Presseschau

NZZ vom 08.03.2018

Guter Lehrer, gute Schüler

Basel verabschiedet sich mit einem 2:1-Sieg bei Manchester City aus der Königsklasse und zeigt Fortschritte

Michele Coviello

Nach dem 0:4 im St.-Jakob-Park und einem allgemein schwachen Start nach der Winterpause gibt der FC Basel im Rückspiel des Champions-League-Achtelfinals ein Lebenszeichen.

Nach 72 Minuten sass der Trainer-Guru Josep Guardiola mit offenem Mund und verblüfftem Blick auf seinem Sitz und wollte nicht recht glauben, was er gerade gesehen hatte: Michael Lang hatte den Ball ins kurze, hohe Eck placiert, und der FC Basel führte im City-of-Manchester-Stadium 2:1 – dort, wo in dieser Saison beim souveränen Leader der Premier League noch niemand gewonnen hatte.

In existenzielle Not gerieten Manchester City und Guardiola nicht. Und nach Schlusspfiff konnte er wieder lächeln, als er den Basler Trainer Raphael Wicky umarmte. Wicky hatte das Spiel gewonnen, Guardiola den Viertelfinal-Einzug geschafft. Daran hatte schliesslich niemand gezweifelt. Es ging um ein Champions-League-Duell, das schon vor drei Wochen entschieden worden war. 4:0 hatten die Citizens, die Favoriten auf den englischen Titel und auf die Krone der Königsklasse, im Hinspiel von Basel gewonnen, schon weit hatten sie sich in die nächste Runde vorgebeugt.

Kleiner Basler Coup

Deshalb brauchte Guardiola am Mittwoch nicht seine Idealformation aufzubieten. Und auch Rhythmus und Intensität müssen kaum dem Gusto von Perfektionisten entsprochen haben. Schon bald nach dem Führungstor Jesus’ nach nur acht Minuten machten es sich die Engländer in ihrer Komfortzone bequem. Der FCB hätte nun mindestens fünf Tore erzielen müssen – ohne weitere hinzunehmen. Weiter Dampf machen? Lieber etwas zurücklehnen.

Selbst der versessene Guardiola wird das alles als mildernde Umstände für die mässige Leistung seiner Mannschaft hinnehmen. «Ich freue mich über die Qualifikation, aber wir haben vergessen anzugreifen», sagte Guardiola danach trocken.

Für den FC Basel nimmt dieser Sieg trotz günstigen Bedingungen immerhin einen symbolischen Wert ein. Er ist nicht mit den Coups gegen Manchester United oder Liverpool zu werten, mit denen er sich in vergangenen Jahren im letzten Gruppenspiel für die Achtelfinals der Champions League qualifiziert hatte. Dafür stand für City zu wenig auf dem Spiel. Und doch ist es dem FCB hoch anzurechnen, in einer allgemein schwierigen Situation für den Klub und für das Team bei einem der weltbesten Klubs als Sieger vom Platz zu gehen. Und dabei einen richtig guten Fussball zu zeigen.

Viele Fehler, viele Ideen

Nach den Umwälzungen in der Winterpause zeigte auch die FCB-Aufstellung, wie sehr sich dieses Team am Finden ist: In der Innenverteidigung spielte in der Mitte der Rückkehrer Fabian Frei, der eigentlich weiter vorne im Einsatz steht. Aber gleichzeitig zeigte dieses Manöver auch den Mut und die Kreativität des Trainers Wicky, der schon in der Vorrunde bewiesen hatte, wie schnell er eine funktionierende Einheit schaffen kann. Nach Startschwierigkeiten lernten seine Schüler vom guten Lehrer – und sie starteten diese herausragende Champions-League-Saison, die in der Rekordmarke von vier Siegen in der Gruppenphase und nun dem Prestigesieg bei City mündete. Auch wenn der FCB am Mittwoch oft fehlerhaft agierte: Er spielte ideenreich, mit Herz und verabschiedet sich erhobenen Hauptes aus dieser Saison in der Königsklasse.

Wie die Super League endet, ist nun die nächste Frage. Kann der FCB diesen Schwung mit in die Schweiz nehmen, könnte vielleicht trotz grossem Rückstand auf YB nochmals Spannung entstehen. Vielleicht.

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