Presseschau

Basler Zeitung vom 25.05.2023

Dem FCB droht der nächste «Fall Itten»

Der FC Luzern hat Interesse an Bradley Fink. Dieser schien beim FC Basel auf einem guten Weg. Dann wurde Heiko Vogel Interimstrainer und sass das Talent vor allem auf der Bank.

Oliver Gut

Manchmal sind es Eindrücke. Wie am Sonntag, im Heimspiel gegen den FC Lugano (1:1). Bradley Fink wird in der 81. Minute eingewechselt. Er kommt auch ein paarmal an den Ball. Aber er wirkt unsicher, seinen Aktionen geht die Stringenz ab. Ganz so, wie man sich einen jungen Spieler in der Schlussphase einer wichtigen Partie eben vorstellt, die auf Messers Schneide steht. Jedenfalls dann, wenn er zuvor nur wenige Minuten erhalten hat, um sich in Form zu spielen und ihm das Vertrauen abhandengekommen ist.

Manchmal sind es Zahlen. Bei Bradley Fink sind das 4 und 42. Oder 1 und 20.

Vier Tore hat er im Herbst für den FC Basel erzielt. Das war damals, unter Trainer Alex Frei, der ihm – verteilt auf 23 mögliche Partien – durchschnittlich 42 Minuten Einsatzzeit gewährte. Es waren vielversprechende Werte für einen damals noch 19-jährigen Mittelstürmer, der erst Mitte August von der Reserve von Borussia Dortmund zum FC Basel gewechselt war, um auf Profi-Level Fuss zu fassen. Hinzu gesellte sich abseits des Rasens der Eindruck eines schon ziemlich reifen jungen Mannes, der sich mit dem Club zu identifizieren scheint und sich im Scheinwerferlicht zurechtfindet.

Ja, Fink war auf gutem Weg. Er wirkte bereits wie die Entdeckung der Saison.

Dann kamen die ersten Spiele im neuen Kalenderjahr. Kamen bescheidene Resultate. Und kam Heiko Vogel im Februar als Interimstrainer, weil Alex Frei gehen musste.

Fink war nicht berauschend gewesen in diesen vier Partien bis zum Wechsel an der Seitenlinie. Also setzte Vogel auf Andi Zeqiri, den Stürmer aus dem Dunstkreis der Schweizer Nationalmannschaft. Und auf Jean-Kévin Augustin. Auf die erfahreneren Elemente also, die das vorab beim Europacup-Höhenflug rechtfertigten.

Für Bradley Fink bedeutete das, dass sich seine Einsatzzeit locker halbierte: Nur noch 20 Minuten waren es im Durchschnitt der 25 möglichen Partien unter Vogel. Und nur noch ein Tor wollte ihm dabei gelingen.

Finks Vertrauen vom Herbst, es ging verloren. Ins eigene Spiel und darauf, dass sich seine Situation mittelfristig verbessert. Bereits seit einem Monat, rund um Finks 20. Geburtstag, berichtete die «Luzerner Zeitung», der FC Luzern sei an einer Verpflichtung des Zuger Stürmers interessiert. Gemäss Informationen der BaZ ist dies noch immer so – und soll zumindest Finks genereller Wechselwille nicht kleiner geworden sein.

Konkurrent Hunziker
Auch wenn Heiko Vogel in der neuen Saison «nur» noch Sportdirektor ist und der Trainer Timo Schultz heisst, kann Fink nicht erwarten, dass sich die Dinge in dieser Konstellation rasch verändern. Im Gegenteil, mit Andrin Hunziker hat der FC Basel einen ähnlichen Stürmertyp unter Vertrag, dessen Ausleihe zum FC Aarau endet: Zwei Monate älter und zwei Zentimeter kleiner als der 1,92 Meter grosse Fink, hat der Therwiler acht Challenge-League-Tore in 26 Einsätzen erzielt.

Unter diesen Umständen ist nachvollziehbar, dass Fink und seine Berater sich nach Alternativen umsehen, die Fortschritte ermöglichen. Dass die Verantwortlichen des FC Basel dem nicht a priori im Weg stehen, ist ebenfalls klar: Mag Chief Football Officer David Degen auch hohe Stücke auf das von ihm verpflichtete Talent halten, so dürfte auch er zum Schluss kommen, dass diesem eine temporäre Luftveränderung guttun könnte.

Allein: Verlieren wird man ihn dabei nicht wollen. Nicht nachdem, was Fink im Herbst auf und neben dem Spielfeld gezeigt hat. Generell nicht. Und noch weniger, wenn man an die eigene Vergangenheit denkt, in der es mit einem damals gleichaltrigen Stürmer ähnlich lief. Sein Name: Cedric Itten. Sein aktuelles Label: Schweizer Nationalspieler.

Mahnmal Itten
Ittens Leistungsausweis in Basel war kleiner als jener Finks, weswegen man ihn unterschätzte und 2018 gegen eine überschaubare Ablöse an den FC St. Gallen abgab. Seine Karriere seither war aber beachtlich und hat den Ostschweizern ordentlich Geld gebracht. Danach bei den Glasgow Rangers und bei Greuther Fürth in der Bundesliga, ist Itten inzwischen zweitbester Torschütze dieser Super-League-Saison und Meister mit den BSC Young Boys. Ganz nebenbei hat er auf seinem Weg das eine oder andere Mal jenen Club abgeschossen, bei dem er gewogen und für zu leicht befunden worden war: den FC Basel.

Fragt sich folglich, wie der FCB verhindert, dass sich der «Fall Itten» wiederholt. Denn einen Club zu finden, der zu Finks Entwicklungspotenzial passt, ohne dass dieser eine Möglichkeit hat, den Spieler fix zu übernehmen, ist schwierig. Auch andere wissen schliesslich, wie das Fussballgeschäft funktioniert. Bradley Fink aber gegen seinen Willen zu behalten, wenn man vorerst nicht auf ihn setzt, macht auch wenig Sinn.

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