Presseschau

bz Basel vom 06.10.2022

Basel – ein slowakischer Sehnsuchtsort

1969 gewann Slovan Bratislava im Joggeli den Europapokal der Cupsieger. Einen vergleichbaren Triumph gab es nie mehr zu feiern.

Christoph Kieslich

Wenn die Mannschaft von Slovan Bratislava heute in den St.-Jakob-Park einläuft, dann werden Erinnerungen wach an nichts weniger als den grössten Erfolg in der Geschichte des tschechoslowakischen Vereinsfussballs. Auf dem Rasen des vormaligen St.-Jakob-Stadions wurde Slovan Europacupsieger. 53 Jahre ist das jetzt her.

Der Fussball aus der Tschecho­slowakei galt damals weit mehr als der slowakische Fussball der Gegenwart. 1962 erreichte die CSSR in Chile den WM-Final, wo man Brasilien 1:3 unterlag. Im Tor stand der legendäre Goalie Viliam Schrojf, ebenso aus den Reihen von Slovan Bratislava wie der gefürchtete Stopper Ján Popluhár, und den Führungstreffer erzielte der noch legendärere Josef Masopust, der Mittelfeldregisseur von Dukla Prag.

Die Liste fabelhafter Fussballer, die das Land hervorgebracht hat, liesse sich mühelos fortsetzen und wäre unvollständig ohne László Kubala Stecz, bekannt auch als Ladislao Kubala und Ladislav Kubala. Der gebürtige Ungar, der ebenfalls einst das Trikot von Slovan trug, der für drei Nationalmannschaften spielte, der über sich sagte: «Ich bin ein Weltbürger», und der den FC Barcelona, den Endspielgegner in Basel, erst gross machte.

Krönung und gleichzeitig das Ende einer goldenen Ära war der Triumph der tschechoslowakischen Nationalmannschaft 1976 im Endspiel der Europameisterschaft gegen Deutschland mit dem ikonischen Panenka-Elfmeter.

Dazwischen lag ebendieser 21. Mai 1969. Es war das erste europäische ­Finale, das im St.-Jakob-Stadion ausgerichtet wurde; bis 2016 sollten dann noch vier weitere in Basel hinzukommen. Die Tschechoslowakei und später die beiden geteilten Länder erreichten weder zuvor noch je danach wieder ein Endspiel.

Einer, der 1969 im Joggeli dabei war, ist Peter Sykora. Als einer von Hunderttausenden Flüchtlingen nach der Niederschlagung des Prager Frühlings war er gerade in der Schweiz untergekommen, als Slovan der Reihe nach NK Bor (Jugoslawien), den FC Porto, die AC Torino und Dunfermline (Schottland) ausgeschaltet hatte, konnte er es kaum glauben: «Das grösste Spiel der Vereinsgeschichte praktisch vor meiner Haustüre, in Basel. Wenn ich schon nicht mehr zu Slovan reisen durfte, kam Slovan eben zu mir!»

Für das Fussballmagazin «Zwölf», das sein Sohn Mämä Sykora mit ins Leben gerufen hat, schrieb Peter Sykora 2013 die ganze wunderbare Geschichte rund um dieses Endspiel auf, auch, wie er auf dem Spielfeld neben Slovan-Captain Alexander Horváth stand, als der Siegerpokal überreicht wurde.

Weniger Fussball-romantisch geht es in der Gegenwart zu. Unter dem Multiunternehmer Ivan Kmotrik spielt Slovan zwar in einem neuen Stadion, feierte der Rekordmeister im Mai den zwölften slowakischen Titel, doch es rumort. Jüngst, nach der Niederlage gegen Pyunik Jerewan, ist Ivan Kmotrik Junior als Generalmanager zurückgetreten, und Trainerlegende Vladimir Weiss, Weggefährte des Klubbesitzers, wird trotz Tabellenführung ständig in Frage gestellt. Da tut es gut, ein bisschen in glorreicher Vergangenheit zu schwelgen.

Slovan Bratislava – FC Barcelona 3:2 (3:1)

Endspiel, 21. Mai 1969 in Basel, St.-Jakob-Stadion. – 19?478 Zuschauer. – SR van Ravens (Niederlande). – Tore: 2. Cvetler 1:0, 15. Zaldúa 1:1, 29. Hrivnák 2:1, 42. ?apkovi? 3:1, 51. Rexach 3:2.

Slovan: Vencel – Fillo, Hrivnák, Horváth, Zlocha – Cvetler, ?apkovi?, Hrdli?ka, Jokl – Móder (67. Határ), ?apkovi?. – Trainer: Michal Vi?an

Barcelona: Sadurní – Franch (11. Pereda), Rifé, Olivella, Eladio – Zabalza, Pellicer, Castro (46. Mendonça), Fusté – Zaldúa, Rexach. – Trainer: Salvador Artigas.

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