Presseschau

Sonntagsblick vom 09.08.2020

«Basel hat gegen Donezk keine grosse Chance»

Zwei Jahre lang war Thomas Grimm Liga-Boss des ukrainischen Fussballs. Hier erklärt er, wie Basel-Gegner Schachtar Donezk einzuschätzen ist.

ANDREAS BÖNI

Der Schweizer Thomas Grimm war ukrainischer Liga-Boss
Am Dienstag gehts rund! Basel trifft im Europa-League- Viertelfinal in Gelsenkirchen auf Schachtar Donezk, das gerade die ukrainische Meisterschaft mit 23 Punkten Vorsprung auf Dynamo Kiew gewonnen und Wolfsburg mit 2:1 und 3:0 beeindruckend aus dem Wettbewerb geschmissen hat.

«Ich glaube, Basel hat keine grosse Chance», sagt Thomas Grimm (61), «auch wenn ich natürlich nichts dagegen habe, falschzuliegen.» Grimm war von 2018 bis 2020 Chef der ukrainischen Fussball-Liga. Er sagt: «Schachtar ist die Top-Adresse, der Massstab. Mit geschätzten 60 Millionen Franken Budget der klare Krösus. Und ihr Management und ihr Modell sind top. Schachtar hat mich während meiner Zeit in der Ukraine bei meinen Vorhaben immer unterstützt, daher mein Respekt und Sympathie für diesen Klub.» Zum Management sagt er: «Alle sprechen Englisch, was bei den anderen Klubs in der Ukraine leider nicht der Fall ist, sind bestens ausgebildet und administrativ und sportlich top aufgestellt. Schachtar könnte locker in einer Top-Liga spielen. Sie hatten in Donezk ein Top-Trainingsgelände, welches leider zurzeit wegen dem Krieg im Donbass nicht benutzt werden kann. Und ihr Modell, Brasilianer jung zu holen, auszubilden und dann teuer zu verkaufen, funktioniert.»

Auch im aktuellen Kader stehen 14 (!) Spieler aus Brasilien. Gegen Wolfsburg spielten fünf. In den letzten Jahren verkaufte man Fred (59 Mio. Euro an ManUnited), Alex Teixeira (50 Mio. an JS Suning), Fernandinho (40 Mio. an ManCity), Willian (35 Mio. an Anzhi) und Douglas Costa (30 Mio. an Bayern München).

Das Problem: der Krieg in der Region Donbass. «Sie leben und trainieren in Kiew», sagt Grimm, «und fliegen dann mit dem eigenen Flieger zu den Spielen nach Charkiw, das 520 Kilometer entfernt ist. Das Stadion in Donezk, früher eines der schönsten in Europa, liegt teilweise in Trümmern, die Bilder sind schockierend.»

Besitzer ist der Oligarch Rinat Achmetow. «Ich habe ihn nie getroffen. Gemäss Leuten, die ihn kennen, ist er eher schüchtern. Er war seit x Jahren nicht mehr im Stadion.» Der Grund: 1995 ging eine Bombe im Stadion von Schachtar hoch. Achmetow überlebte, weil er im Stau stand.

Das Logo von Schachtar Donezk symbolisiert die Kohleindustrie. «Das Orange steht für die aufgehende Sonne, die ein Minenarbeiter sieht, wenn er wieder ans Tageslicht kommt», so Grimm. «Schachtar ist ein Arbeiterklub.» Veredelt mit Brasilianern.

Grimm abschliessend: «Wenn ich auf das Spiel Basel gegen Schachtar wetten müsste, würde ich auf die Ukrainer setzen.»

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