Basler Zeitung vom 31.03.2020
Mein Tagebuch
Fabian Frei schreibt, wie er die vergangene Woche erlebte und welche Gedanken den FCB-Profi dabei begleitet haben.
Montag: Der Sonderkauf
Ich ziehe los, um einzukaufen. Im Coop in Muttenz ist es heute zum ersten Mal anders: Am Eingang muss ich nicht nur die Hände desinfizieren, sondern auch eine Nummer ziehen. Zu denken gibt mir all das schon. Aber panisch werde ich deswegen nicht. Also kaufe ich keine Vorräte für den Keller ein. Eine Packung Toilettenpapier ist noch nichts Ungewöhnliches.
Ein bisschen anders verhalte ich mich trotzdem: Ich kaufe auch noch Sandkastenspielzeug für meine Töchter Lena und Mara und einen kleinen Basketballkorb für mich. Ich habe irgendwie das Gefühl, der ist gut für den Zeitvertreib in diesen Tagen. Und auch wenn wir in unserem Garten keinen Sandkasten haben, so wird Lena mit dem Sändeli geschirr im Rasen bestimmt etwas anzufangen wissen.
Dienstag: Der Schalter im Kopf
Der FC Basel hat mir per Whatsapp mitgeteilt, was ich machen kann, um fit zu bleiben. Nach Hause geschickt wurde zudem ein Trx-Band für Kraft- und Stabilisationsübungen.
Ich nutze an diesem Tag das Band und das Trampolin. Am Nachmittag gehe ich dann joggen. Allein. Das liegt auch daran, dass meine Frau Muriel oder ich auf die Kleinen aufpassen müssen. Aber es hat noch einen anderen Grund: Muriel hängt mich ab. Vor allem, wenn es dauert. Denn für mich als Fussballer legt sich spätestens nach 45 Minuten rennen ein Schalter im Kopf um, der zu mir sagt: Fabi, dir reichts - jetzt brauchst du eine Pause!
Mittwoch: Der Chefkoch
Es gibt Tage, da geniesse ich die unverhoffte Freizeit. Aber es gibt auch andere Tage. Solche, in denen ich lieber im Bett bleiben und Corona-Schlaf halten würde, bis alles vorüber ist. Heute ist eher einer dieser Tage.
Das heisst aber nicht, dass ich nichts tue. Ich trainiere natürlich. Und am Abend wird gekocht. Der Koch in der Familie, der bin ich. Gerade in dieser Zeit achte ich besonders auf meine Ernährung. Einfach Kohlehydrate reinschaufeln, wie es sonst nötig ist, sollte jetzt nicht sein. Es gibt meine Spezialität, Safranrisotto. Ich weiss nicht, ob ich schon mit Karli Odermatts Risotto mithalten kann. Aber zu Hause gibt es keine Reklamationen.
Donnerstag: Die singenden Kollegen
Taulant Xhaka ist zum ersten Mal Vater geworden! Selbstverständlich gratuliere ich ihm herzlich via Whatsapp. Er schreibt bald zurück. Wir tauschen uns in dieser Zeit fast täglich aus.
Whatsapp, Face-Time, Telefon sind gerade noch etwas wichtiger als sonst. Es ist auch für mich der einzige Kontakt zu meiner Familie, meinen Freunden, meinen Teamkollegen. Ich schaue mir am Abend das neue Video der Schweizer Nationalmannschaft an. Imagine - wer hätte sich vorstellen können, wie gut die meisten aus ihrem eigenen Wohnzimmer singen! Ich schreibe Yann Sommer und witzle mit ihm rum. Er meint, ich würde da fehlen. Ich finde, ich fehle keineswegs - bei meinem Gesangstalent würde die Aufnahme nämlich definitiv zur Kuriosität werden. Wer weiss, wie ich singe, der versteht, dass ich für einmal froh bin, dass ich nicht mehr zum engeren Kreis der Nationalmannschaft gehöre.
Freitag: Die Medienarbeit
Heute telefoniere ich ein erstes Mal mit der BaZ wegen des Tagebuchs. Mit den Medien zu arbeiten, gehört schliesslich auch zu meinen Aufgaben als Fussballer des FC Basel. Anfragen gibt es immer noch, obwohl wir schon länger nicht mehr spielen. Auch intern: Auf der eigenen Internetplattform werde ich mein Safranrisotto vorstellen.
Samstag: Der Geburtstag
Meine ältere Tochter Lena feiert den dritten Geburtstag! Es ist natürlich eine Feier im kleinen Kreis. Zu Besuch ist einzig meine Schwester Anja. Wir geniessen ihre Gesellschaft sehr - und auch die Entlastung mit den Kindern, die Anjas Anwesenheit bedeutet.
Zu kurz kommt Lena keineswegs: Am Vortag sind wir nach Frauenfeld gefahren. Nicht zu Besuch, sondern um Geschenke einzusammeln. Die Verwandten hatten alles in ihren Milchkästchen bereitgelegt. Die Bescherung ist entsprechend gross.
Sonntag: Die dreckigen Schuhe
Ich frage mich am Morgen, gegen wen wir spielen würden - und merke dann, dass Nationalmannschaftspause wäre. Ich weiss es, weil wir am Samstag mit der Mannschaft im Europapark bei einem Sponsoren-Event gewesen wären. Stattdessen konnte ich Geburtstag feiern.
Ich vermisse das Rumgekicke. Meine Fussballschuhe habe ich am Freitag nach dem Hinspiel in Frankfurt zum letzten Mal gesehen. Danach hiess es: Bliebt zu Hause! Sie werden noch dreckig sein. Ich putze sie immer selbst, allerdings nicht sehr fleissig.
Genau so lange wie meine Schuhe habe ich auch meine Teamkollegen nun nicht mehr gesehen. In Kontakt sind wir trotzdem - und müssen wir auch sein: Ich weiss, wir Spieler vom FC Basel haben bislang noch kein Zeichen gesetzt. Es gibt noch keine Spende oder einen Lohnverzicht. Aber innerhalb der Mannschaft und mit der Clubführung laufen die Gespräche. Wenn wir uns über Art und Umfang im Klaren sind, werden wir es mitteilen. Mir jedenfalls ist bewusst, dass man nicht einfach nichts machen kann, wenn andere Mitarbeitende des Clubs auf Kurzarbeit gesetzt werden müssen.
Aufgezeichnet: Oliver Gut