Presseschau

Baslerstab vom 24.01.2008

D.S.: «Unschuldig in Hooligan-Datenbank»

Claude Buhler

Anstandig, freundlich,
eher schmachtig: Dieser Mann soll ein Hooligan
sein. Seit dem 9. Oktober erlebt der 26-jahrige
FCBFan D.S.* einen Albtraum: "Ich bin unschuldig
in einer Kriminellen-Datenbank eingetragen . und
komme nicht mehr raus." Er spricht von der
Schweizer Hooligan-Datenbank "Hoogan". Dochwie ist
der Sissacher da reingekommen? Alles begann am
Sion-Match 11.August 2007: D.S. ist in der
Muttenzerkurve, fiebert mit dem FCB. Etliche Meter
neben ihm flammt eine verbotene Brand-Fackel auf.
Aber zwei Stewards von Basel United packen nach
dem Spiel D.S. - "du weisst warum", raunzt der
eine. Die Stewards rufen die Polizei. Zwei
Polizisten riechen an D.S.' Handen: kein
Pyrogeruch. Dieser haftet fur gewohnlich an Pyro-
Zundern. Trotzdem: Am 5. September verhangt
FCBSicherheitschef Gerold Dunki gegen D.S. ein
Stadionverbot fur zwei Jahre - nur aufgrund der
Aussage des einen Stewards. Die Staatsanwaltschaft
Basel-Stadt eroffnet ein Strafverfahren gegen D.S.
Verzweifelt wendet sich dieser an
Fanprojekt-Mitarbeiterin Ornella Pessotto. Sie
sucht via Fotos Gegegenbeweise - und findet sie.
Mehrere Fotos zeigen D.S. meterweit neben dem
Tatort. Und diese Fackel ist die einzige, die beim
Sion-Match gezündet worden ist. Ornella Pessotto
kann die entlastenden Fotos dem
FCB-Sicherheitschef vorlegen. Und Gerold Dünki
hebt das Stadionverbot für D.S. am 1. Oktober per
sofort auf – für die gesamte Schweiz, da
«berechtigte Zweifel bestehen », dass D.S. die
Fackel gezündet habe. Der Sissacher ist
erleichtert. Aber nicht für lange! Am 9. Oktober
bekommt er trotz Aufhebung des Stadionverbots Post
aus Bern: Er sei in der «Hoogan »-Datenbank
erfasst. D.S. stellt Antrag auf Löschung, die
Berner Bundespolizisten schmettern ihn jedoch
glatt ab. «Die Voraussetzungen für den Eintrag
sind nach wie vor gegeben», heisst es im Brief –
auch wenn die Beamten einräumen, dass das
Stadionverbot aufgehoben worden sei. Guido Balmer
von der Bundespolizei sagt, dass das den
gesetzlichen Vorschriften entspricht, der neuen
Verordnung über Massnahmen zur Wahrung der inneren
Sicherheit (VWIS). Für volle drei Jahre soll D.S.
nun in der Datenbank drinbleiben. Sein Eintrag
wurde auf «inaktiven Modus» gesetzt – dadurch sei
D.S. nur mehr für «Hoogan»-Beamte des Bundes und
der Kantone sichtbar. Der Punkt ist, dass die
Bundespolizei gemäss VWIS unrichtige Daten löschen
müsste. Deshalb will der KV-Angestellte mit einem
Monatslohn von unter 5000 Franken jetzt vor das
Bundesverwaltungsgericht ziehen. «Ich habe mir
nichts zuschulden kommen lassen », beteuert er.
Die berühmte Zürcher Fan-Anwältin Manuela Schiller
vertritt ihn. Und sie hält den Fall für
symptomatisch: «Im Moment herrscht eine ungeheure
Hysterie im Land. Hier leidet ein Unschuldiger,
obwohl kein Sachverhalt vorliegt.» Am20. Februar
steht D.S. vor dem Strafgericht Basel- Stadt wegen
Verdacht auf Verstoss gegen das
Sprengstoff-Gesetz. Dort könnte auch der Basel-
United-Steward vorgeladen werden, der ihn
anzeigte. Dieser hat sich mittlerweile in einer
E-Mail zu seinem Irrtum bekannt und D.S. um
Entschuldigung gebeten. Basel United wollte zu der
Angelegenheit keine Stellung beziehen.

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Name des Redaktion bekannt

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