Presseschau

Sonntag vom 02.03.2008

Wer kein Jahres-Abo hat, verschmäht den FCB

Beim Schweizer Vorzeigeverein FC Basel stockt der Ticket-Einzelverkauf. Von überhöhten Einzelticketpreisen will der FCB dennoch nichts wissen

Von Bojan Stula

Wer behauptet, dass dem FC Basel die Matchbesucher ausgehen, dürfte für verrückt erklärt werden. Stolze 22 876 Fans haben im St. Jakob-Park die bisherigen elf Meisterschafts-Heimspiele der Super League im Durchschnitt besucht – fast 10 000 mehr als bei der Nummer zwei der Schweizer Zuschauerstatistik, dem BSC Young Boys (13 489). Das ist ein Wert, der den FCB bundesligatauglich macht, und auf den der ganze Rest der Liga neidisch schielt.

Und doch hängt der Basler Fussballhimmel nicht nur voller Geigen. Die enttäuschende Besucherzahl vom vergangenen Mittwoch beim Cup-Halbfinal gegen Thun (10 759) hat ein Problem offen zu Tage treten lassen, das sich schon im Verlauf der Europacup-Kampagne verschärft hat: Der FCB hat zunehmend Mühe, Eintrittskarten im Einzelverkauf abzusetzen. Der Basler Grossverein lebt seit seinem Einzug ins neue Stadion 2001 wie kein anderer von den Abonnenten und ist entsprechend froh um seine 22 500 Jahreskartenbesitzer. Doch wenn ein Spiel auf dem Programm steht, das im Abonnement nicht inbegriffen ist (wie in Europa- und Schweizer Cup), überlegt sich der FCB-Konsument den Ticketkauf zweimal. FCB-Vizepräsident Bernhard Heusler rechnet zum wirklich «harten Kern» der Basler Fussballfans nur etwa 10 000 bis 12 000 Personen; und diese besitzen alle ihre Jahreskarte.

Für Heuslers Aussage spricht nicht nur der verhältnismässig tiefe Zuschauerschnitt im Uefa-Cup (12 366), sondern auch die jüngsten Erfahrungen aus der Super League. Gegen den FC Aarau am Sonntag vor einer Woche wurden nur gerade wenige hundert Einzelkarten ausserhalb des Gästesektors verkauft – ein kümmerlicher Wert angesichts der offiziell anwesenden 20 521 Besucher.

Beim FC Basel stellt man sich auf den Standpunkt, dass diese Flaute in erster Linie darin begründet liegt, dass der unregelmässige Basler Fussballkonsument verwöhnt ist, und seit der grossen Champions-League-Erfolge 2002 nur noch ins Stadion kommt, wenn Gegner der Extraklasse locken. Offenbar liegt diese Messlatte sehr hoch, denn zuletzt konnten Mannschaften wie Rennes oder Brann Bergen nur gerade die Hälfte der sonst üblichen Matchbesucher in den St. Jakob-Park bringen. Selbst das Rückspiel im Sechzehntelfinal des Uefa-Cups gegen Sporting Lissabon wäre zuschauermässig ein Fiasko geworden, wenn nicht die zahlreich anwesenden Portugiesen die Besucherzahl auf 16 360 hochgetrieben hätten. Das Ausbleiben dieser Eintrittsgelder hat Folgen: «Wir konnten den Europacup nur gerade mit einer schwarzen Null abschliessen», sagt FCB-Finanzchef Mathieu S. Jaus zur finanziell mässig befriedigenden Bilanz der Uefa-Cup-Saison 2007/2008. Da beim Verkauf der TV-Übertragungsrechte diesmal kein Glückstreffer dabei war wie jener 2-Millionen-Franken-Deal gegen den FC Middlesbrough im Vorjahr, blieben auch die Einkünfte aus dem TV-Geschäft auf tiefem Niveau.

Doch greift diese Erklärung mit dem «verwöhnten» Basler Gelegenheitsmatchbesucher? Immer lauter werden Klagen über die Basler Preispolitik in Cup-Wettbewerben. Gerade rund um das Sporting-Spiel war aus den «Nobelsektoren A und C viel Unmut zu vernehmen, dass die Uefa-Cup-Preise an die Meisterschaftstarife angeglichen wurden. Das heisst, dass der FCB in den Gruppenspielen und zuletzt gegen die Portugiesen für die besseren Sitzplätze im St. Jakob-Park zwischen 46 und 73.50 Franken pro Eintritt verlangte. Angesichts des Umstands, dass die Jahreskarten für die entsprechenden Sektoren zwischen 480 und 760 Franken kosten, mag manchem Matchbesucher (und vor allem jenen, die ein FCB-Abo besitzen) der Einzeleintritt unverhältnismässig teuer vorgekommen zu sein.

FCB-Mediensprecher Josef Zindel erläutert die Grundüberlegung hinter der Basler Preispolitik: «Wir bieten die Jahreskarten zu extrem günstigen Preisen an, dafür entsprechen die Tarife für die Einzelkarten den in der Super League marktüblichen Preisen.» Von einer Kontroverse rund um die FCB-Ticketpreise will er gleichwohl nichts wissen. «Wir haben augenblicklich gar keine Anzeichen für Unzufriedenheit. Im Gegenteil: Wir werden immer wieder ausdrücklich für unsere moderate Preispolitik gelobt.» Thomas Gander vom Basler Fanprojekt bestätigt diese Wahrnehmung: «Gerade aus dem Bereich der Muttenzer Kurve kamen viele positive Voten, dass sich der FCB im Uefa-Cup bei den Preisen zurückhielt und nur die in der Meisterschaft üblichen 24 Franken für einen Kurvenplatz verlangte.» Widerstand gibt es laut Gander bei den FCB-Fans einzig gegen die überrissenen Tarife und so genannten «Topspiel-Zuschläge» in den Gästesektoren der übrigen Schweizer Stadien. Der jüngste Besucherboykott der Basler Auswärtsspiele im neuen Zürcher Letzigrund legt hierfür beredtes Zeugnis ab.

So oder so: Beim FCB macht man sich sorgenvolle Gedanken über diese Form des Zuschauerschwunds. Das Konzept für ein künftiges «Jahresabo Plus», bei dem die Europacup-Spiele im Gesamtpreis von vornherein inbegriffen sind, wird laut Vizepräsident Heusler von der FCB-Marketingabteilung überprüft. «Doch was passiert, wenn wir uns mal nicht für den Europacup qualifizieren?», fragt Heusler und weist auf die zahlreichen Unwägbarkeiten eines solchen Abo-Modells hin. Letzten Endes entspricht es der Überzeugung des FCB-Vorstands, dass «mit tieferen Eintrittspreisen für Einzeltickets sowieso nicht viel herauszuholen ist. Wenn die Leute nicht kommen wollen, kommen sie nicht.» Für mehr Fans kann laut Heusler nur die Mannschaft sorgen, die «wieder so attraktiv spielen muss, dass alle anderen Faktoren irrelevant werden.»

Manchmal hat der Gegner ein Mitspracherecht

Nicht immer liegt die völlige Autonomie zur Festsetzung der Eintrittspreise an Heimspielen beim FC Basel. Im Schweizer Cup geniessen die jeweiligen Gegner ein Mitspracherecht, da nach Abzug von 10 Prozent für den Organisationsaufwand die restlichen 90 Prozent der Matcheinnahmen zwischen den beiden Cup-Gegnern aufgeteilt werden. So wollte der FCB im Viertelfinal gegen den Erstligisten Stade Nyonnais einen zuschauerfreundlichen Einheitspreis für alle Sitze von 10 Franken durchsetzen. Doch der Erstligist beharrte auf den üblichen Eintrittspreisen. Die Folge: Es kamen nur 8430 Fans ins Stadion. (bos)

Ticketpreise

Ab 18.50

Die aktuelle Preisspanne für reguläre Einzeltickets im St. Jakob-Park reicht von 18.50 Franken für einen Jugendlichen im Parkett der Muttenzerkurve bis hin zu 73.50 Franken für einen Parkettplatz in den «Edelsektoren» A1, A2, A5, und A6. Jahreskarten kosten zwischen 220 und 760 Franken. Bis zur Euro 08 wünscht sich Vizepräsident Bernhard Heusler noch zwei ausverkaufte FCB-Spiele im St. Jakob. (bos)

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