrt mit dem gleichen Recht das anzumerken: Sie waren insgesamt die spielbestimmende Mannschaft, sie taten mehr für den Angriff, sie zwangen dem FCB den Stil auf, sie suchten entschlossener den Sieg, sie wollten nicht das Unentschieden, sondern drei Punkte, sie erhöhten das Cornerverhältnis von 2:3 nach 45 Minuten auf 12:5 am Schluss, sie waren mehr im Ballbesitz, sie gewannen mehr Zweikämpfe und sie hatten insgesamt viel mehr Torszenen.

Und der FCB?

Nun, der verteidigte gut, Meier und Walker waren im Zentrum bemerkenswert kopfballstark, der 94minütige Zweikampf Walkers mit dem neuen rumänischen Xamax-Mittelstürmer Moldovan gehörte zu den Spektakeln des Matches (vgl. nebenan) - doch es wurde in dieser Partie eines sehr deutlich: Wenn der FCB Erfolg haben will, muss er das Spiel selbst gestalten. Das haben im positiven Sinn die Siege gegen Sion und YB gezeigt, das hat im umgekehrten Mass der Match in Neuchâtel bestätigt: Hier hatte der FCB die Dinge namentlich im Mittelfeld nicht im Griff, in diesem Block war der Gegner präsenter und stärker (vor allem dank Perret und Detari) - und sofort wurden die Basler viel zu fest in die eigene Abwehr gedrängt. Das reichte dem FCB zwar noch immer zu einigen Gegenangriffen, von denen namentlich Bruno Sutters Schuss in der 77. Minute zum 0:1 geführt hätte, hätte in dieser Szene nicht Goalie Corminbúuf glänzend gehalten.

Doch insgesamt musste der FCB die Inititave zu fest den Romands überlassen - vor allem, weil im Aufbau Smajic bei weitem nicht mehr so stark spielte wie gegen YB, weil Moser den Tritt nicht fand, weil sich danach der eingewechselte Moro trotz guter Ansätze athlethisch als noch nicht parat erwies und weil Nyarko fast zum fünften Verteidiger wurde, da sich sein Gegenspieler Detari mit zunehmender Spieldauer zum vierten Xamax-Stürmer machte.

So wunderte es nicht, dass auch der Basler Angriff krass unter seinen Möglichkeiten blieb - das galt für alle vier eingesetzten Stürmer, auch wenn sich hinterher Andreys Kritik namentlich gegen Zuffi richtete.

Der stärkste Block war so die Abwehr, die defensiv tatsächlich gut spielte, aber so überlastet war, dass es auch ihr viel zu selten zu konstruktivem Aufbau langte. Vielmehr wurde zu häufig der Ball weggedroschen - und das nicht selten so «kurz», dass die Romands oft schnell wieder in Ballbesitz gelangten.

Verdiente sich der Defensivblock also durchaus befriedigende Noten, auch Goalie Huber, der nicht mehr so nervös wirkte wie im YB-Spiel, so blieben am Ende dieses Matches, den einzig die Zürcher TV-Leute als «langweilig» beurteilen wollten, gleichwohl grösste Zweifel, ob sich die Umstellung gelohnt hat. Der Basler Trainer Didi Andrey liess nämlich gleich beide ausländischen Innenverteidiger draussen, den Dänen Olsen als Ersatzmann, den Bosnier Tabakovic gar als Überzähligen. Das war vor allem für Tabakovic sehr bitter und wohl nur schwer nachvollziehbar, denn der hat sich beim FCB längst zum überaus zuverlässigen Wert entwickelt.

Dafür rückte Walker an die Seite Meiers ins Abwehrzentrum, derweil auf der linken Seite der gelernte Stürmer Orlando bei seinem Basler Debut klassischer Linksverteidiger war.

Nun, Orlando spielte defensiv befriedigend, doch für seine eigentliche Aufgabe hatte er (noch) keine Kapazität frei: Offensiv brachte er nichts.

Andrey sprach hinterher von einer Ausnahme: Xamax sei neben dem FCB die einzige Schweizer Mannschaft mit drei Stürmern, weshalb er für diesen Match noch an seiner Vierer-Abwehr festgehalten habe. Sobald der Gegner mit zwei Angreifern antrete, wie höchstwahrscheinlich übermorgen der FC Luzern, werde Orlando von seinem Verteidiger-Job befreit und auf dem vorgesehenen Posten im linken Aufbau spielen können, versprach der Trainer, der neben allem Verdruss ob der ersten Saison-Niederlage auch noch eine halbwegs positive Nachricht erhielt: Die Verletzung von Stürmer Rey erwies sich aufgrund der Röntgenaufnahmen als weniger schlimm denn befürchtet: «Der Verdacht auf Knöchelbruch bestätigte sich nicht», sagte Rey gestern Sonntag am Telefon, «vielmehr handelt es sich um eine Verstauchung und eine Dehnung der Bänder.»

Für ein paar Tage muss Rey einen Gips tragen, in den zwei Spielen dieser Woche gegen Luzern und den FCZ wird er noch fehlen, danach aber könnte er möglicherweise bereits wieder einsatzfähig sein. Josef Zindel

Quelle: Basler Zeitung vom 31.07.1995