Presseschau

Basler Zeitung vom 25.06.2013

Auf der Überholspur

Die Junioren Andrea Frei und Breel Embolo sind die rotblauen Aufsteiger der Saison – zwei Begegnungen

Vielversprechendes Talent aus Biel-Benken

Von Danielle Müller

Basel. «Ich habe immer gesagt, wenn ich mal viel Geld verdiene, werde ich meiner Mutter eine Wohnung am Rhein kaufen, da sie das unbedingt möchte», sagt Andrea Frei. Eine grosszügige Ausgabe, welche die FCB-Spielerin mit der ersten selbstverdienten Million als Profisportlerin tätigen würde. Aber ein Gedanke, dessen Umsetzung doch noch etwas weiter in der Zukunft liegt.

Mit der «Rookie of the Year»-Auszeichnung konnte die U18-Spielerin aber schon einen Akzent auf dem Weg dahin setzen. Die Basler Kantonalbank verleiht diesen Preis jährlich an die vielversprechendsten Spieler jeder Alterskategorie der FCB-Jugend (vgl. Box rechts). Frei durfte die Trophäe am letzten Saisonspiel des FCB im ausverkauften Joggeli entgegennehmen. «Es ist schon schön, solch eine Bestätigung der gesamten Saison zu erhalten. Vor allem auch, weil ich von meinen Mitspielerinnen gewählt wurde», meint die Mittelfeldspielerin zu dieser Anerkennung.

Die Trophäe hat deswegen einen Ehrenplatz auf ihrem Nachttisch erhalten. Gleich neben einer Sammlung von Wimpeln aus Länderspielen, der Medaille der U17-EM 2012 in Slowenien und vielen verschiedenen Teamfotos. Das klingt so gar nicht nach dem typischen Zimmer einer 17-Jährigen. «Ich war nie ein typisches Mädchen, das mit Barbies gespielt hat. Überhaupt nicht», schildert sie mit einem Lachen im Gesicht. Ihre Mutter freute das zu Beginn noch nicht richtig. Die hätte es nämlich gerne gesehen, wenn ihre Tochter nicht auch noch dem Sport verfallen wäre, der schon die drei Männer der Familie – die beiden Söhne Alex und Fabian und Ehemann Paul – vereinnahmt.

Jedoch war schnell klar, dass auch Andrea Frei lieber die Kick-Schuhe bindet, anstatt sich die Schuhe der Mutter auszuleihen. Als Kind fuhr sie immer gerne mit der Familie an die Spiele der zwei Brüder und hat auch mit ihnen zu Hause oft «geschuttet». Und spätestens als sie beim FC Münchenstein mit den Buben trainierte, war klar, dass auch Andrea Frei dem Fussball verfallen war.

Alex ist nicht das Vorbild

Der Fussball – allgegenwärtig bei den Freis. Alex Frei ist der Star der Familie. Auch er einmal «Rookie of the Year». Seine Schwester sieht ihn aber nicht als Vorbild. «Für mich ist er einfach mein grosser Bruder. Ihn als Vorbild zu sehen, wäre komisch. Ich kenne ihn ja ganz anders als nur als Fussballer», sagt die Jüngste der Familie. Auch wenn sie ihrem Bruder nicht nacheifert, haben sie doch etwas gemeinsam: den Ehrgeiz. «Ich will überall das Bestmögliche erreichen. Deswegen versuche ich immer, mehr als alle anderen zu geben. Sei das nun auf oder neben dem Feld», erklärt sie. Ganz nach dem Motto: «You might work but I work harder.» Frei übersetzt: Du arbeitest auch, aber ich arbeite härter. Eine Strophe aus dem Song «On my way» von Charlie Brown, den Frei und ihre Mannschaftskolleginnen immer vor den Spielen hören. Ein Song, der wie die Faust aufs Auge zu Andrea Frei passt. Denn auch sie ist auf ihrem Weg. Und der führt sie vielleicht auch ins Ausland. «Ich möchte irgendwann gerne mal für ein Jahr nach Amerika. Auch, weil da der Frauenfussball angesehener ist als in der Schweiz», sagt sie. Hierzulande vermögen die Spiele der Frauen die Stadien mit 200 bis 300 Fans nicht annähernd so zu füllen, wie es die der Männer tun. Zum Vergleich: Der FCB zieht pro Spiel rund 29 000 Anhänger in den St.-Jakob-Park. Eine Situation, die auch Frei unglücklich findet: «Es ist schon recht schade. Wir Frauen betreiben ja eigentlich den gleichen Aufwand. Aber wir müssen uns wohl damit abfinden, dass Frauenfussball nie den gleichen Stellenwert wie der Fussball der Männer haben wird.»

Trotzdem lässt sich die Mittelfeldspielerin die Freude am Sport nicht nehmen und will auch zukünftig den Gegner mit präzisen Torvorlagen zur Verzweiflung bringen. Vorerst am liebsten in Basel. Auch weil sie hier ihre Freunde hat und zur Schule geht, seit Kurzem in die WMS in Reinach. Zuvor war sie am Sportgymnasium Bäumlihof, doch mit dem häufigen Training, welches viel Zeit und Energie kostet, war ein Wechsel die beste Idee. Welchen Beruf die Freizeit-Tennisspielerin nach der Ausbildung einmal gerne ergreifen will, weiss sie aber noch nicht. Ihre Berufswünsche haben sich über die Jahre immer wieder geändert. Von Lehrerin bis Journalistin war alles dabei. Was sie jedoch definitiv ausschliesst, ist, Ärztin zu werden. «Ich kann nicht einmal meiner Katze eine Zecke entfernen», lacht sie.

Ihre Zukunft im Fussball gestaltet sich da zielsicherer. Bisher spielte Andrea Frei ­erfolgreich beim Basler U18-Frauenteam. Nun steht der Wechsel in die A-Equipe der FCB-Frauen an, in der sie zuvor auch schon ab und zu zum Zuge gekommen ist. Und auch dort wird sie das tun, was ihr an der Position im Zentrum am besten gefällt: das Spiel auslösen, gleichzeitig aber auch in den Abschluss gehen.

Mit ihrem Talent wird Andrea Frei wohl auch in Zukunft von sich reden machen. Die Schülerin ist mit ihren bis­herigen Erfolgen auf ­gutem Wege, ihrem Namen im Schweizer Frauen­fussball Bedeutung zu verschaffen.

Funkelnder Rohdiamant aus Kamerun
Von Nicolas Lurati

Basel. Etliche afrikanische Staaten haben ein Edelstein-Vorkommen. Nicht so Kamerun. Das Land in Zentralafrika ist aber dafür bekannt, «Rohstoffe» anderer Art zu besitzen: nämlich Fussballer. Wie kaum ein anderer Staat auf dem Schwarzen Kontinent bringt die ehemalige deutsche Kolonie an der Bucht von Bonny exzellente Kicker hervor. WM-Held und Eckfähnchen-Tänzer Roger Milla, Stürmer-Star Samuel Eto’o sowie Barça- Mittelfeldmann Alexandre Song sind die drei bekanntesten unter den unzähligen Kamerunern, die sich dank ihrer Fähigkeiten einen Namen in der Fussballwelt gemacht haben.

Auch in den Reihen des FC Basel waren die Farben Kameruns in der abgelaufenen Saison vertreten: Einerseits durch Jacques Zoua, dessen Arbeitsplatz seit dieser Woche indes die Imtech Arena in Hamburg statt des St.-Jakob-Parks ist. Andererseits durch Breel Embolo. Der Stürmer der U16-Equipe des FCB ist im Vergleich zu seinen Landsmännern Eto’o und Song jedoch noch kein Edelstein, der auf dem Markt für Millionensummen gehandelt werden kann. Nein, Embolo ist ein ungeschliffener Rohdiamant. Wahrscheinlich aber der funkelndste im rotblauen Talentschuppen.

In der eben abgelaufenen Spielzeit war der 16-Jährige sowohl im Team mit der U16 des FCB als auch persönlich äusserst erfolgreich: Meister, Cupsieger und Gewinner der «Rookie of the Year»-Auszeichnung für den besten Spieler seiner Alterskategorie. Dazu 24 Tore und 13 Assists in der Vorrunde. Und mindestens ebenso viele Treffer in der Rückserie. «Wie viele es genau waren, weiss ich nicht», so Embolo. «Ich habe aufgehört zu zählen.» Als Lohn für die ausserordentlichen Leistungen, aber auch zur ­Abschreckung von Talente-Jägern stattete Basel den U16-Nationalspieler der Schweiz mit einem drei Jahre gültigen Nicht-Amateur-Vertrag aus (Kontrakt, der sich bloss im Lohn von einem klassischen Profivertrag unterscheidet).

Für den Stürmer, der sich gerne auch mal die Bälle aus der Tiefe erkämpft, sieht es momentan also blendend aus: formidable Spielzeit hinter sich gebracht, verdiente Beförderung in die U18 und Sicherheit und Vertrauen durch den unterschriebenen Vertrag. «Doch ich kenne auch die andere Seite», sagt der Teenager. In Yaoundé, der Hauptstadt Kameruns, wo Embolo auf die Welt kam und seine frühe Kindheit verbrachte, gestaltete sich der Lebensalltag nicht derart sorglos wie hier in der Schweiz. Armut und Kampf um Bildung waren die vorherrschenden Lebensinhalte. Fussball wurde nicht auf topmodernen Anlagen gespielt – weil nicht vorhanden –, sondern im Garten.

Bei den Old Boys Disziplin gelernt

Im Alter von sechs Jahren kam der polyvalente Angreifer dann in die Schweiz und traf wesentlich bessere Rahmenbedingungen für die Ausübung seiner Passion, dem Spiel mit dem runden Leder, an. Zunächst kickte Embolo bei Nordstern, dann bei den Old Boys. «Dort habe ich Disziplin gelernt.» Es folgte der Wechsel zum FCB. Erst in die U13, dann in die weiteren Nachwuchsstufen U14, U15, U16. Und ab nächster Saison stürmt er für die U18. «Ich bin sehr dankbar dafür, dass der FC Basel mir diese Chance gibt», sagt der Kamerun-Knipser. «Dass ich es aus bescheidenen Verhältnissen geschafft habe, bis zu diesem Punkt zu kommen, motiviert mich extrem.»

Damit für das Stürmertalent auch neben dem Platz optimale Bedingungen herrschen, wohnt Embolo im FCB-Wohnheim im Lehenmattquartier. «Hier habe ich einen geregelten Tagesablauf, es wird für einen gesorgt, und man bekommt gesunde Mahlzeiten zu fixen Tageszeiten», so der athletische Offensivakteur. «Kurzum: Hier habe ich alles, was ich brauche.» Doch wieso haust Embolo, der momentan noch die Sportklasse im Schulhaus Bäumlihof besucht, nicht bei seinen Eltern? Die Mutter ist erst vor Kurzem aus Porrentruy ans Rheinknie gezogen, der Vater lebt in Kamerun. «Als meine Mutter noch nicht in Basel war, vermisste ich sie schon», so der 1,82 Meter grosse Jungspund. «Nun unternehme ich aber viel mit ihr. Trotzdem ist es besser, dass ich weiterhin im Wohnheim wohne, denn der FCB kann sich so besser um mich kümmern.» Eine zusätzliche Unterstützung für den beweglichen und kreativen Angreifer bietet Erdin Shaqiri mit seiner Firma ESHA Sportmanagement. Der Bruder von Kraftwürfel und Bayern-Star Xherdan betreut und berät den jungen Kameruner ergänzend zum FCB und hilft bei der Karriereplanung.

Vieles spricht also dafür, dass das rotblaue Talent eine gute Karriere als Fussballer machen kann: hervorragende Rahmenbedingungen neben dem Platz dank Verein und Manager, Bodenhaftung, auf dem Rasen Fähigkeiten wie eine unglaubliche Torgeilheit, dazu ein starker letzter Pass und eine genetisch bedingte Top-Athletik. Wird Embolo deswegen ein Star wie seine Vorbilder Eto’o, Mario Balotelli und Zlatan Ibrahimovic? Oder realistischer formuliert: Kann der Kameruner dereinst in die Fussstapfen von Marco Streller oder Alex Frei treten?

«Der Weg für Embolo ist noch weit», sagt Massimo Ceccaroni, Nachwuchschef beim FCB. «Ich will auch keinen Vergleich zu Streller und Frei ziehen. Das wäre naiv und gefährlich. Denn nur weil ein Spieler mit 16 Jahren physisch überragend ist und durch eine tolle Torquote überzeugt, muss es nicht bedeuten, dass er dereinst der neue FCB- Super-Stürmer wird.» Auch Erdin Shaqiri schlägt in die gleiche Kerbe: «Ob und wann Embolo den Durchbruch schaffen wird, kann man nicht voraussagen. Das Rüstzeug, also Qualität und Talent, zum Topspieler hat er aber zweifelsohne.»

Der FC Basel und seine «Rookies of the Year»

Basel. Andrea Frei und Breel Embolo sind 2013 nur zwei der Gewinner der zum dritten Mal vergebenen «Rookie of the Year»-Auszeichnung für die aufstrebendsten Nachwuchskräfte innerhalb des FC Basel. Die Schwester von Alex Frei brillierte bei den U18-Frauen, der afrikanische Angreifer Embolo in der Kategorie U16. In den anderen Altersklassen waren Naser Aliji (U21), Samuele Campo (U18), Roman Spahr (U17), Kenan Heric (U15), Janic Cucinelli (U14) und Vanesa Selaci (Frauen U16) erfolgreich. Das Wahlprozedere sieht vor, dass die jeweiligen Trainer sowie die Mitspieler einen Teamkollegen zum Aufsteiger der Spielzeit küren. Gestiftet werden die Preise (Konto mit Startguthaben) für die Sieger der «Rookie of the Year»-Wertung von der Basler Kantonalbank (BKB).

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