Presseschau

NZZ am Sonntag vom 14.12.2014

Hundeheim auf der Insel statt Fussball

Was macht eigentlich? Gigi Oeri

Seit dem Abschied im FC Basel weilt die Roche-Miterbin Gigi Oeri meistens auf Ibiza, wo sie eine neue Passion lebt.

Von Peter B. Birrer

Es ist, als rede sie über den Bau eines Nachwuchszentrums für Fussballer. Gisela Oeri, die alle nur Gigi nennen, spricht von zigtausend Quadratmetern Land «mitten auf der Insel Ibiza», von Unterkünften, vom Administrationsgebäude, von Baubewilligungen, von Diskussionen, von Scherereien, von Herzblut und vom Faktor Zeit. Ende 2015 soll die Anlage, die dereinst 150 Plätze im Angebot haben wird, fertig sein.

150 Plätze, ja, aber nicht für Fussballer, sondern für heimatlose Hunde. Oeri wohnt die meiste Zeit auf Ibiza, wo sie schon lange ein Haus «direkt am Meer» hat. Anfang 2012 zog sie sich als Präsidentin und Mäzenin des FC Basel zurück, weil sie «völlig ausgebrannt» war. Damals dachte sie: «Ich muss etwas machen, bevor etwas passiert.» Sie, über Jahre ein schillernder Falter im Schweizer (Männer-)Fussball, liess los, musste loslassen und suchte eine «komplett neue Passion». Sie hatte früher einen Hund, jetzt hält sie auf Ibiza deren 6 – und 300 hat sie in die Schweiz vermittelt. Oeri transferiert nicht mehr Fussballer, sondern heimatlose Hunde.

Sie versteht, dass Vergleiche naheliegen, obschon’s mit Hunden nicht um Millionen, Spielerberater und Abschöpfung geht. Oder doch? «So verschieden ist das nicht», sagt sie, «die Tierheim-Mafia ist ähnlich, die Debatten mit den Behörden ziehen sich hin. Es geht um Hunde, aber auch um Geld, es geht um Eifersucht, Begehrlichkeit.» Sie, die als Roche-Miterbin ein Milliardenvermögen hat, ist seit je in einer diffizilen Lage. Sie ist steinreich, gibt sich in ein Museum ein, in einen Film («Das Parfüm»), in Fussball, in ein Hundeheim – da ist etwas oder sehr viel zu holen. Stets lauert die Frage: Weshalb kommt wer auf mich zu?

Doch ihr Leben dreht sich nicht nur um Hunde. Sie ist Ehrenpräsidentin des FC Basel und steht der Stiftung vor, die den FCB-Campus führt und alimentiert. Oeri steuerte bereits für den Bau der Trainingsanlage viele Millionen bei, jetzt kostet der Campus jährlich einen guten Betrag im einstelligen Millionenbereich. «Das ist mein Baby», sagt Oeri. Der Millionen-Support ist dem FCB zu gönnen, unterscheidet ihn aber gegenüber anderen Klubs. Beim Thema Campus dringt durch, dass das Verhältnis zwischen Oeri und der FCB-Chefetage nicht spannungsfrei ist. Aber eben: Wo jemand mit viel Geld ist, sinkt für andere die Bereitschaft, selber mehr zu übernehmen.

«Nicht alle wissen, was ich für den FCB getan habe», tut Oeri kund. Wer Klarsicht hat, widerspricht. Ohne ihre Millionen-Spritzen und Sicherheiten im Aufbauprogramm mit dem Trainer Christian Gross (1999–2009) hätte der FCB kaum das Volumen und die Flughöhe erreichen können, die er heute hat. Er hätte sich 2009 auch den Königstransfer Alex Frei nicht leisten können.

Den jüngsten FCB-Erfolg in Liverpool hat Oeri auf Ibiza mitverfolgt – «via Live-Ticker». Das Spiel hat sie an den «emotionalsten Moment in Basel» erinnert, an 2002, an das legendäre 3:3 in der Champions League gegen Liverpool. Solche Gefühle vermisst sie. Auf welchen Teil des Fussballs kann sie dagegen gut verzichten? Sie überlegt nicht lange: «Auf die Unehrlichkeit, auf Intrigen, auf den Umgang mit Beratern, Händlern und Spielern. Viel geht hintenrum, es gibt nichts Schlimmeres als das. Es kam vor, dass mir ein Spieler von seinem Basler Herzblut schwärmte. Zwei Stunden später unterschrieb er in einem Bundesligaklub.»

Das ist den Hunden auf Ibiza fremd.

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