Presseschau

NZZ vom 28.09.2020

Basel verliert das Spiel und die Nerven

0:1-Niederlage beim Servette FC – der neue FCB-Trainer Ciriaco Sforza attackiert den Schiedsrichter

Nicola Berger, Genf

Es fühlen sich im FC Basel ja seit vielen Monaten ziemlich viele Protagonisten missverstanden und/oder ungerecht behandelt, rund um den Klub schwelen zahlreiche offene Konflikte. Am Sonntag war die Reihe an Ciriaco Sforza, die Contenance aufzugeben. «Ich kann verlieren. Kein Problem. Aber nicht so, das können wir nicht akzeptieren. Das hat nichts mehr mit Fairness zu tun.» Der neue FCB-Coach enervierte sich noch lange nach Spielschluss über die Entscheide des Unparteiischen Luca Piccolo, vor allem über den streng verhängten Handspenalty in der 77. Minute. Dem jungen Verteidiger Albian Hajdari sprang der Ball an den Arm, Alex Schalk verwertete den Penalty zum 1:0-Siegtreffer für Servette. Sforza sagte: «Der Schiedsrichter hat mir nach dem Spiel gesagt, die linke Hand gehe zum Ball, dabei war die nicht einmal im Spiel. Entweder war er an einem anderen Match, oder ich verstehe nichts mehr von Fussball.» Und er sagte auch: «Für was haben wir den VAR? Entweder nutzt man ihn für alle gleich, oder man hört damit auf.» In der 21. Minute war der vermeintliche Führungstreffer von Valentin Stocker nach langer Videokonsultation wegen eines vorhergegangenen Foulspiels richtigerweise aberkannt worden.

Der ebenfalls zur Pressekonferenz geschickte Fabian Frei redete ähnlich, er warf dem Schiedsrichter sogar noch eine weitere Unterlassung vor: Nach seinem Dafürhalten hätte der Servettien Boris Cespedes noch vor der Pause mit einer gelb-roten Karte vom Platz gestellt gehört. Doch es war der FCB, der ab der 30. Minute in Unterzahl agieren musste: Der Innenverteidiger Jasper van der Werff hatte sich im Duell mit Kastriot Imeri, dem besten Akteur auf dem Platz, nur noch mit einer Notbremse zu helfen gewusst, der Ausschluss Van der Werffs war unumstritten.

Der Zorn der Basler erstaunte in seiner Schärfe – und er wirkte in der Essenz wie ein Ablenkungsmanöver eines Klubs, dessen Darbietungen in der Super League in keiner Art und Weise mit den eigenen Ansprüchen korrelieren. In Genf lieferte der FCB eine weitere rätselhafte Leistung ab, in einem Wettbewerb, in dem der FC Basel saisonübergreifend seit fünf Spielen sieglos geblieben ist. Die Gegner hiessen: Lugano, Thun, Luzern, Vaduz und Servette. Die Bilanz hat etwas Desillusionierendes; bereits muss der FCB aufpassen, in der Liga nicht früh zurückgebunden zu werden. In Genf waren es für transparente, uninspirierte Basler zu viele Widrigkeiten, als dass sie beim zuletzt sehr formschwachen Gegner hätten punkten können. Drei Tage nach dem 3:2-Sieg in der Europa-League-Qualifikation gegen Famagusta fehlten dem FC Basel die Kräfte – und bereits am Donnerstag ist das Team dort im Play-off wieder im Einsatz, zu Hause gegen ZSKA Sofia.

Wobei auch die Frage erlaubt sei, ob in Genf nicht vieles hätte anders laufen können, wenn es dem FCB gelungen wäre, seine Energie cleverer einzusetzen. Die Körpersprache war selten positiv, weder beim enttäuschenden Mittelstürmer Arthur Cabral noch beim Captain Valentin Stocker, der einmal aufgebracht eine Schwalbe monierte, und auch nicht beim zornigen Frei. Mit Ausnahme des eingewechselten 17-jährigen Abwehrspielers Hajdari überzeugte von den FCB-Spielern eigentlich niemand.

Die Basler durften vor allem deshalb sehr lange auf einen Punktgewinn hoffen, weil Servette sich in der Offensive so ungeschickt anstellte, dass man den latenten Verdacht hegte, vielleicht sei das ein Streich mit versteckter Kamera. Alleine der sehr unglücklich agierende ivoirische Stürmer Koro Kone hätte mehrfach treffen müssen, am Ende lautete das Schussverhältnis 22:4 zugunsten von Servette.

Vielleicht hätten ein klareres Resultat und eine frühere Entscheidung die Basler in ihrem Ärger über die Referees etwas besänftigt. Angesichts ihrer enttäuschenden Darbietung hätten sie sich über eine höhere Niederlage nicht beschweren können.

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