Presseschau

Basler Zeitung vom 03.04.2021

«Käme jetzt ein Basler und will den Club, wäre meine Mission erfüllt»

Seit letztem Montag ist klar: David Degen will den FC Basel kaufen, und Bernhard Burgener stellt sich trotz vertraglichen Verpflichtungen quer. Nun bricht der 38-Jährige sein Schweigen und spricht exklusiv mit dieser Zeitung.

Oliver Gut und Tilman Pauls

David Degen, sind Sie der neue Besitzer des FC Basel?

Den FC Basel besitzt man nicht. Man kriegt ihn allenfalls zur Aufbewahrung. Und das ist ein Privileg, eine grosse Ehre, aber auch eine grosse Aufgabe. Der FC Basel gehört den Fans. Ich habe mein Vorkaufsrecht für die 901’600 Aktien an der FC Basel Holding AG von Bernhard Burgener ausgeübt. Die Aktienübertragung an mich hat Bernhard Burgener am Montag vereitelt, obwohl er mir diese hätte gewähren müssen. Ich habe einen Anspruch auf die Aktien.

Warum haben Sie sich im Nachgang an eine Sitzung, in der es nicht einmal zur Abstimmung über den Aktienverkauf kam, zum Sieger erklärt?

Ich habe mich nicht zum Sieger erklärt. Es war aber ein wichtiger Sieg für den FC Basel. Wir konnten aufgrund des Verlaufs und der Verletzung der vertraglichen Verpflichtungen von Bernhard Burgener am Montag zum ersten Mal öffentlich kommunizieren, dass ich mein Vorkaufsrecht ausgeübt habe. Wenn man die Mitteilung richtig liest, dann steht dort nicht, dass ich der neue Besitzer bin. Sondern nur, dass mir die Aktien mit Zustimmung des Verwaltungsrats übertragen werden müssen. Ohne Gutheissung der superprovisorischen Massnahmen durch das Zivilgericht wäre der FC Basel heute in fremden Händen. Nur der Entscheid des Gerichts hat Bernhard Burgener gehindert, dies zu tun. Das Zivilgericht hat den FCB gerettet. Ich bin sehr enttäuscht, dass die anderen Verwaltungsräte bei diesem üblen Spiel mitgemacht haben. Anderseits verstehe ich ihr Verhalten, da sie auf der Lohnliste von Bernhard Burgener und damit nicht unabhängig sind.

Warum sahen Sie sich veranlasst, eine superprovisorische Verfügung zu beantragen?

Wir hatten im Vorfeld zahlreiche deutliche Anzeichen, dass sich Bernhard Burgener an der Verwaltungsratssitzung nicht an die Verträge zu halten gedenkt. Und genau so war es dann. Obwohl ich es immer geahnt hatte, war ich schockiert. In der Öffentlichkeit hat er immer betont, er halte sich an Verträge. Genau das Gegenteil war der Fall. Seine öffentlichen Zusicherungen waren nur leere Worte. Als er nach Kenntnis der gerichtlichen Verfügung die Sitzung sofort abbrach und sagte, nun sei das Ziel der Sitzung nicht mehr möglich, hat er sein wahres Gesicht gezeigt. Es ging ihm immer nur darum, die Aktien an die Basel Dream & Vision AG zu übertragen. Etwas anderes hatte er nie vor. Er hatte nie die Absicht, mein Vorkaufsrecht zu respektieren.

Wieso können Sie das so sagen?

Weil Bernhard Burgener mir doch sonst den Club am letzten Montag übertragen hätte! Dann hätte er gesagt: David, die Verfügung hättest du dir sparen können, ich halte mich an Verträge. So wie ich es immer gesagt habe.

Und warum sprechen Sie davon, dass der FCB in fremden Händen wäre? Die Basel Dream & Vision AG ist in der Steinenvorstadt domiziliert, Burgener sagt, er behalte die Kontrolle

Das ist eine Briefkastenfirma, bei der ein britisches Finanzinstitut mit Namen Centricus im Boot sitzt. Für mich ist das ziemlich fremd. Für Sie nicht?

Man kann es so sehen.

Ich vermute, dass der FC Basel ein kleiner Teil von diesem ganzen Deal wäre. Aber der FCB muss auf eigenen Beinen stehen. Er darf nicht irgendwo reingeraten, wo er nie mehr rauskommt. Der FC Basel ist ein Kulturgut, das nicht in ein Firmengeflecht passt.

Welche Dokumente umfasste die Eingabe beim Gericht?

Sämtliche Dokumente, die den Fall betreffen, Verträge, Korrespondenzen, aber auch Aussagen von Burgener in den Medien oder zum Beispiel an der Medienkonferenz von letzter Woche.

Was wäre, wenn das Zivilgericht Basel-Stadt die superprovisorische Massnahme nicht verfügt hätte?

Wir wissen heute alle, dass Bernhard Burgener die Aktien dann an Basel Dream & Vision übertragen hätte. Der FCB wäre weg.

Es geht das Gerücht um, dass Burgener sein Aktienpaket bereits vorher an die Basel Dream & Vision AG übertragen hat. Halten Sie das für denkbar?

Wir kennen diese Gerüchte. Auch das wäre natürlich eine Verletzung diverser vertraglicher Vereinbarungen. Wir wissen aber nicht, ob die Gerüchte stimmen. Es wäre unerhört.

Wann ist die Anhörung vor dem Zivilgericht Basel-Stadt?

Das ist Sache des Gerichts. Es geht nun primär darum, dass die provisorischen Massnahmen bestehen bleiben. Gemäss den Erfahrungen meiner Anwälte sollte dies in den nächsten Wochen entschieden werden.

Werden Sie dort gleichsam Ihr Recht auf Erfüllung der Aktienübertragung einklagen?

Ich habe A gesagt, als ich beim FCB einstieg. Ich habe B gesagt, als ich mein Vorkaufsrecht ausübte. Und ich werde auch C sagen, sollte das nötig sein. Aber ich hoffe, dass das gerichtliche Verbot bestätigt wird und sich Burgener dann endlich an die Vereinbarung hält. Alles andere wäre schlimm.

Wie sehen Sie Ihre Chancen?

Der unabhängige Professor Hans-Ueli Vogt hat alle Verträge und Dokumente gesehen und ein Gutachten erstellt. Er kommt zum Schluss, dass das Vorkaufsrecht gültig ist und dass Bernhard Burgener die Aktien an mich übertragen muss. Das Zivilgericht hat die Übertragung an eine Drittpartei daher mit gutem Grund verboten. Meine Anwälte sind zuversichtlich, und ich bin froh, dass ich seit Montag von allen Seiten eine grosse Unterstützung erfahre. Es haben sich unzählige Personen aus dem FCB-Umfeld bei mir gemeldet und mich bestärkt.

Auch wenn Sie recht erhalten, könnte sich der Fall hinziehen. Sind Sie denn bereit, notfalls bis vor Bundesgericht zu gehen?

Ich würde nach A, B und C auch D sagen. Wir müssen den FCB retten, und dafür werde ich kämpfen. Ich hoffe aber wie alle Beteiligten sehr, dass das nicht nötig sein wird und dass Burgener einsieht, dass sein Vorgehen nicht korrekt ist.

Die jetzige Situation ist doch so, dass Sie, die superprovisorische Verfügung und Burgeners Weigerung in Kombination den FCB blockieren und alles nur noch schlimmer wird.

Nein. Ich habe lediglich die Aktienübertragung an Basel Dream & Vision blockiert. Nicht mehr und nicht weniger. Das bestätigt CEO Roland Heri, der ja öffentlich gesagt hat, es laufe alles wie bisher weiter.

Trotzdem ist die Situation nicht eben toll für den Club...

Nicht toll? Sie ist eine Katastrophe! Das ist mir schon bewusst. Verträge sind da, um eingehalten zu werden, und sonst muss man sich an einen Tisch setzen. Und ich kämpfe für die Institution FCB. Schauen Sie: Als ich damals vom FC Oberdorf zum FCB gekommen bin, da war ich so unglaublich stolz. Ich habe da hinten auf dem roten Sandplatz gespielt im Winter. (zeigt hinüber zu der Sportanlage St. Jakob; Red.) Ich weiss noch, mit der U-14. Ich hätte den Trainingsanzug mit dem FCB-Wappen, den wir erhalten haben, am liebsten gar nicht mehr ausgezogen. Das war eine riesige Ehre. Dorthin müssen wir wieder zurückkehren. Der FC Basel muss wieder der Stolz der Stadt, der Region sein. Aktuell ist er das nicht.

Was ist Ihre Motivation?

Es geht hier nicht um Degen oder Burgener. Es geht hier nur um einen FCB in den Händen von Bernhard Burgener und ausländischen Investoren oder um einen FCB in Basler Händen. Und es geht auch um den Stil. Das ganze Umfeld des FCB hat genug. Die Fans sind auf die Strasse gegangen, die Unterstützer brechen weg, Spieler wollen nicht mehr zum FCB, und sportlich sind wir auch nicht da, wo wir sein wollen. All die Proteste bringen aber leider nichts, weil die aktuelle Führung weder auf die Fans noch das Umfeld hört. Ich muss tun, was ich tue, weil es um die Sache geht. Dank meines Vorkaufsrechts bin ich leider der Einzige, der den Schlüssel für die Lösung des Problems in der Hand hält und dafür sorgen kann, dass der FCB in Basler Händen bleibt.

In Basler Händen - oder in Lampenberger Händen, die in Schindellegi wohnen?

Ich komme aus der Region, ging hier zur Schule und bin der Region immer verbunden gewesen. Meine Eltern und meine Schwester sind noch immer in Lampenberg. Ich bin beim FCB aus dem Nachwuchs zum Fussballprofi geworden, habe dort den Grossteil meiner Aktiv-Karriere verbracht und sie auch dort beendet. Ausserdem bin ich gewählter Verwaltungsrat der FC Basel Holding AG. Aber ganz abgesehen davon: Es geht mir nicht um meine Hände. Wenn in der jetzigen Situation ein Basler kommt, der es gut mit dem FCB meint und sagt: Ich kaufe den Club - dann war meine Mission erfolgreich! Auch wenn ich natürlich ein Interesse daran habe, mich weiter beim FCB einzubringen und mitzuhelfen.

Fühlen Sie sich als Retter?

Ich bin der, der verhindert, dass der Club in ein Firmengeflecht übergeht, bei dem keiner weiss, worum es wirklich geht. Nicht mal ich als Verwaltungsrat. Sie müssen eines wissen: Ich hatte lange nichts von Bernhard Burgener gehört - dann bin ich ins Büro zitiert worden. Ich habe gefragt: Wieso? Bernhard und Peter von Büren im Büro. Und Bernhard informierte mich über das Kaufangebot der Basel Dream & Vision AG. Friss oder stirb! Stellen Sie sich mal vor, in welcher Situation ich mich da befand. Er nannte vier Optionen: Verkauf, wir reden noch mal, ich matche das Angebot und übe mein Vorkaufsrecht aus - oder wir streiten. Ich habe ihm gesagt, dass ich nicht streiten wolle, aber dass ich mir überlege, was ich mache.

Burgener gab Ihnen damals nicht zu verstehen, dass er nicht wünsche, dass Sie Ihr Vorkaufsrecht ausüben?

Er sagte damals, dass es für ihn auch in Ordnung wäre, wenn ich mein Vorkaufsrecht ausübe, und er dies auch akzeptieren würde.

Und Sie wollten sofort matchen?

Sofort war nur klar: Entweder matche ich oder bin raus. Da war dann noch die weitere Option, dass Bernhard 32 Prozent hält, Centricus 30 und ich 30. Aber das wollte ich nicht. Dann bin ich übers Wochenende ins Ausland, und mir war klar: Ich habe A gesagt, jetzt muss ich B sagen. Bernhard hat nie damit gerechnet, dass ich das machen würde.

Wann haben Sie gemerkt, dass Burgener Ihnen den Club nicht geben will?

Ich habe es immer geahnt, weil aus seinem Umfeld mehrmals Stimmen zu mir drangen, die sagten: Er wird dir die Aktien nicht geben. Wissen Sie: Wenige Tage nachdem ich bei ihm im Büro war, rief mich bereits eine Person an, die nicht aus dem direkten Burgener-Umfeld war, aber alles wusste. Ich war schockiert. Da wusste ich: Das wird eh publik. Und ich wusste, dass Bernhard denken würde, dass ich es gestreut habe. Er versteht etwas nicht: Er hat mehr Leute in seinem Umfeld, die ihr eigenes Interesse höher gewichten als das Wohl des FCB, als er glaubt. Und ich bin es nicht. Ich habe ihm mal gesagt: Wieso hörst du auf alle Berater, denen du Geld zahlst, aber nicht auf mich? Ich habe dir Geld gegeben und stehe nicht in deiner Abhängigkeit. Das Einzige, was ich bekommen habe, war ein Schlüssel der Geschäftsstelle. Welchen ich übrigens noch nie benutzt habe. Ich klingle immer unten an der Tür.

Warum will er Ihnen die Aktien nicht geben?

Das würde mich auch sehr interessieren. Ich denke aber, weil er schon länger das Gefühl hat, dass ich ihm Böses will. Dabei war das nie der Fall.

Wie kommen Sie auf die Idee?

Zu Beginn war ich ruhig, habe zugehört. Ich habe gesagt, was ich gedacht habe: Wir müssen mit den Kosten runter, wir müssen dies, wir müssen das, wir müssen jenes. Er hat es mir 100-mal versprochen, aber es ist nichts passiert. Ich habe Unterlagen und Einblicke verlangt. Aber bis im August oder September 2020 habe ich nichts bekommen. Er hatte alles selbst entschieden, ohne dass ich in Entscheide involviert war.

Dann erhielten Sie auf der Geschäftsstelle Einblick in die Zahlen, aber nur ohne Handy

Man wollte, dass ich mein Handy abgebe. Am Ende durfte ich es trotzdem mitnehmen. Aber ich musste als Verwaltungsrat um Erlaubnis betteln, um mit Mirko Brudermann (der Finanzchef des FCB; Anmerkung der Redaktion) zu sprechen und Einsicht zu erhalten. Ich bin mir vorgekommen wie ein Verbrecher oder wie ein Journalist...

Vorsicht!

Tut mir leid. (lacht) Aber erst dann habe ich einen Einblick erhalten. Das müssen Sie sich mal vorstellen. Dabei ist das doch das Wichtigste, die Zahlen.

Was ist eigentlich zwischen Ihnen und Bernhard Burgener vorgefallen, dass aus einem anfänglichen Miteinander ein Gegeneinander wurde?

Sie werden es mir nicht glauben, aber es ist nichts vorgefallen. Er ist so, wie er eben ist. Ich wusste nicht, worauf ich mich mit ihm einliess. Ich habe mir gedacht, und vielleicht war das naiv, dass mir das nicht passiert, was seinen Geschäftspartnern passiert ist. Nun ist es leider doch passiert, und ich habe ganz viel gelernt.

Wäre eine Lösung mit Burgener und Degen noch möglich?

(denkt lange nach) Menschlich? Von meiner Seite? Ja. Das Tischtuch zwischen Bernhard und mir ist von meiner Seite aus nicht zerschnitten. Ich war naiv und dachte, dass er bei meinem Know-how auf mich hört. Er hätte bei 100 Vorschlägen ja auch 50-mal sagen können: Nein, so ein Quatsch! Aber wenn er nur zehn Dinge von mir umgesetzt hätte, wären wir heute mit dem FCB sportlich an einem anderen Punkt. Aber mal ins Blaue gedacht, grüne Wiese: Wenn wir das zusammen in der richtigen Kombination und mit klar abgesteckten Regeln noch mal alles neu anfassen würden: Wieso nicht?

Es ist bis heute nicht bekannt, wer hinter Ihnen steht, wer in Ihrem Team ist. Können Sie Licht ins Dunkel bringen?

Sie müssen verstehen, dass ich dazu in der aktuellen Situation nichts sagen kann.

Wieso nicht?

Schauen Sie: Wenn mir die Aktien am Montag überschrieben worden wären, dann hätte ich mein Team zusammengestellt und präsentiert. Aber jetzt geht es um ein juristisches Verfahren. Es ist besser, dass all der Dreck, der jetzt in meine Richtung geschmissen wird, nur auf mich einprasselt. Es ist besser, wenn ich das abbekomme und nicht mein Team.

Woher kommen die 16,4 Millionen Franken für die Aktien von Bernhard Burgener?

Ich bin für den Kaufpreis voll ins Risiko gegangen. Habe alles zusammengekratzt. «All In» nennt man das.

Sie wollen sagen, dass alles aus Ihrem Privatvermögen stammt?

Es ist mein Geld. Klar ist aber auch, dass die Summe in keinem gesunden Verhältnis zu meinen finanziellen Möglichkeiten steht. Ich bin offen, nach der Übernahme der Aktienmehrheit einen Teil meiner Aktien an Basler zu verkaufen. Je breiter der Club abgestützt ist, umso besser. Ich kann mir auch vorstellen, die Fans zu beteiligen. Das aber sind alles Themen, um die wir uns Moment leider noch nicht kümmern können.

Herr Degen, Sie können uns nicht erzählen, dass da 16 Millionen Franken auf Ihrem Konto lagen, die Sie für den FCB aufgewendet haben.

Ich musste einen Finanzierungsnachweis erbringen und erklären, dass ich den Kaufpreis auf eigenes Risiko zahle.

Hat Ihr Bruder Sie unterstützt?

Noch mal: Ich kaufe die Aktien, und anschliessend wird der FCB breit und auf mehrere Schultern abgestützt. Aber ich kann Ihnen sagen: Es ist für mich ein grosses finanzielles Risiko. Auf einer Skala von 1 bis 10 ist es bei 10.

Das fragen sich viele Fans: Wo kommt das Geld her? Könnte ja ein Investor aus dem arabischen Raum hinter Ihnen stehen...

Ich bin Basler, und ich hätte Bernhard Burgener am letzten Montag mit meinem Geld bezahlt, hätte er die Aktien übergeben. Er dachte aber nicht mal daran. Das unwiderrufliche Zahlungsversprechen der Bank hatte ich dabei. Burgener hat es sich nicht einmal angeschaut.

Einer Ihrer Unterstützer soll Eric G. Sarasin sein. Was für eine Rolle spielt er in Ihrem Team?

Nochmals: Ich kann jetzt nicht über ein späteres Team sprechen, wirklich. Dies ist auch noch nicht fix. Ich muss meine Leute schützen. Ich bin der Winkelried, ich kriege alles ab, was auf mich einprasselt. Es wird gerade mit so viel Dreck geworfen. Aber das ist okay, ich halte das aus. Ich habe es ja auch so erwartet.

Werden Sie den Club führen, sollte er Ihnen gehören?

Nein, das traue ich mir gar nicht zu. Ich werde den Club nicht führen. Ich weiss, wo meine Grenzen sind und was ich kann und was ich nicht kann.

Was können Sie?

Ich kenne mich im sportlichen Bereich aus. Aber, und das können Sie jetzt genau so aufschreiben: Ich. Möchte. Nicht. Sportchef. Sein. Und dann können Sie gleich noch schreiben: Ich möchte nicht Präsident sein. Und ich möchte auch nicht CEO sein.

Was wollen Sie dann sein?

Ich will als Verwaltungsrat für den Sport verantwortlich sein. Ich möchte einen Sportchef oder einen Chefscout herausfordern. Es braucht einen starken Sportchef. Einen, der weiss, wie man unter den heutigen Gegebenheiten arbeitet. Er muss ganz klar wissen, wie das Geschäft funktioniert. Wie sieht modernes Recruitment aus? Wie kommuniziere ich mit dem Trainer? Wie kommuniziere ich mit den Spielern?

Haben Sie den Sportchef schon?

Ich habe Ideen. Aber es wäre respektlos, wenn ich bereits eine Lösung hätte.

Hätten Sie einen CEO? Einen Trainer?

Auch da habe ich Ideen. Aber das werde ich nicht allein entscheiden, sondern im Gremium. Es wird keine Alleinherrschaft beim FCB mehr geben. Diese Zeiten müssen vorbei sein.

Viele befürchten, dass Sie aus dem FCB eine Plattform für Talente aus Ihrer ehemaligen Beratungsagentur machen wollen.

Ich bin im September 2019 aus der Beratungsagentur ausgestiegen.

Trotzdem besteht ein Interessenkonflikt, wenn Sie den FCB besitzen und mit Ihrem Bruder über einen Spieler verhandeln.

Nein, es besteht doch kein Interessenkonflikt. Ich bin nicht mehr bei SBE dabei. Ich weiss heute nicht mal mehr, was genau in der Agentur passiert.

Das nimmt Ihnen doch keiner ab. Philipp ist Ihr Zwillingsbruder, alle wissen, wie eng Sie einander verbunden sind.

Natürlich reden wir täglich miteinander, aber auf einer anderen Ebene. Wenn er mich anruft und sagt, er sei gerade auf dem Weg nach Bordeaux, dann weiss ich: Er hat was mit Loris Benito zu besprechen. Aber es interessiert mich nicht. Ich bin damals ausgestiegen, weil mir das Agenten-Business sowieso nicht so zugesagt hat. Ich bin ein Mensch, der nicht gerne zwischen zwei Parteien steht. Ich fühle mich schlecht, wenn ich einem Club einen Spieler andrehen muss. Darum war mein Traum schon immer, Anteile an einem Fussballclub zu haben. Durch meine Erfahrungen habe ich ein grosses Wissen über Transfers, welches ich gerne in einen Club einbringen werde. Ich möchte den Leuten mit meinem Know-how zeigen, dass der Fussball nicht automatisch ein Verlustgeschäft sein muss. Sondern dass man auch Geld verdienen kann.

Würden Sie Spielertransfers von der Agentur Ihres Bruders kategorisch ausschliessen?

Nein, Philipp würde behandelt wie jeder andere. Wenn ich Spieler der SBE kategorisch ausschliesse, dann schade ich ja unter Umständen dem FCB, weil wir einen Spieler nicht verpflichten und er dann zu YB wechselt. Wenn die SBE einen Spieler hat, der den FCB weiterbringt, dann muss der Club sich damit befassen.

Aber bei jedem SBE-Transfer, der nicht überzeugt, wird Ihnen genau das auf die Füsse fallen.

Es wird mir jedes kleinste Detail auf die Füsse fallen. Nicht nur in diesem Bereich. Ich weiss, dass alle ganz genau hinschauen werden. Aber das sollen sie auch.

Neulich ist Ihnen eine GC-Geschichte aus Ihrer SBE-Vergangenheit auf die Füsse gefallen. Warum haben Sie da gelogen?

Meine Kommunikation war nicht gut. Das kam falsch rüber, ich habe es falsch oder vielmehr viel zu unpräzise gesagt. Wir haben damals verschiedenen Clubs ein Businessmodell vorgeschlagen, wie man mit einem Transferunternehmen die Qualität der Spieler im Club erhöhen und gleichzeitig mit Transfers Geld verdienen kann. Mir wurde eine Falle gestellt, und ich bin reingerasselt.

Wieso eine Falle?

Man will mich diskreditieren. Der «Blick» ist die Hauszeitung von Bernhard Burgener. Es ist aber so offensichtlich, dass es jeder merkt. Walter de Gregorio, ehemaliger Fifa-Mann und ehemaliger Sportchef des «Blicks», ist der Vermittler von Centricus an Bernhard Burgener. Das konnte man ja jetzt das erste Mal auch offiziell lesen. Er berät ihn auch, obwohl Bernhard Burgener noch vor ein paar Wochen sagte, dass er nicht sein Berater sei. Falls der Deal klappt, verdient er sich eine grosszügige Provision. Er versucht alles, damit sich Centricus am FCB beteiligen kann. Die GC-Geschichte wurde auch deshalb so gross gefahren.

Der «Blick» schreibt auch, dass Sie auch die Centricus-Millionen wollten.

Das gehört zur Stimmungsmache und stimmt einfach nicht. Bernhard Burgener wollte, dass ich mir im Frühling 2020 Centricus anhöre. Da habe ich gesagt, dass das für den FCB und damit auch für mich so nicht stimmt. Jedenfalls nicht mit Stimmrecht und nicht ohne diverse Abklärungen. Geschehen ist aber nichts. Ausser, dass mich De Gregorio später im Sommer mehrmals von der Lösung zu überzeugen versuchte, wonach Bernhard 32 Prozent der Holding-Aktien halten würde, während je 30 Prozent mir und Centricus zukämen. Ich lehnte ab. Und zuletzt, da hat mich De Gregorio am vergangenen Samstag nochmals angerufen. Ich habe ihm gesagt, dass ich kein Interesse habe, aber mich gerne mit Bernhard an einen Tisch setze und wir eine Lösung suchen müssen.

De Gregorio schreibt in einer Mail, Sie hätten ihm gesagt, er solle den Centricus-Deal doch mit Ihnen machen und nicht mit Burgener.

Das stimmt nicht. Es ist doch offensichtlich, was hier läuft.

Sie sagen selbst: Sie sind der Einzige, der den Deal mit Centricus verhindern kann. Aber ist Ihnen bewusst, dass Sie viele Sympathien nur haben, weil Sie das kleinere Übel sind?

Das weiss ich, ja. Und ich bilde mir darauf auch nichts ein. Wirklich nicht. Ich bin laut, direkt, ich habe die Diplomatie nicht mit Löffeln gegessen. Das stösst viele Menschen vor den Kopf. Ich bin einfach nicht der Typ, um Everybody’s Darling zu sein. Das war schon als Spieler so. Aber ich kämpfe für die Sache, und ich bin bereit, auch in den Infight zu gehen. In meinem ganzen Leben schon. Das ist mein Naturell. Am Ende sollen die Menschen sehen, dass es mir um den FCB geht und nicht um mich persönlich.

Sind Sie ein guter Mensch?

Das sollen andere beurteilen. Ich habe keine Leichen im Keller, geschäftlich nicht und auch privat nicht. Klar habe ich Fehler gemacht und werde auch weiterhin Fehler machen. Aber ich habe ein reines Gewissen.

Wenn Sie morgen die Aktien überschrieben bekämen, was würde dann passieren? Was muss geschehen, dass der FCB wieder gross wird?

Wichtig ist, dass wir gesund wirtschaften. Wir dürfen nur das ausgeben, was wir auch einnehmen. Wir müssen wieder demütig sein, Stolz haben, Ehre. Das sind keine konkreten Aktionen, ich weiss. Aber nur mit diesen Werten kommt der FCB wieder dorthin zurück, wo er hingehört.

Sie würden nicht als Erstes den Meistertitel zum Ziel erklären?

Nein, natürlich nicht. Das ist ja auch nicht realistisch. Man muss bescheiden sein. Der FCB ist kein Club mehr, der in Saus und Braus leben kann. Man muss mit dem Geld sehr gut umgehen.

Können Sie, sollten Sie die Aktien erhalten, auf einen Knopf drücken, und Sie haben für die neue Saison 50 Millionen Franken, die man in das Kader investieren könnte?

Wer kann das schon? In der Schweiz funktioniert genau ein Modell: Ausbildung. Ausbildung, Ausbildung, Ausbildung! Das heisst nicht, dass wir keine Topspieler mehr beim FCB haben werden. Aber man muss mehr dafür machen und die Talente nach Basel holen. Das ist harte Arbeit, und ich weiss, wie das funktioniert.

Trotzdem müssen Sie den Club doch finanziell absichern. Wie soll das gelingen?

Es ist meine Pflicht, den Club finanziell abzusichern. Aber dafür muss ich zuerst genau wissen, wie es finanziell um den Club steht. Erst dann kann ich die entsprechenden Massnahmen einleiten.

Aber Sie wissen doch, was finanziell auf Sie zukommt. Sie kennen den Club.

Schauen Sie: Ich habe die Kennzahlen für das Geschäftsjahr 2020 im Livestream in der Pressekonferenz gesehen, wo Sie anwesend waren. Ich kannte die Zahlen vorher auch nicht. Deswegen kann ich nicht genau sagen, was auf mich zukommt. Das ist eine Blackbox.

Ihnen gehören zehn Prozent am Club.

Ich komme ja nicht mal ins Stadion, damit wir drinnen Fotos machen und reden können. Vielleicht sind auch meine zehn Prozent inzwischen schon verkauft. (lacht) Aber Sie sehen: Ich muss das erst wissen, ehe ich weitere Schritte machen kann. Natürlich müssen wir die Finanzen in den Griff kriegen. Aber das machen wir im Team. Und wenn wir Transparenz schaffen und ehrlich sind, dann können wir nicht viel verlieren. Wir müssen dann ganz offen sein und sagen: Das hier ist unsere Grenze, mehr können wir nicht bieten. Darüber hinaus müssen wir gar nicht diskutieren.

Wenn Sie die Aktien haben und Ihr Team bekannt geben: Geben Sie dann auch Einblick, wer Ihnen Geld gibt, um den Club breit abzustützen?

Sie meinen, wenn ich Teile meiner Aktien an andere verkaufe? Natürlich. Ich sage, wem ich was gebe und wie viel ich behalte. Da habe ich nichts zu verbergen.

Theoretisch könnte man das auch im Stillen machen.

Das mache ich nicht! Ich habe lange genug gesehen, wie man es nicht macht. Wir werden ganz anders kommunizieren. Ich bin gerne bereit, alles offenzulegen. Ich bin auf dem Prüfstand. Mein Team und ich werden liefern müssen, um uns das Vertrauen zu erarbeiten. Das wird ein harter Weg, den wir aber gehen wollen.

Es gäbe ja auch die Möglichkeit, dass Sie nach der Übertragung der Aktien eine GV einberufen, dort Ihr Team sowie Ihr Konzept vorstellen - und die Mitglieder darüber abstimmen.

Gerne! Sofort! Denn wenn die Mitglieder nicht wollen, die Fans nicht mitziehen, dann geht es nicht. Darum überlegen wir ja auch, den Fans einen Teil abzugeben.

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