Basellandschaftliche Zeitung vom 09.07.2014
Fussball · Nach einem durchzogenen Jahr will Matias Delgado endlich durchstarten
Sebastian Wendel, Rottach-Egern
Der letzte Eindruck bleibt. Also könnte man sagen: Matias Delgados erste Saison nach seiner Rückkehr zum FC Basel war eine gute. Es war am zweitletzten Spieltag in Aarau, als der Argentinier mit einem direkt verwandelten Freistoss die Meisterschaft zugunsten des FCB entschied. Da war er, der Delgado, wie ihn Fans und Klubverantwortliche sich wünschen. Darum sprechen die Basler immer noch voller Bewunderung von «IHM».
Mit mittlerweile 31 Jahren ist der Argentinier erfahren genug, um sich von dem einen genialen Moment im Brügglifeld nicht blenden zu lassen. «Das war schön, vor allem weil ich der Mannschaft mit diesem Tor helfen konnte. Aber über die ganze Saison bin ich mit meiner persönlichen Leistung nicht zufrieden.»
Entfremdung von Yakin
Es begann Ende Juni letzten Jahres, als der FC Basel Verhandlungen mit Delgado über dessen Rückkehr bestätigte. Zwei Wochen später die Vollzugsmeldung: Der verlorene Sohn hat unterschrieben, für satte vier Jahre.
So euphorisch sie ihrem «Messias» beim ersten Training zuriefen, so schnell kehrte bei den Fans Ernüchterung ein: Delgado war nicht mehr der gedankenschnelle Passgeber und der geniale Freistossschütze, an dem sie von 2003 bis 2006 ihre helle Freude hatten. Delgado war gealtert – nicht nur äusserlich, auch auf dem Platz.
Es gab sie schon im Herbst, die genialen Momente. Etwa in London, als er beide Tore zum historischen Sieg gegen Chelsea vorbereitete. Doch unter dem Strich war das zu wenig für einen Ausnahmekönner wie Delgado. Er wirkte nicht austrainiert, verstand die Laufwege der Kollegen nicht und brachte einfachste Pässe nicht an den Mann, sodass die Vermutung nahe lag: Der packt es nicht mehr.
Ob das auch Murat Yakin dachte, ist nicht überliefert. Aber es war nicht zu übersehen, dass sich die zwei Klubikonen je länger, je mehr entfremdeten. Yakin war das Gezeigte nicht gut genug, als er Delgado von Anfang an brachte. Delgado wünschte sich mehr Vertrauen und Einsatzzeit.
Jetzt ist alles anders. Sagt zumindest Delgado, der nicht mehr zurückblicken mag. «Ich fühle mich fit und verstehe mich gut mit Paulo Sousa.» Ein Vorteil sei, dass er sich mit dem neuen Trainer auf Spanisch verständigen könne und so genau wisse, was dieser von ihm wolle. Etwa, dass Sousa ihn, den Spielmacher alter Schule, am Flügel sehe. Von links und rechts soll er mit dem Ball am Fuss ins Zentrum ziehen und dort mit seinen Pässen die Abwehrkette des Gegners zerreissen.
Ob er in einer neuen Rolle noch einmal zum bestimmenden Element im FCB-Spiel werden kann, wird sich zeigen. Mangelnden Einsatz kann man Delgado jedenfalls nicht vorwerfen: Im Trainingslager am Tegernsee wirkt er wie verwandelt, die Freude ist ihm von Weitem anzusehen. Er reisst Witze mit den Betreuern, zieht die Sprints bis zum Schluss durch und klatscht immer wieder mit den Teamkollegen ab.
«Solange ich das Kribbeln spüre, gebe ich Vollgas», sagt er. So wie er sich von dem genialen Moment in Aarau nicht blenden lässt, so hat Delgado trotz Anlaufschwierigkeiten noch lange nicht resigniert.
Im Hotelzimmer der FCB-Argentinier Matias Delgado und Gaston Sauro dürfte es heute Abend laut werden, wenn ihr Heimatland gegen Holland um den Einzug in den WM-Final spielt. «Den Viertelfinal gegen Belgien haben wir mit ein paar Teamkollegen geschaut. Aber schon da waren wir ihnen viel zu laut. Heute werden wir wohl alleine sein», lacht Delgado. Das Resultat tippen will er nicht. «Alles hängt von Messi ab.»