Presseschau

Schweiz am Sonntag vom 23.10.2016

Sehr geehrter Herr Fischer

ZAUGGS BRIEF

An: Urs Fischer, Trainer FC Basel Betreff: Der ideale FCB-Trainer
ZAUGG

Ich musste mehrmals die Tabellen konsultieren und konnte es fast nicht glauben. Aber es ist, wie es ist: wenn der Teufel nicht schläft, dann sind im nächsten Frühling der FC Zürich und YB noch «europäisch», aber Sie mit dem FC Basel nicht mehr. Obwohl Sie in der nationalen Meisterschaft womöglich doppelt so viele Punkte auf dem Konto haben werden wie der Zweite. Nicht «europäisch» zu sein, mag in einigen politischen Kreisen sexy sein – aber ganz sicher nicht in der Chefetage der grandiosen internationalen Fussballfirma FC Basel.

Und so bin ich gewiss kein Schelm, wenn ich als jeder Polemik abholder Chronist auf den Gedanken gekommen bin, dass es in Basel bald zu einem Trainerentlassungsspektakel kommen könnte. Was ja gar nicht so schlimm ist: Sie wären dann endlich ein grosser und nicht mehr ein gewöhnlicher Trainer. Gewöhnliche Trainer werden in Zürich oder Bern oder Luzern oder Sion, also in der Provinz, wegen Erfolglosigkeit gefeuert. Vornehme Fussballunternehmen entheben hingegen Meistertrainer des Amtes. Das ist der Ritterschlag der Branche.

Tatsächlich hat der FC Basel inzwischen siebenmal hintereinander die Meisterschaft gewonnen und während dieser Zeit, wenn ich richtig gezählt habe, sage und schreibe fünf Trainer beschäftigt: Thorsten Fink, Heiko Vogel, Murat Yakin, Paulo Sousa und Sie. Davor hat es Christian Gross zehn Jahre lang ausgehalten. Was hatte Christian Gross im Übermass, was Fink, Vogel, Yakin, Sousa und Sie nicht haben? Nein, nein, es geht nicht um Fachwissen. Es geht um das, was wir mit dem Wort «Charisma» bezeichnen. Soziologen sagen, das Charisma sei eine der Voraussetzungen der Herrschaft. Ich sage es einfacher: Charisma hat einer, der die Kabine mit seiner Präsenz sofort füllt.

Ich war natürlich noch nie in der FCB-Kabine. Ich kann die Wirkung der FCB-Trainer nur aus den öffentlichen Auftritten beurteilen. Und da wirken Sie so freundlich, bieder und zuvorkommend wie ein Hauptdarsteller aus dem Film «Die Schweizermacher». Sorgsam darauf bedacht, ja niemanden gegen sich aufzubringen, und schon gar nicht die Spieler. Christian Gross hingegen hat etwas von der Arroganz eines Hollywood-Stars. Der ideale FCB-Trainer wäre demnach eine Kombination aus Christian Gross und Ihnen. Sozusagen Urs-Christian Grofi.

Mit freundlichen Grüssen und einem kräftigen Hopp FCB

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