Presseschau

NZZ am Sonntag vom 04.04.2021

«Sie arbeiten, wie sie früher spielten»

DEGEN-AGENTUR SBE

Die Agentur macht Eindruck. Fast 20 Namen und Gesichter sind auf der Website der Sports Business & Entertainment Management AG (SBE) zu sehen, angeführt von Geschäftsführer Philipp Degen. In einem Video sagt Degen Worte wie «immer oben ans Limit». Der deutsche Partner Tobias Becker spricht von der «Aussendarstellung der Fussballer, von der «Persönlichkeits-Marke» – «ein schlechter Post kann das Ende der Spielerkarriere bedeuten». David Degen ist offiziell nicht mehr dabei.

In der Szene lässt die Degen-Agentur niemanden kalt. So gross kann die Agentur indessen nicht sein. Darin sind sich Branchenbeobachter einig. Die SBE funktioniert vor allem über das Franchising-Modell. Sie stellt angebundenen Personen ihr Netzwerk und ihre Logistik zur Verfügung, und wenn infolge von Transfers Geld fliesst, partizipiert die Agentur. «Viel Personal kann nicht auf der Lohnliste sein, dafür ist das Portfolio zu leicht. Oder sie haben andere Finanzquellen. Das Ganze wirkt etwas aufgeblasen», sagt ein erfahrener Spielervermittler.

Die Konkurrenz attestiert der Degen-Agentur «Aggressivität auf dem Markt» und «Vollgas-Mentalität». Sie habe «in kurzer Zeit viel erreicht» und schrecke im Offensivdrang nicht davor zurück, einen Spieler zu ködern, indem sie auch dessen Eltern finanziellen Support zusichere. Ein Konkurrent sagt: «Sie arbeiten, wie sie früher Fussball spielten. Die ersten fünf Meter sind fulminant, danach passiert irgendetwas, entweder glückt die Aktion, oder sie rennen in eine Wand. Oft bleiben Scherben zurück.» Einer, der die Scherben zusammenwischt, ist offenbar der Degen-Mitarbeiter Baykal Bellusci. Auch er war Fussballer.

Schweizer Klubvertreter erwähnen das «polarisierende Verhalten der Degen-Zwillinge», was sich jetzt auch im Machtkampf in Basel offenbart. Ihr Ruf ist durchzogen. Im FC Zürich sollen sie mehrfach für Aufruhr gesorgt haben und mitverantwortlich sein für den Sportchef-Wechsel von Thomas Bickel zu Marinko Jurendic. Einige haben Vorbehalte in Bezug auf die Seriosität der beiden, aber nur wenige reden wirklich schlecht über sie. Von einem Bundesliga-Sportdirektor wird der Satz kolportiert: «Wenn die Degen-Brüder das Zimmer betreten, beginnt das Chaos.»

Zur Degen-Klientel gehören Gregor Kobel (Stuttgart), Lawrence Zigi (St. Gallen), Adrian Grbic (Lorient) oder auch der deutsche Verteidiger Shkodran Mustafi (Schalke), der sich Weltmeister nennen darf. Dessen Vater Kujtim Mustafi ist auf der SBE-Website als «internationaler Agent» aufgeführt. Er brachte seinen Sohn mit. Oder umgekehrt. Als «Partner» ist der Trainer Christian Gross erwähnt. Die Namen machen sich gut.

Peter B. Birrer

Zurück