Basler Zeitung vom 15.03.2018
Nach dem mageren 1:1 bei Lausanne spricht Marco Streller Klartext und stärkt dem Trainer den Rücken
Von Dominic Willimann, Lausanne
Wenige Minuten nach dem Abpfiff schreitet Marco Streller in den Katakomben der Pontaise aus der Kabine seiner Schützlinge, die zuvor einmal mehr nicht das umsetzen konnten, was sie sich vorgenommen hatten.
Der Sportchef des FC Basel hat schon glücklicher dreingeschaut. Es ist offensichtlich: Das 1:1-Remis in Lausanne geht auch am 36-Jährigen nicht spurlos vorbei.
BaZ:
Marco Streller, Sie waren eben in der FCB-Garderobe. Was haben Sie den Spielern gesagt?
Marco Streller:
Manchmal ist es besser, wenn man nichts sagt… Es ist die Aufgabe des Trainers, dort die richtigen Worte zu finden. Sicher bleibt es nach einem solchen Spiel in der Kabine nicht ruhig. Das ist aber auch richtig so.
Sie klingen niedergeschlagen.
Ich bin enttäuscht. Wenn man hier kurz vor Schluss 1:0 führt, darf man kein Gegentor mehr kassieren.
Aber einmal mehr wackelte der FCB hinten kräftig.
Mit der Routine unserer Mannschaft darf es nicht passieren, dass wir nicht als Sieger vom Platz gehen. Wir haben genügend Klasse auf dem Platz, da müssen brenzlige Szenen verhindert werden.
Dieses 1:1 glich in der Entstehung dem Gegentor in Luzern.
Das muss ich mir später in Ruhe vor dem Fernseher anschauen. Aber wer die Zweikämpfe nicht gewinnt, muss sich nicht wundern, wenn plötzlich ein Tor fällt.
Dabei sah es in der zweiten Hälfte bis zum Basler 1:0 gar nicht so schlecht aus für den FCB.
Das ist es doch! Nach dem Goal durch Michi Lang kam der Bruch. Die guten 20 Minuten vor dem Treffer waren auf einen Schlag weg. Das ist für mich unerklärlich. Alles, was zuvor klappte, war futsch.
Der letzte Liga-Sieg datiert vom 10. Februar in Thun. Was läuft falsch?
Wenn man eine solche Negativserie hat, in der wir uns nun befinden, kann ich hundert Sachen aufzählen, an was es liegen könnte. Letztlich aber brauchen wir Punkte. Und die holt man im Fussball auf dem Platz. Deshalb: Am Sonntag gegen Sion müssen wir unser Heimspiel unbedingt gewinnen.
Das wollte der FCB ja bereits gegen Lugano, St. Gallen oder Luzern. Haben Sie eine Lösung parat, wie Rotblau wieder Ligaspiele erfolgreich gestalten kann?
Momentan ist der Wurm drin. Heute sah ich eine Mannschaft, die offensiv ausgerichtet war. Albian Ajeti machte im Sturmzentrum seine Sache gut. Auch in den Räumen hinter ihm wurde ordentlich agiert. Aber dann braucht es halt eben auch mal den einfachen Ball in den Sechzehner, damit eine Torgefahr entstehen kann.
Es fehlen also Kleinigkeiten?
Ja, ich war ja auch Spieler und kenne solche Phasen. Du musst auf dem Rasen die Antwort geben. Aber das funktioniert bei uns im Moment nicht. Wir sprechen seit drei Wochen vom Befreiungsschlag, und er kommt einfach nicht.
Immerhin zeigte sich der FCB in der Königsklasse gegen Manchester City von seiner Sonnenseite.
Ja, in der Tat. Aber gegen Manchester hatten wir auch mehr Platz beim Umschalten. Es war ein anderes Spiel.
Was können Sie als Funktionär in dieser Situation nun bewirken?
Ich beobachte, dass der Trainer seinem System treu bleibt. Und hoffe, in ein, zwei Jahren sagen zu können, dass es richtig war, dass wir von Clubseite ruhig geblieben sind. Wir kennen die Mechanismen, bleiben aber unserer Linie treu.
Ist Raphael Wicky also nach wie vor der richtige Trainer für den FC Basel?
Ja. Dass wir mit Wicky in die nächste Saison gehen, ist für mich klar.
Trotz der aktuellen Baisse?
Ja. Wenn ich zynisch wäre, könnte ich sagen: Immerhin haben wir in Lausanne einen Punkt geholt.
Nach diesem Remis im Waadtland beträgt der Rückstand auf Super-League-Leader Young Boys stolze 16 Punkte – bei einem weniger ausgetragenen Spiel. Darf der FCB noch von der Meisterschaft träumen?
Bei diesem Rückstand können wir keinen Druck mehr auf YB ausüben.
Es ist also alles entschieden?
Sagen wir es so: Fakt ist, dass wir in der Tabelle nach hinten schauen müssen.
Sie glauben also nicht mehr an diese Mannschaft?
Doch, wir haben es im Schweizer Cup in den Halbfinal geschafft und eine unglaubliche Champions-League-Saison gespielt. Die Mannschaft hat bewiesen, dass sie es kann. Nur muss sie nun reagieren, um wieder in die richtige Spur zu gelangen.