Presseschau

Basler Zeitung vom 14.09.2018

Die etwas andere Optik auf den FC Basel

Neu erschienen

Von Dominic Willimann

Die Idee entstand vor etwas über zwei Jahren. 2018, wenn der FC Basel sein 125-jähriges Bestehen feiert, könnte der Geburtstag mit einem Buch bereichert werden. Klar war den Initianten um Thilo Mangold, dass es nicht irgendein beliebiges Werk sein soll, sondern eines, das über das Wirken Rotblaus auf dem Rasen hinausgeht. Schliesslich, da sind sich die vier Autoren Mangold, Philipp Loser, Claudio Miozzari und Michael Rockenbach einig: Viele, die in Basel gross geworden sind, verbinden ihre persönliche Geschichte auch mit der Geschichte des Fussballclubs.

So ist ein 252-seitiges Buch über den «FC Basel und seine Stadt» entstanden, das einen anderen Blick auf den bedeutendsten Sportclub der Stadt wirft. Reich illustriert ist der Band, und es ist wohl kein Zufall, dass auf keinem der über 70 abgedruckten Bilder der Ball rollt. Das Autorenteam legte grossen Wert auf das, was neben dem Platz passierte.

So widmet sich ein Kapitel dem Thema Geld und erzählt Geschichten, die bislang noch nirgends zu lesen waren. Etwa, dass Gusti Nussbaumer, seit Jahrzehnten der Mann für alles im Verein, im September 2017 als einer der letzten nach dem historischen 5:0 über Benfica Lissabon den St.-Jakob-Park verliess und in einem Abfalleimer der Ballbuben drei verpackte Schinkensandwiches in einwandfreiem Zustand entdeckte. Nussbaumer zückte sein Handy, hielt diesen Moment des Überflusses fest, versorgte zwei Sandwiches in einem Kühlschrank und nahm das dritte mit nach Hause. Es sollte tags darauf sein Frühstück sein. Ähnlich hat Nussbaumer schon in der Spielerkabine gehandelt. Im Buch heisst es deshalb: «In Nussbaumers Augen sind das alles Zeichen für einen Club, der satt geworden ist, der abhebt und das wirklich Wichtige aus dem Blick verliert.»

Die Bedeutung der Nationalelf

Eine andere nette Geschichte, die aufgegriffen wird, ist die Bedeutung der Nationalmannschaft am Rheinknie. In keiner anderer Stadt hat die Schweizer Auswahl häufiger gespielt als in Basel. Und dennoch ist sie in dieser Ecke der Schweiz fremder denn sonst wo. Der FCB bietet offenbar genug Erfolg, Event und Erlebnis. Das war aber nicht immer so. In den Neunzigerjahren war es gang und gäbe, dass an Länderspielen Fahnen mit dem Baselstab oder Schweizer Flaggen mit der Aufschrift «Basel» am Hag hingen. Und der Basler besonders stolz war, wenn Marco Walker, Dario Zuffi oder gar einmal Massimo Ceccaroni für die Auswahl aufgeboten wurden.

Jener Ceccaroni ist einer derjenigen schlechthin, die als «echte Basler Spieler» bezeichnet werden dürfen. Dieser Thematik wird ein ganzes Kapitel geschenkt und aufgrund der Zusammensetzung der ersten Mannschaft aufgezeigt, wie sich die Migrationsgeschichte der Stadt davon ablesen lässt. Schade ist, dass nicht mehr Beispiele aus dem Nähkästchen des Vereinslebens zum Besten gegeben werden. Dass Admir Smajic ein Publikumsliebling war, intern jedoch nicht zu den Beliebtesten zählte, weil er sich Sonderrechte ausbedungen hatte, ist hinlänglich bekannt. Ebenso, dass Gleiches für Murat und Hakan Yakin galt, die mehr als einmal dem Training ferngeblieben waren, während andere pflichtbewusst ihr Pensum abspulten.

Gerne hätte man noch mehr Storys aus der Kabine gelesen. Wie in den Zeilen über Sascha Rytschkow, Scott Chipperfield oder André Sitek, die Pubfussballer des FC Basel. Sie alle hatten ein schwieriges Verhältnis zum Alkohol. Dennoch liebten sie die Fans.

Das Verhältnis zur Stadt

Den Autoren ist es gelungen, das Phänomen FC Basel unter einer anderen Optik darzustellen. Am Interessantesten wirken dabei die Passagen, in denen Protagonisten wie Nussbaumer, Ancilo Canepa, Jacques Herzog oder Bernhard Heusler zu Wort kommen und das besondere Verhältnis des Clubs zu seiner Stadt zu erklären versuchen. Dabei gehen die Verfasser auch der Frage nach, wie sich diese Beziehung in den vergangenen 125 Jahren verändert hat. Diesen und vielen anderen Fragen sind die Macher von «Der FC Basel und seine Stadt» nach aufwendiger Recherche auf den Grund gegangen. Nicht zu finden sind hingegen Resultate oder Tabellen. Ebenso ist der Band keine Vereinschronik und darf auch nicht als Jubiläumsnummer verstanden werden. Vielmehr soll das Buch diejenigen ansprechen, die Hintergründiges über ihren FC Basel erfahren möchten.

Philipp Loser, Thilo Mangold, Claudio Miozzari, Michael Rockenbach:Der FC Basel und seine Stadt. Eine Kulturgeschichte. Christoph-Merian-Verlag. 252 Seiten, 29 Franken.

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