Presseschau

Aargauer Zeitung vom 24.05.2017

Gegen das Gesetz

Fussball · Nach drei Final-Niederlagen in Serie – wie Basel glaubt, den Cup zu gewinnen und ein Monster zu besiegen

Sébastian Lavoyer

Alles war angerichtet für eine grosse Sause, damals vor zwei Jahren. Cupfinal in Basel. Der FCB, die dominierende Mannschaft der Saison, der Meister, empfängt Sion. Im Joggeli, dem eigenen Stadion. Ein Heimspiel, obschon mehr Walliser ins Stadion gepilgert sind. Was will man mehr? Gibt es bessere Voraussetzungen, um den Mythos zu besiegen?

Im 13. Final hätte Sion erstmals fallen sollen. Quasi im Vorbeigehen. Denn irgendwie schien in diesen Tagen damals vieles wichtiger als dieser Final. Zuerst die Meisterfeier, dann der Abschied von Marco Streller – grosse Emotionen allenthalben. Und Trainer Paulo Sousa war in Gedanken längst anderswo. Oder wie Bernhard Heusler sagt: «Wir haben mit Paulo in dieser Phase über alles Mögliche diskutiert, nur nicht über den Cupfinal.»

Der Rest ist Geschichte. Sion führt den Meister in der ersten halben Stunde regelrecht vor. Und noch ehe sich der FCB besinnt, ist die Partie beendet. 0:3 – eines der grösseren Debakel der jüngeren Klubgeschichte. Es sei der gravierendste Fehler gewesen, den er in seiner Zeit beim FCB gemacht habe, dass er die Cup-Vorbereitungen nicht enger begleitet habe, meinte Sportchef Georg Heitz unlängst.

Doch nun, zwei Jahre später: Wie steht es mit dem Fokus im Team nach dem Meistertitel? Die grösste Sorge nachdem sich Basel diese Saison den Titel schon sechs Runden vor Schluss – und nicht erst drei wie damals unter Sousa – sicherte, ist: der Spannungsabfall. Die Lösung des Problems? Keine Sonderprämien, kein Geld, sondern der Stolz der Spieler und Trainer Urs Fischer. Sein Arbeitsethos, sein Erfolgshunger, seine direkte Art.

Aber auch Urs Fischer gelingt es nicht, die Spannung gleich hoch zu halten. Drei Unentschieden und zuletzt eine Niederlage gegen YB – seine Bilanz ist gar noch schlechter als jene von Sousa, der in den damals verbleibenden drei Runden gegen Aarau verlor (1:2), gegen Thun Unentschieden spielte (2:2) und gegen St. Gallen gewann (4:3). Die Zeichen stehen auf Alarm. Könnte man meinen.

Präsident Heusler gibt sich zuversichtlich: «Wir haben einen Trainer, der diesen Pokal unbedingt gewinnen will. Da war ich mir bei Paulo Sousa nicht so sicher, wie wichtig ihm das ist.» Und Sportchef Georg Heitz sagt: «Es fehlte nur der letzte Zwick in den letzten Spielen. Spielerisch war es ganz ansprechend.» Beide haben null Zweifel, dass die Mannschaft am Donnerstag anders auf den Platz gehen wird als vor zwei Jahren.

Noch kein Double-Gewinner

Luca Zuffi, Taktgeber im Mittelfeld der Basler, sagt: «Es gibt bei uns im Team nur wenige Spieler, die den Schweizer Cup schon gewonnen haben. Geschweige denn das Double.» In der Tat haben nur sieben Spieler im Kader des Serienmeisters den Pott schon in die Höhe stemmen dürfen. Und das Double in der Schweiz konnte bisher keiner gewinnen. Der Hunger ist gross, umso grösser, weil den Baslern die Praline bei den letzten drei Gelegenheiten vor der Nase weggeschnappt wurde. Zuerst von GC, dann vom FCZ und zuletzt vom morgigen Gegner, dem FC Sion. Basel lechzt nach diesem Titel, dürstet nach Revanche für den Cupfinal 2015. Doch die Gesetze des Cups sprechen gegen den Meister. Sion hat noch nie einen Final verloren. Das Stade de Genève wird am Donnerstag fest in Walliser Hand sein, umso mehr, als die Basler von den ihnen zugeteilten 10000 Tickets nur knapp 8000 bezogen haben und davon noch immer auf rund 1000 Tickets sitzen. «Das wird brutal. Sie werden extrem aggressiv sein, uns unter Druck setzen, 90 Minuten nicht durchschnaufen lassen», so die Erwartungen von Zuffi. Der Mythos, diese 13 Finalsiege in Serie, machen Eindruck, das versucht Zuffi gar nicht erst zu verbergen. «Das ist nicht einfach nur Zufall, das ist eine grossartige Serie», sagt er. Zugleich aber auch ein enormer Ansporn: «Wir wollen diese Serie brechen, wir wollen die Ersten sein, die Sion in einem Final schlagen.»

Nun kann eine solche Serie der Ungeschlagenheit in Cupfinals für den FC Sion auch etwas anderes sein als Segen. Geoffroy Serey Die, der jetzige Basler, der mit Sion zweimal den Cupfinal gewann, spricht von einem riesigen Druck. «Niemand will Teil des Sittener Teams sein, das erstmals einen Final verliert.»

Für den FCB wäre der Cupsieg «das Tüpfelchen auf dem i», so Sportdirektor Heitz. Das wichtigste Ziel sei erreicht: die Meisterschaft. «Damit spielt die Mannschaft nächste Saison in der Champions League und wir geben unseren Nachfolgern die Basis für einen guten Jahresabschluss», sagt er. Es wird für ihn, Präsident Bernhard Heusler und Urs Fischer der letzte grosse Auftritt für Rot-Blau. Im Sommer ist Schluss.

Für Fischer ist es zugleich die letzte Chance, seine Kritiker Lügen zu strafen. Leute, die sagen, er könne keine grossen Spiele gewinnen, sein Team nicht auf Tag X fokussieren, wenn es um alles oder nichts geht. Es wäre ein Ausrufezeichen hinter seine Arbeit. Als Bezwinger des Cupmonsters zu gehen, als erster Trainer, der Sion in einem Cupfinal zu Boden ringt. Keine Frage: Er wird alles daransetzen, die Cup-Gesetze zu brechen.

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