Presseschau

Basler Zeitung vom 25.02.2020

«Der Schritt war eine Nummer zu gross für mich»

Interview

Marco Streller taucht wieder auf der Bildfläche auf: Er wird in der neuen Saison als TV-Experte bei Teleclub die Champions- und Super League begleiten. Im Gespräch äussert er sich erstmals öffentlich, seit er im Juni 2019 als Sportdirektor des FCB abgetreten ist.

Oliver Gut

Marco Streller, Sie werden in der nächsten Saison auch die Super League bei Teleclub als Experte begleiten. Treten Sie in den Ausstand, wenn der FC Basel spielt?

Nein, das werde ich nicht tun. Bis dahin liegen zwei ganze Transferperioden hinter dem FCB, in denen ich nichts mehr mit den Entscheidungen zu tun gehabt haben werde. Ich denke, ich habe dann die nötige Distanz, um auch den FCB zu bewerten.

Und zu tadeln?

Ich bin kein Mensch, der den verbalen Zweihänder auspackt, wenn er kritisiert. Aber ja, wenn es sein muss, dann werde ich auch den FCB tadeln. Ich hoffe allerdings, dass ich ihn mehr loben kann. Und es geht ja auch nicht nur darum: Als ehemaliger Spieler und ehemaliger Sportdirektor kann ich mich aus einer anderen Perspektive einbringen und gewisse Dinge aufzeigen.

Werden Sie auch im Fussball-Talk «Heimspiel» mitwirken?

Das wird noch diskutiert, ist aber vorstellbar.

Aber Sie werden kaum in der Runde sitzen, wenn etwa Ruedi Zbinden zu Gast ist, der beim FCB Ihr Nachfolger als Sportdirektor ist?

Nein, das wäre eine Konstellation, in der es keinen Sinn machen würde, wenn ich da mitdiskutiere. Nicht wegen der einzelnen Personen, sondern auch aufgrund meines eigenen Wissens.

Wie kam das Engagement zustande?

Ich wurde im Herbst ein erstes Mal von Teleclub eingeladen, danach auch noch ein zweites Mal. Chefin Claudia Lässer sagte, Sie hätte Interesse an mir als Experte. Und ich muss sagen: Mir gefallen die Fussball-Formate bei Teleclub, und ich mag auch das Team in Volketswil, weshalb ich mich sehr freue, dass ich künftig Teil davon sein darf.

Was machen Sie sonst beruflich?

Ich nutze die Zeit, um mich weiterzubilden. Bis im Herbst geht es darum, mein CAS-Sportmanagement-Studium an der Universität St. Gallen abzuschliessen. Gleichzeitig beginne ich Ende März mit einem Intensivstudium KMU, das eineinhalb Jahre dauert.

Bis Ende März werden Sie noch vom FCB bezahlt. Ausserdem sind Sie noch immer Mitglied des Vereinsvorstands. Ist damit an der nächsten Generalversammlung Schluss?

Klar war, dass ich damit nicht einfach aufhören konnte. Ich bin schliesslich von den FCB-Mitgliedern in den Vorstand gewählt worden. Mit Blick auf die Generalversammlung werde ich mich aber sicher noch mit meinen Vorstandskollegen darüber unterhalten, ob dieses Engagement andauern soll.

In diesem Vorstand sitzen auch Bernhard Burgener als Präsident und FCB-CEO Roland Heri. Wie ist da das Auskommen nach den Geschehnissen im vergangenen Juni, als Sie schliesslich als Sportdirektor zurücktraten, nachdem es beim FCB in letzter Sekunde nicht zum beabsichtigten Trainerwechsel gekommen war?

Wir hatten seither schon Vorstandssitzungen, an denen wir alle dabei waren. Da wird professionell gearbeitet.

Wie blicken Sie auf den vergangenen Sommer zurück?

Wichtig im Leben ist, dass man vorwärts schaut. Und dass man vor allem sich selbst kritisch unter die Lupe nimmt. Ich weiss, was ich richtig oder was ich falsch gemacht habe. Natürlich war das damals eine sehr emotionale Angelegenheit. Aber ich will mich damit jetzt nicht mehr aufhalten und auch nicht darüber reden. Es ist abgehakt.

Hegen Sie Groll?

Nein. Groll hege ich nicht. Und das bringt auch nichts.

Wie blicken Sie denn auf die gesamten zwei Jahre als Sportdirektor zurück?

Ich stelle fest, dass wir als Verantwortliche den Umbruch unterschätzt haben. Es war so vieles, ja fast alles neu. Natürlich haben wir Fehler gemacht. Die sind normal und braucht es, um daraus zu lernen. Aber eben: wir. Nicht einfach ich. Wir haben immer alle Entscheide im Gremium gefällt. Sicher ist es uns in einer ersten Phase gelungen, Emotionen in Fussball-Basel zu wecken. Auch wenn es nicht nur positive Emotionen waren. Für mich selbst habe ich gelernt: Es ist anders, wenn deine Arbeit als Sportdirektor öffentlich bewertet wird. Als Spieler kannst du in der nächsten Partie auf dem Rasen wieder alles korrigieren. Vom Büro aus ist das nicht so leicht. Mehr oder weniger direkt vom Platz ins Management zu wechseln, war sicher nicht optimal. Und ja, ich denke: Dieser Schritt war zu jener Zeit noch eine Nummer zu gross für mich.

Würden Sie den Job so folglich nicht mehr antreten?

Nein, das würde ich nicht.

Wird es den Sportdirektor Streller wieder irgendwann geben?

Im Fussball solltest du nie nie sagen. Aber im Moment ist das kein Gedanke. Und es ist schon auch so, dass ich diesem Beruf aktuell noch ziemlich skeptisch gegenüberstehe.

Wie sehen Sie den FC Basel aktuell, dessen Kader ja noch zu einem schönen Teil von Ihnen zusammengestellt worden ist?

Ich verfolge natürlich schon, was beim FCB geht. Ich freue mich auch, wenn der FCB siegt, und bin enttäuscht, wenn er verliert. Es wird immer mein Club sein, der mich berührt. Aber ich fühle mich aufgrund meiner Vergangenheit, aber auch wegen der Distanz, die ich inzwischen habe, nicht berufen, mich zu den jüngsten Ereignissen zu äussern.

Wie halten Sie es mit dem Matchbesuch im St.-Jakob-Park?

Den habe ich noch vor mir. Ich brauchte nach meinem Ende als Sportdirektor Abstand zu allem. Ich lasse noch etwas Gras dar über wachsen.

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