Presseschau

Tages-Anzeiger vom 13.12.2013

Nach dem Aufprall droht der Knall

Analyse Das Out in der Champions League hilft dem FC Basel nicht, der latenten Unruhe um Trainer Yakin beizukommen.

Von David Wiederkehr

Es war ein absurdes Stück Fussballgeschichte, dieser Fehlentscheid am Mittwochabend, der nun symbolhaft steht für das Scheitern des FC Basel in der Champions-League-Gruppenphase. Wie es möglich war, vor dem 2:0 die Offside-Position gleich von vier Spielern des FC Schalke nicht zu erkennen, dies war die Frage, eine gute Frage. Ganz besonders für den Schiedsrichter selbst, der sich in dieser Causa auf das Auge seines Assistenten zu verlassen hat. Und gerade für jemanden wie ihn, Paolo Tagliavento, den praktizierenden Coiffeur, ist eine exakte Linie ja tägliches Handwerk.

Also ergoss sich am Tag nach der turbulenten Partie in der Arena auf Schalke Häme über den Mann aus Umbrien. «Pannen-Paolo», spottete die Zeitung «Bild», und die betroffenen Spieler des FC Basel verschafften ihrem Ärger reihum Luft. Verteidiger Fabian Schär fand: «Uns wurde die Chance genommen, ein Unentschieden zu erreichen.» Captain Marco Streller bedauerte: «Einen solch fragwürdigen Entscheid haben wir nicht verdient.» Torhüter Yann Sommer klagte: «So fühlt man sich völlig machtlos.»

Wieder ein schöner Gewinn

Zwei Wochen nach dem Meisterstück gegen Chelsea ist der FCB in der Fussballhalle von Gelsenkirchen hart aufgeprallt. Wieder vermochte er in Deutschland nicht zu bestehen, wieder setzte es eine Niederlage ab, 3:24 beträgt inzwischen das Torverhältnis nach acht Europacup-Auswärtsspielen gegen Bundesligisten. Die Uefa notierte 7 Torschüsse für die Basler (und 22 für Schalke), eine Torchance war nicht darunter. «Wir haben zu wenig gemacht, um weiterzukommen», sagte Sommer. Er war einer der Ersten, der zurück zur nüchternen Analyse fand.

Das Out in der Königsklasse ist für den FCB kein Desaster. Er hat in diesem Herbst gegen 22 Millionen Franken an Prämien, Zuschauer- und TV-Einnahmen eingenommen - die Jahresrechnung wird auch diesmal einen schönen Gewinn abwerfen. Als Gruppendritter qualifizierte sich der FCB zudem für den Europa-League-Sechzehntelfinal, und seit der Halbfinalqualifikation im vergangenen Frühling hat er Gefallen gefunden an diesem Wettbewerb.

Spannend ist zudem die Frage, wie sich das Ausscheiden auf die Befindlichkeiten im Verein auswirkt. Trotz eines sportlich erfolgreichen Herbstes durchschreitet der FCB eine delikate Phase. Im Zentrum die Frage: Ist Murat Yakin noch der richtige Trainer?

Die Kritik am Coach ist latent. Heusler nennt es «eine öffentliche Diskussion der Medien», aber es ist mehr als das. Die Unruhe kommt von innen, öffentlich wurde sie erst durch Indiskretionen aus der Mannschaft.

«Kann unangenehm werden»

Von den Führungspersonen fehlt ein Bekenntnis zu Yakin. Sie sehen keinen Grund dazu, weil dessen Vertrag sich Ende Saison unter gewissen Bedingungen ohnehin automatisch bis Juni 2015 verlängert. In der Winterpause werde weitergeschaut, das ist seit Wochen die Aussage. Und dabei belassen es Präsident Heusler und Sportchef Georg Heitz. Ob bewusst oder unbewusst, schaffen sie so ein Klima der Unsicherheit. Gerade auch innerhalb der Mannschaft. Und schüren die Spekulationen geradezu.

Am späten Mittwochabend stellte Heitz klar: «Selbstverständlich wollen wir mit Yakin weiterarbeiten.» Dies galt für ein paar Stunden. Bis Präsident Heusler tags darauf vor dem Rückflug auf die nahende Winterpause angesprochen und gefragt wurde, ob er sich denn auf etwas Ruhe und Entspannung freue. Und er antwortete: «Es kann aber auch eine unangenehme Zeit werden. Ich erwarte nicht, dass wir in gemütlichster Zufriedenheit vor dem Cheminée sitzen können. Es wird sicher gewisse Unruhe geben.»

Deeskalierend wirkt solch eine Aussage nicht, dessen muss sich Heusler bewusst gewesen sein. Und ob es einfach eine Nebelrakete des cleveren Anwalts ist oder tatsächlich das Signal für einen grossen Knall, wird sich zeigen. Ersteres würde nicht wirklich überraschen. Letzteres inzwischen allerdings auch nicht mehr.

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