Presseschau

Basler Zeitung vom 01.04.2021

«Bernhard Burgener verhält sich leider wie ein Alleinherrscher»

Reto Baumgartner, der Präsident des FCB-Basisvereins, äussert sich zum Rechtsstreit um die Verhältnisse des FC Basel und stellt sich dabei eindeutig auf die Seite von David Degen.

Tilman Pauls und Dominic Willimann

Reto Baumgartner, was denkt der Präsident des FC Basel, wenn er in diesen Tagen auf «seinen» Club schaut?

Es ist eine tragische Situation, die dem FC Basel absolut unwürdig ist. Die ganze Schweiz lacht über uns. Das ist ein Zustand, der nicht nur mir weh tut und den man so schnell wie möglich beheben muss.

Seit Montag ist dieser Zustand ein Fall für das Basler Zivilgericht.

Ja, ich habe die Vorgänge am Montag so verfolgt wie alle anderen auch, als Fan und Medienkonsument.

Als Präsident und in dieser Funktion als Vertreter in der AG werden Sie also nicht eingebunden?

Nein, aber da muss man auch unterscheiden. Wenn es ums operative Geschäft geht, um die Geschäftsstelle, dann ist die Zusammenarbeit wirklich gut. Wenn es aber um den Verwaltungsrat geht, dann herrscht Funkstille.

Was waren Ihre Gedanken am Montag?

Ich fand den Schachzug von David Degen gut.

Die superprovisorische Verfügung?

Genau. Ich bin kein Jurist. Aber nach meiner Interpretation war das, glaube ich, die einzige Chance, dass er zu seinem Recht kommt. Es wäre an der Sitzung des Verwaltungsrats wohl so abgelaufen: Punkt 1, verkaufen wir die Aktien an David Degen? Nein, wir verkaufen nicht! Punkt 2, verkaufen wir die Aktien an die Basel Dream & Vision AG? Ja, wir verkaufen - und wenn Herr Degen nicht einverstanden ist damit, dann muss er vor Gericht.

Ist für Sie klar, dass es mit Bernhard Burgener nicht weitergehen kann?

Ich kenne die entsprechenden Dokumente nicht. Aber wenn ich es von aussen anschaue, dann hat Degen viele Argumente auf seiner Seite: Er hat ein Vorkaufsrecht, er hat die geforderte Summe aufgebracht und er erfüllt die Kriterien, um die Aktien zu übernehmen. Ich verstehe nicht, warum Burgener das nicht will - zumal er ja immer betont, dass er Verträge einhalte.

Damit ist der FCB blockiert.

CEO Roland Heri hat zwar gesagt, dass die Situation den FCB nicht blockiere, aber förderlich ist diese Situation natürlich auf keinen Fall.

Was meinen Sie?

Ich spreche jetzt nicht von einzelnen Transfers oder Projekten. Aber es ist keine Führung da, die zukunftsgerichtet arbeiten kann. Da ist eine riesige Ungewissheit, und alle sind zu einem gewissen Grad erstarrt. Das nehme ich auch in der Stadt so wahr. Die meisten sind schockiert, dass es jetzt diesen Rechtsfall gibt.

Burgener ist offenbar nicht gewillt, den Club abzugeben.

Er verhält sich leider wie ein Alleinherrscher. Er betont immer, dass er der Besitzer des FCB ist, aber das ist er zumindest aus meiner Sicht nicht. Er ist der Besitzer der Aktienmehrheit der FC Basel Holding AG. Der FCB gehört den Fans und der Bevölkerung. Das wird zur Zeit völlig ausgeblendet. Der Fan-Protest während dem Luzern-Spiel wurde einfach ignoriert.

Hätten Sie gedacht, dass es so weit kommen könnte?

Nein, natürlich nicht. Als Bernhard Burgener sein Konzept vorstellte, war es für alle eine Basler Lösung, auch für mich. Aber das ist es inzwischen nur noch auf dem Papier.

Im letzten Herbst, rund um die GV, gab es leichte Signale der Besserung. Gab es seither bei Ihnen einen konkreten Punkt, an dem Sie gemerkt haben, dass es auf diese Eskalation hinauslaufen könnte?

Das war ein Prozess. Ich habe seit der GV eine neue Rolle im Verwaltungsrat und dadurch mehr Verantwortung. Und wenn ich Verantwortung trage, dann will ich eigentlich auch in Entscheidungsprozesse involviert sein. Es hat sich dann zugespitzt rund um die Diskussion um den Sportchef, die Beurlaubung von Valentin Stocker und die Gerüchte um ausländische Investoren.

Spüren Sie als Präsident des Basisvereins in der aktuellen Situation verstärkt den Druck der Mitglieder?

Ich spüre eine gewisse Erwartungshaltung, dass wir uns jetzt positionieren. Die Mitglieder fragen: Wann äussert ihr euch? Was denkt ihr? Wo steht ihr?

Und? Wo stehen Sie?

Lassen Sie es mich so sagen: Die positive Meldung vom Montag ist, dass der Verkauf der Holding an die Basel Dream & Vision AG vorerst verhindert worden ist. Das wäre aus meiner Sicht ein Desaster für den Club gewesen. Keiner wünscht sich so eine Verschachtelung der Besitzverhältnisse. Dazu noch mit ausländischen Investoren, die niemand will.

Also stehen Sie auf der Seite von David Degen?

Ich finde, man sollte ihm eine Chance geben. Bernhard Burgener hatte seine Chance, wieso sollte sie David Degen jetzt nicht bekommen? Von sportlicher Seite kann man ihm als ehemaligen Spieler und Geschäftsmann, der sich in diesem Geschäft bewegt, sicher nichts vormachen. Meine Hoffnung ist, dass er auch sonst ein Teamplayer ist. Wenn er kompetente Leute an seiner Seite hat, glaube ich, dass es eine gute Lösung ist.

Als Bernhard Burgener den FCB übernommen hat, stellte er sein Konzept an der Versammlung vor und liess die Mitglieder darüber abstimmen. Würden Sie ein solches Vorgehen auch von David Degen wünschen?

Das fände ich eine gute Lösung - für beide Seiten. Herr Burgener betont ja immer wieder, dass er alle Fragen beantworten wolle. Also sollten beide Parteien zeitnah eine Plattform bekommen, um ihr Konzept, ihre Ideen und Ziele vorzustellen. Die Mitglieder abstimmen zu lassen, wäre mit Sicherheit besser, als vor Gericht zu treten.

Ist der Patient FCB geheilt durch einen neuen Besitzer? Reicht das?

Es würde frischen Wind geben. Ich sehe die aktuell grössten Mängel in der Kommunikation und der Transparenz. Das könnte sich mit einem neuen Besitzer schnell ändern. Einem Besitzer, der auch wieder mehr Ehrfurcht vor der Geschichte und der Bedeutung des FCB hat.

Trotzdem leidet auch der Verein unter der aktuellen Situation. Sie haben gesagt, dass es mehrere frustrierte Mitglieder gegeben habe, die sich bei Ihnen gemeldet hätten.

Das war besonders am Tag der Stocker-Beurlaubung. Da waren Leute dabei, die teilweise seit 30 Jahren eine Dauerkarte haben und seit Ewigkeiten Mitglieder sind. Aber wir haben Gegensteuer gegeben: Wir haben die entsprechenden Mitglieder kontaktiert und ihnen erklärt, was die AG ist, was der Basisverein ist und wo da der Unterschied ist. So haben sich einige umstimmen lassen. Aber es gab auch Eintritte von Personen, die es geschätzt haben, dass wir uns kritisch geäussert haben.

Wie viele waren das?

Etwa 50. Das ist keine wahnsinnig grosse Zahl, aber es ist doch ein kleiner Effekt spürbar.

Trägt der FC Basel durch die vielen Negativmeldungen in den letzten Monaten einen Schaden davon?

Finanziell nicht, das hat man im Jahresabschluss gesehen. Aber was das Image angeht schon. Und je länger die Ungewissheit über die Eigentumsverhältnisse anhält, desto grösser wird dieser Imageschaden.

Ist das nicht zu schwarzgemalt?

Klar, das sind meine Vermutungen, das Thema beschäftigt mich seit Montag sehr stark. Es gibt diesen Rechtsstreit. Das ist eigentlich unvorstellbar. Es geht um einen Fussballclub, der in unserer Region breit verankert ist und nicht um irgend ein Unternehmen in der Privatwirtschaft.

Wie geht dieser Rechtsstreit aus? Was sagt Ihr Gefühl?

Das kann ich nicht abschätzen. Ich appelliere an die Vernunft der beiden Parteien. Es geht nicht um Personen, sondern um den FCB. Das ist das Wichtigste.

Wie gehen Sie persönlich mit dem Gezeter um die Führung um, obwohl Sie als Clubpräsident nicht in diesen Prozess involviert sind?

Es beschäftigt mich sehr, ich habe schlaflose Nächte. Es ist nach wie vor so viel Potenzial in diesem Verein vorhanden. Es ist traurig, dass es nicht abgerufen werden kann wegen solchen «Geschichten». Ich wüsste nicht, wo es jetzt um die Sache, um den FCB geht. Wäre dem wirklich so, würde man sich gemeinsam hinsetzen, Lösungen suchen und Verträge einhalten.

Wie sieht es eigentlich im Vereinsvorstand aus? Lähmt Sie der aktuelle Zustand auch, macht sich vielleicht sogar ein bisschen Resignation breit?

Nein, wir sind motiviert. Natürlich verfolgen wir das alles mit grosser Besorgnis und wissen, dass wir keinen Einfluss auf die Besitzverhältnisse haben. Aber wir resignieren sicher nicht. Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass der Konflikt zwischen Burgener und Degen sich über Jahre hinzieht. Da wird irgendwann die Vernunft einsetzen müssen.

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