Presseschau

Basler Zeitung vom 07.04.2021

Sforza hätte gar nie kommen dürfen

Kommentar

Der Zeitpunkt des Eingeständnisses, dass es mit Ciriaco Sforza nicht funktioniert, kommt sowohl zu spät als auch rechtzeitig.

Muss man die Gründe noch einmal vertiefen, warum Ciriaco Sforza und der FC Basel ab sofort getrennte Wege gehen? Nein. Aber man kann sie so kompakt wie möglich zusammenfassen: Es stimmte nichts mit diesem Trainer, der nie hätte kommen dürfen.

Nicht das Timing. Nicht die Resultate. Nicht die Entwicklung des Fussballs und der Spieler. Nicht die Tendenz der Leistung. Nicht Sforzas Kommunikation. Und wohl auch nicht dessen Verhalten, wenn man die Drohung gegen einen Journalisten berücksichtigt, die trotz Dementi zu einer öffentlichen Entschuldigung führte.

Das einzig Überraschende am vorzeitigen Ende dieser Liaison ist, dass es nicht früher kam. Wobei: Wäre spätestens nach der epochalen 2:6-Blamage im Cup gegen Winterthur bei jedem anderen Club mit dem Anspruch des FC Basel diese Konsequenz selbst dann erfolgt, wenn es nur um ein klares Zeichen gegangen wäre, so ist dies im FCB des Bernhard Burgener mittlerweile erwartbar anders. Da setzt man lieber Pseudo-Zeichen und beurlaubt Captain Valentin Stocker, bevor man bei der Besetzung einer Schlüsselposition einen Fehler eingesteht. Es wird nicht antizipiert, sondern ausgesessen - bis es nicht mehr anders geht.

Sforza trägt mit dem, was er beeinflussen konnte, fraglos Schuld an der ungenügenden sportlichen Bilanz. Vor allem aber muss er sich eingestehen, dass er sich selber falsch eingeschätzt hat: Obwohl er beim Grasshopper Club schon in einem schwierigen Umfeld gescheitert war, traute er sich im September und ohne Vorbereitung zu, in einem Club zu reüssieren, der sich offensichtlich im Chaos befand. Zudem ist ihm ein Beraterwechsel zu empfehlen: Dass Dino Lamberti ihn überhaupt zum FCB lotste, bei dem zuvor mit Marcel Koller einer seiner anderen Klienten einschlägige Erfahrungen sammelte, zeugt nicht eben von Selbstlosigkeit.

Dass sich ehemalige Fussballer in anderer Funktion überschätzen, ist nichts Neues. Seltener ist, dass die Clubverantwortlichen eine Situation derart falsch beurteilen, wie das Burgener und sein CEO Roland Heri im Spätsommer 2020 unter dem Deckmäntelchen der Sportkommission taten. Schon bei Sforzas Verpflichtung kommentierte diese Zeitung unter dem Titel «Mit dem Mut der Verzweifelten» Sforzas Verpflichtung äusserst skeptisch. Geringe Kosten und das Prinzip Hoffnung waren die brauchbarsten Argumente dafür.

Corona hin oder her: Was seither sportlich geschehen ist, hat sämtliche Bedenken bestätigt. Man landet wohl irgendwo bei Jörg Berger, wenn man einen FCB-Trainer finden will, von dem sich sagen lässt, dass er während seines Wirkens keine einzige wirklich positive Phase hatte.

Das Paradoxon an der Misere: Obwohl Sforzas Ablösung zu spät erfolgt, kommt sie noch immer rechtzeitig. Bei normalem Verlauf wird der Kampf um den Klassenerhalt mit Interims-Trainer Patrick Rahmen nie real existieren.

Und weil die Konkurrenz hinter YB zu schwach ist, braucht es kein Wunder, um die Saison auf Platz 2 zu beenden. Mehr als das hat sich vor der Saison wohl nur Bernhard Burgener erhofft.

Oliver Gut Leiter Ressort Sport

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