Presseschau

Sonntagsblick vom 30.10.2011

«Ich will zurück zum FCB!»

Sammy Inkoom

In der Ukraine ausgeraubt und ausgebuht

VON HEIKO OSTENDORP

Basels ehemaliger Publikumsliebling Sammy Inkoom ist in der Ukraine unglücklich. Er wurde ausgeraubt und beleidigt. Am liebsten würde er sofort zurück zum Schweizer Meister.

Inkoom freut sich, als Sonntags-Blick ihn auf dem Handy erreicht: «Hey, wie gehts dir?», will der Ghanaer wissen. Man merkt sofort, dass er die Schweiz vermisst. Der ehemalige Publikumsliebling des FC Basel sitzt bei einem Cappuccino in der Ukraine, genauer gesagt in Dnjpropetrowsk.

«Es ist kalt», berichtet Inkoom. Derzeit herrschen Temperaturen um den Gefrierpunkt. Doch das ist nicht das Problem, schliesslich kennt er diese Temperaturen aus seiner Zeit beim FCB. Der lebensfrohe Ghanaer ist unglücklich. «Es ist nicht einfach hier für mich. Es sind einige unschöne Dinge passiert.»

Was Inkoom meint? Er wurde ausgeraubt! Als er vor einigen Monaten mit Ghanas Nationalmannschaft unterwegs war, sind Diebe in sein Haus eingebrochen, haben Geld, Elektrogeräte, sogar Möbel gestohlen. «Ich weiss nicht, wer so was tut», sagt Sammy verzweifelt. Aber er hat eine Vermutung, warum es überhaupt soweit kommen konnte.

«Ich hatte Probleme mit unserem Trainer Juande Ramos», verrät Inkoom. «Er wollte mich nicht zur Nationalmannschaft fliegen lassen. Und das, obwohl wir zu dieser Zeit noch in der Saison-Vorbereitung waren und wir mit Ghana um die Qualifikation für den Afrika-Cup spielten.»

Der stolze Inkoom wollte unbedingt für sein Land spielen, legte sich deswegen mit dem Klub-Coach an. «Der Trainer drohte, er würde einen anderen Aussenverteidiger verpflichten, wenn ich gehe», sagt Inkoom. «Aber ich musste doch für Ghana spielen. Das ist meine Heimat. Das kann mir keiner verbieten. » Inkoom ging trotzdem.

«Seitdem ist alles anders. Vorher liebten mich die Fans, der Trainer setzte auf mich», erzählt er. Doch nach seiner Rückkehr erlebte Inkoom eine böse Überraschung nach der anderen. Den Einbruch, dazu teilweise rassistische Beleidigungen der Fans. Und zu allem Überfluss sass er bei Dnjepro nur noch auf der Bank. «Ich habe das Gespräch mit dem Trainer gesucht. Schliesslich bin ich nicht hierher gekommen, weil es hier so schön ist, sondern weil ich Fussball spielen will», so Inkoom. «Und wenn ich nicht mehr spiele, will ich weg.»

Bekenntnis zu Basel

Zwar haben sich die Wogen mittlerweile geglättet, und in den letzten drei Matches spielte Inkoom wieder 90 Minuten durch. Dnjepro gewann sogar alle drei Partien, kletterte in der Tabelle auf Platz 5. «Aber glücklich bin ich trotzdem nicht. Es ist hier nicht so schön wie in der Schweiz.»

Er gibt zu, dass es «ein Fehler war, Basel zu verlassen». Aber zu verlockend war das Angebot im vergangenen Januar. Fast acht Millionen Franken Ablöse kassierte der FCB, Inkoom bekam einen Vertrag bis 2015. Jahresgehalt: 1,5 Millionen Franken netto! Inkoom: «Es hat für alle gepasst. Für mich, für den Klub»

Trotzdem will der 22-Jährige nach nur neun Monaten wieder weg aus der Ukraine – so schnell wie möglich. Top-Klubs wie Liverpool, Bayern, Aston Villa oder Fulham haben sich schon nach ihm erkundigt. Allerdings verlangt Dnjepropetrowsk mindestens fünf Millionen Pfund Ablöse. Sogar Coach Ramos schwärmt plötzlich von Inkoom, lobt seine Vielseitigkeit. Der Spanier plant angeblich auch in Zukunft mit dem Ex-Basler.

Doch der hofft, dass es im Januar, wenn das Transferfenster wieder geöffnet ist, zu einem Wechsel oder zumindest zu einer Ausleihe kommt. Inkooms Traum: «Ich will zurück zum FCB! Da waren die Leute immer gut zu mir. Meine Familie hat sich in der Schweiz total wohl gefühlt, alle haben sich gekümmert. Alles war gut.»

Jetzt hockt seine Frau Omega mit dem einjährigen Sammy jr. in Ghana. Fast 8500 Kilometer weit weg! Zu gefährlich ist es in der Ukraine. «Und zu kalt für meinen Sohn», sagt Sammy senior. «Ich vermisse meine Familie.»

Inkoom hat sogar schon mit Basels Sportkoordinator Georg Heitz telefoniert, der ihn 2009 zum FCB holte: «Ich habe ihn gefragt, ob er was für mich machen kann. Wenn Basel mich will, bin ich bereit.»

Doch ist eine Rückkehr wirklich realistisch? Heitz überlegt lange: «Nein, ich denke, dass eine Verpflichtung von Sammy derzeit kaum realistisch erscheint. Erstens haben wir ein grosses Kader mit vielen Spielern. Und zweitens wäre es auch eine finanzielle Frage.»

Hinzu kommt, dass der FCB gerade einen anderen Aussenverteidiger «testet»: Philipp Degen trainiert seit gut einer Woche mit der Mannschaft. Und das ist nicht nur eine Goodwill-Aktion. Heitz: «Wir sind ja kein Touristencamp.» Der arbeitslose Ex-Nationalspieler wäre im Gegenteil zu Inkoom ablösefrei und würde keinen Nicht-EU-Ausländerplatz besetzen. Seine Verpflichtung scheint realistischer als die von Inkoom. Auch wenn er in den letzten Jahren ständig verletzt war. Heitz zurückhaltend: «Philipp soll erstmal fit werden.»

Obwohl ein Transfer von Inkoom zu Basel wohl kaum zustande kommt, verspricht Heitz: «Sollten wir Sammy irgendwie helfen können, werden wir das tun.»

Zurück