Presseschau

Basler Zeitung vom 19.09.2005

«Ich wollte nie mehr spielen»

Ex-FCB-Stürmer Deniz Mendi hat in Solothurn die Freude am Fussball wiedergefunden

MARCEL ROHR

Der Angreifer des FC Solothurn hat eine beispiellose Odyssee hinter sich, die 1997 mit einem Profivertrag beim FC Basel begann.

Deniz Mendi «fährt voll» auf Erdbeertorten und Paris Hilton ab. Er möchte gerne einen Maibach fahren und verdrückt am allerliebsten Kalbssteak mit Pommes frites - so verrät es die flott gemachte Homepage des FC Solothurn, die in diesen Tagen auch Seidenschals «FCS-FCB» für 20 Franken das Stück anpreist.

Es lebe der Cup.

Die Vorfreude auf das Spiel des Jahres beim 1.-Ligisten, der zwischen 1983 und 1996 von einem gewissen Hanspeter Latour (heute GC) gecoacht wurde, ist natürlich riesengross. Auch Deniz Mendi freut sich auf diesen Vergleich mit dem Schweizer Meister, denn es ist doch schlicht «super, wenn unser Stadion für einmal ausverkauft sein wird».

Deniz Mendi? Nur den eingefleischten FCB-Fans wird dieser Name noch etwas sagen. Der Balsthaler kam 1997 ins damalige St.-Jakob-Stadion, gelockt von Präsident René C. Jäggi, der ihm einen sehr gut dotierten Vertrag bis ins Jahr 2002 offerierte.

Fast abgestiegen. Das sportliche Sagen hatte Jörg Berger, der fast alles falsch machte, was ein Trainer falsch machen kann; am Ende jener verpfuschten Saison spielten die Rot-Blauen im letzten Meisterschaftsspiel zu Hause gegen ... Solothurn. Und gewannen vor 36 500 Zuschauern mit 3:0. Damit war der NLA-Ligaerhalt gesichert. «Und ich», erinnert sich Mendi, «wurde nach der Pause eingewechselt.» Das Talent aus dem Kanton Solothurn war 18 Jahre alt und galt hinter den arrivierten Stürmern wie Adrian Knup, Mario Frick und Dario Zuffi als Investition für die Zukunft.

Doch das war alles nur Theorie. Mendi konnte sich beim FCB nicht durchsetzen, erst recht nicht, als im Sommer 1999 Christian Gross Trainer wurde. In den folgenden Monaten begann eine Odyssee, die seinesgleichen sucht im Schweizer Fussball.

Mendi ging zuerst für drei Monate zum FC Winterthur, was er heute «als absolute Katastrophe» bezeichnet. Zurück beim FCB, wurde er an die Young Boys ausgeliehen. Der Trainer hiess dort Marco Schällibaum, und der setzte auf den Stürmer. Doch beim FC Basel war Sportdirektor Erich Vogel der Ansicht, dass man keinen direkten Liga-Konkurrenten verstärken solle. Deshalb wurde Mendi nach Baden weitergereicht, wo er gerichtlich die Hälfte seines Lohnes - die andere zahlte immer noch Basel - einklagen musste.

Im 2001 hatte der Stürmer definitiv genug, er reiste in seine zweite Heimat Türkei und absolvierte bei Fenerbahce Istanbul Probetrainings. Weil es mit einem Vertrag nicht klappte, schloss er sich Istanbulspor an, aber auch bei diesem Verein setzte sich Mendi nicht durch. Von Istanbulspor ging die Reise weiter nach Genf, wo er ein halbes Jahr später mit Etoile Carouge aus der zweithöchsten Liga abstieg, «obwohl die Mannschaft hervorragend besetzt war». Das war 2002, und Mendi hatte endgültig die Nase voll vom Profigeschäft. «Ich wollte nicht mehr spielen, weil ich überall nur angelogen und hin- und hergeschoben wurde.»

Tiefer Fall. Drei Monate lang liess er den Fussball Fussball sein, ehe er sich Rothrist anschloss, wo er in den Niederungen der 2. Liga Regional fünf Spiele bestritt. Dann gings weiter zum FC Schötz (1. Liga), Langenthal und Hägendorf, bis er im März 2004 beim FC Solothurn landete. Wo er bis heute geblieben ist. Die Profikarriere Mendis war vorbei, ehe sie richtig begonnen hatte.

Mittlerweile studiert er in Olten an der Fachhochschule Betriebsökonomie, ist Fussball-Amateur - und vollkommen glücklich: «Der FC Solothurn ist ein gut geführter, seriöser Verein. Hier stimmt mein Umfeld, hier kann ich mein Leben planen.»

Weniger Lohn. In Solothurn verdient Mendi im Jahr nach eigener Aussage «soviel wie ein FCB-Spieler in zwei Wochen». Verbittert wirkt der schweizerisch-türkische Doppelbürger deswegen aber nicht, «und ich möchte nicht überheblich wirken - aber ich denke, dass ich immer noch das Potenzial für eine höhere Liga hätte. Aber für 2500 Franken im Monat tue ich mir das nicht mehr an.»

Das Geld wird heute jedoch nicht den Ausschlag geben über Sieger und Besiegte. Mendi schiesst beim Erstligisten viele Tore, aber natürlich ist ihm klar, wie schwer die Aufgabe gegen den FCB wird: «Für eine Überraschung muss alles zusammenpassen.»

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