Presseschau

Der Sonntag vom 08.01.2012

Basler wollten Vorpremiere von Ultra-Film nicht

Alain Godets neuster Dokumentarfilm über Basler Hooligans feiert Premiere an den Solothurner Filmtagen

Aline Wanner

Im Dokumentarfilm «Narben der Gewalt» blickt Alain Godet mit vier Basel-Stadt-bekannten Ultras zurück auf ihr bisheriges Leben. In Basel wollte man den Film bisher nicht sehen.

Es ist das Comeback von Nevio, Frosch, Gök und Jimmy. Vier gewaltbereite FCB-Fans, die der Basler Filmemacher Alain Godet schon in den 90er-Jahren mit der Kamera begleitete. Jetzt hat Godet sich wieder mit ihnen getroffen. Während sechs Monaten drehte er mit den vier Protagonisten und sprach mit den ehemaligen «Ultras» über ihr gegenwärtiges Leben. Die Liebe zum FC Basel ist ihnen geblieben. Sonst hat sich bei allen viel verändert.

Am 23. Januar wird der Dokumentarfilm erstmals an den Solothurner Filmtagen gezeigt, danach Ende Januar im Schweizer Fernsehen. Das hatte sich Regisseur Godet eigentlich anders vorgestellt. Im vergangenen September wandte er sich mit dem Vorschlag einer öffentlichen Vorpremiere an das Basler Präsidial departement. Godets Idee war, eine ähnliche Veranstaltung durchzuführen wie es sie schon 2005 bei seinem Film «Jung und besoffen – ein Streifzug durch die Basler Szene» gab. Dieser feierte im Kleinbasel öffentlich Premiere. Das Präsidialdepartement, beziehungsweise dessen Informationsbeauftragte Melanie Imhof, informierte Godet Mitte September über den aktuellen Zwischenstand: Sie und Regierungspräsident Guy Morin würden eine Vorpremiere befürworten, da es für diesen Film Begleitung brauche. Man könne sich beispielsweise vorstellen, mit der Premiere eine Diskussionsrunde zu organisieren mit Morin, Sicherheitsdirektor Hanspeter Gass, dem Basler Polizeikommandanten und dem FCB-Vizepräsidenten Bernhard Heusler.

Ende September dann die Wende: Imhof erteilte Godet eine Absage für eine Basler Vorpremiere seines Filmes. Man wolle die angeheizte Stimmung in Anbetracht der Ausschreitungen in Basel und Zürich nicht noch nähren mit einem Film über Ultras. Sie danke Godet für das Verständnis. Dies fehlt dem Filmemacher jedoch. Besonders ärgert sich Godet darüber, dass weder Morin noch Imhof die Möglichkeit wahrgenommen hätten, sich den Film anzuschauen, bevor sie einen Entscheid trafen. Godet machte seinem Ärger in einem Mail an Melanie Imhof Luft. Seither herrscht Funkstille. FCB-Fanarbeiter Thomas Ganderkann eine gewisse Zurückhaltung des Kantons bezüglich der Vorpremiere durchaus nachvollziehen. «Durch eine solche Veranstaltung hätte die Gefahr bestanden, dass Fan-Sein wieder nur unter dem Aspekt der Gewalt thematisiert worden wäre», sagt er. Dass eine Diskussion möglich gewesen wäre, schliesst er aber nicht aus. «Insbesondere ein Vergleich der heutigen Verhältnisse zu denjenigen in den 90er-Jahren wäre spannend gewesen», sagt Gander. Er wusste aber gar nicht, dass der Film bereits fertig gedreht wurde. Ebenso wenig war er über Godets Absicht informiert, in Basel eine Vorpremiere durchzuführen.

Godet informierte jedoch per Mail auch den FCB-Vizepräsidenten Bernhard Heusler über sein Vorhaben. Eine Antwort habe er aber nie erhalten. FCB-Sprecher Josef Zindel sagt dem «Sonntag», dass er von dieser Anfrage weiss. Dafür sei der Klub aber nicht zuständig. Zindel verweist in diesem Zusammenhang auf ein nationales Symposium zum Thema Fanfragen und Fanarbeit, zu dem der Klub auf den 26. Januar rund 150 Gäste eingeladen hat. Als Referenten mit dabei sind unter anderen der Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause, Fanarbeiter Gander oder der «Zeit»-Journalist Peer Teuwsen. Auf dem Programm ist auch ein Video-Interview mit einem Ultra-Fan. Eine Auseinandersetzung mit Godets Film ist nicht geplant. Dieser wird noch am selben Abend im Fernsehen ausgestrahlt.

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