Presseschau

Basler Zeitung vom 02.10.2006

Er war die vertraute Stimme des Stadions

Otto Rehorek wirkte 32 Jahre lang als Stadionspeaker auf dem Landhof und später im «Joggeli»
Ewald Billerbeck

Locker, spontan, publikumsnah: als ehemaliger Stadionspeaker des FC Basel bleibt Otto Rehorek ein unvergessener Kommunikator. Der 84-Jährige blickt auf seine erste Zeit im Landhof zurück.

Dass der Job des Stadionsprechers mehr sein kann als Mannschaftsaufstellungen herunter beten, Torschützen bekannt geben und (früher) Pausenwerbung durchsagen, das bewies Otto Rehorek in seiner Funktion als Speaker bei den Heimspielen des FCB und bei Länderspielen; in über drei Jahrzehnten am Mikrofon, zuerst auf dem Landhof, dann lange Zeit im alten St.-Jakob-Stadion und zwischenzeitlich auf der Schützenmatte. Rehoreks sonore, gelassene Stimme schuf Vertrautheit mit dem Basler Lokalkolorit. Er gewann das Publikum mit spontanen, oft humorvollen Sprüchen bei aussergewöhnlichen Ereignissen auf dem Platz. Seine Mahnungen zur Fairness kamen an. Er konnte aufkommende Spannungen und Aggressionen auf den Rängen mal locker und befreiend, mal dezidiert lösen. Er stand mit den Zuschauern auf du und du; die Stimme des Stadions, ein Identifikationsträger für viele Fussballbegeisterte.

Steckenpferd schauspielerei. Rehorek begann in der Saison 1964/65 auf dem Landhof, den er als Matchbesucher längst bestens kannte. Der Grafiker, bald als Mitglied des Drummeli-Ensembles und Laternenmaler auch ein bekannter Fasnächtler, sprang damals für den erkrankten Stadionspeaker Otto Müller ein; mit ihm teilte er das Steckenpferd der Laienschauspielerei. Die Landhof-Ära neigte sich ihrem Ende zu, und wenn Rehorek zurückblickt, vergleicht er stets seine kurze Zeit als Speaker im alten Stadtstadion mit seiner viel längeren im «Joggeli» bis 1997.

Für Jugendliche. In der Erinnerung bleibe, sagt er, «dass der Landhof die erste Heimat des FC Basel war, dass der FCB auf diesem Fussballfeld gross wurde; das war der Landhof.» Er habe die guten alten Fussballzeiten repräsentiert, in einer heimeligen, familiären Atmosphäre, «ohne dass man ihn jetzt verklären oder unter Denkmalschutz stellen müsste. Aber er müsste ein Platz für die vielen Jugendlichen im Quartier bleiben.»

Was hat diese Atmosphäre ausgemacht? Rehorek: «Das Stadion mitten in den Wohnhäusern war schon optisch eine Besonderheit; eine Situation, die es heute etwa noch in England gibt. Das Publikum befand sich nicht nur nahe am Geschehen, es stand quasi auch in Augenkontakt mit den Schaulustigen, die ringsum aus den Fenstern das Spiel verfolgten.» Man engagierte sich auf den Rängen wie heute heftig für die Heimmannschaft, die Ambiance hatte aber auch immer ihre gemütliche Seite. «Viele Matchbesucher, viele Väter mit ihren Buben, nahmen stets die gleichen Stehplätze ein. Sie begrüssten sich, kannten sich mit der Zeit. Zwischen den Tribünenbänken wurden Getränke verkauft, und es herrschte dort nicht selten eine Stimmung wie in einer Festhütte, auch wenn ausgeprägter als heute die ‹Mehrbesseren› die Tribüne bevölkerten.» Weniger gemütlich wurde es, erinnert sich Rehorek, als von neuen Anwohnern Reklamationen wegen des lauten Mikrofons und anderem sonntäglichen Lärm auf dem Platz kamen.

Meist marschmusik. Dem Stadionsprecher stand ein Speakerräumchen unter der Tribüne zur Verfügung. Dort legte er Platten auf, «damals meist Marschmusik», und stellte die Lautsprecher selbst ein, indem er seine Buben zum «Soundcheck» mittels Daumen hoch und Daumen runter auf die Tribüne schickte. Um etwas vom Match mitzubekommen, musste er das Häuschen verlassen. Draussen gab er die Ansagen durchs Mikrofon am Verlängerungskabel durch. «Auf dem Landhof war alles einfacher, primitiver eingerichtet als danach im St.-Jakob-Stadion», sagt Rehorek, «aber ich kam gut damit zurecht, und viele treue Matchbesucher schätzten diesen Platz sehr.» Der FCB stand auch noch nicht so stark im Fokus; die Basler Clubs Nordstern, Concordia und Old Boys spielten phasenweise in der gleichen Liga, die Fussballanhängerschaft war verteilter als später.

Mit der Ära Benthaus kamen die grossen Erfolge des FCB › und mit ihnen die Massen. Bei spannenden Rencontres vermochte der gute alte Landhof › «im Vergleich zum neugebauten modernen ‹Joggeli› ein Zweitligastadion», wie Rehorek sagt › das Publikum bald nicht mehr zu fassen. Die Spitzenmannschaft zügelte ins St.-Jakob-Stadion, der Landhof gehörte nun den Junioren.

Und die FCB-Euphorie liess ihn fast vergessen. «In dieser Euphorie trauerte man dem Landhof so wenig nach wie später dem ‹Joggeli›, als dieses durch das Bijou des St.-Jakob-Parks abgelöst wurde», erinnert sich der Stadionspeaker, «der Landhof als erste Heimat des FC Basel, das war jetzt Nostalgie.»

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