Presseschau

Basler Zeitung vom 06.05.2008

«Huggel ist auf dem Balkon der Chef»

Marco Streller beantwortet als Spieler des Monats Fragen der baz-Leserinnen und Leser
Florian Raz

Der Topscorer des FC Basel darüber, wo er sich seine Sporen noch abverdienen muss, die Scherze des Captains und Pfiffe gegnerischer Fans.

Diego Persenico: Marco Streller, Sie werden bei den meisten Auswärtsspielen ausgepfiffen. Wie gehen Sie damit um?

Marco Streller: Das ist für mich in erster Linie eine Bestätigung für meine guten Leistungen. Ich weiss noch genau, dass meine Kollegen und ich früher auch immer gegen Kubilay Türkyilmaz Stimmung gemacht haben, ganz einfach darum, weil er viele Tore geschossen hat. Was mich aber extrem stört, ist, wenn ich bei der Nationalmannschaft vom eigenen Publikum ausgepfiffen werde.

Diego Persenico: Auch nach dieser Saison werden einige Spieler den FCB verlassen. Ist das als Profi kein Problem, immer wieder Kollegen zu verlieren?

So ist das Geschäft eben. Ich bin ja damals auch ins Ausland gegangen. Ich denke, es ist vor allem eine Herausforderung für die Clubs – gerade in der Schweiz. Darum ist der Erfolg des FCB umso wertvoller. Beim FC Zürich jammern sie jetzt über all die Spieler, die gegangen sind. Basel erlebt das jedes Jahr – trotzdem holen wir Titel. Und persönlich: Du hast als Fussballer viele Kollegen. Aber eine tiefe Freundschaft, so wie sie mich und Benjamin Huggel verbindet, ist eher selten.

Hannes Tschäppeler: Verträgt sich Spitzenfussball mit Nikotin- und Alkoholkonsum?

Es ist sicher nicht förderlich. Darum lebe ich in diesen Wochen, in denen es ja um alles geht, total für den Fussball. Aber wenn man einmal ein freies Wochenende hat, warum sollte man da nicht ein Bier trinken dürfen?

Hannes Tschäppeler: Im Schweizer Fernsehen analysiert Urs Zeiser die Körpersprache im Fussball. Nun hat er Reto Zanni beim FCB als Aussenseiter erkannt. Zu Recht?

Das ist absoluter Blödsinn. Ich mag die Beiträge von Herrn Zeiser. Aber in diesem Fall lag er völlig daneben.

Hannes Tschäppeler: Sie zeigen als grosser Motivator auf dem Feld jetzt schon Trainerqualitäten. Werden Sie einmal Ausbildner?

Danke für das Kompliment. Ich bin sicher reifer geworden. Und weil ich vom Trainer als Führungsspieler behandelt werde, kann ich meine Erfahrung einbringen. Ob ich Talent als Trainer hätte, weiss ich nicht. Aber ich werde sicher nie ein Team trainieren. Mich interessiert mehr der Marketing- oder Manager-Bereich.

Katharina Ott: Werden Sie den FCB wirklich nie mehr verlassen?

Das habe ich bei meinem Amtsantritt, also, bei meinem Antritt hier in Basel, gesagt. Momentan gehe ich weiter davon aus. Aber im Fussball kann man so etwas nie garantieren.

Melanie Ott: Sind Sie für die jungen Spieler so etwas wie der grosse Bruder – oder doch bereits eine Vaterfigur?

(Lacht) Na, so alt bin ich auch noch nicht. Also eher der Bruder. Aber die Jungen machen es mir auch sehr einfach. Die haben nicht nur Talent, sondern auch einen hervorragenden Charakter. Darum traue ich ihnen eine grosse Karriere zu.

Stephan Kraschnig: Wie hoch sind Ihre Jass-Schulden beim Duo Frei/Stocker?

Die Frage muss lauten: Wie hoch sind deren Schulden bei mir und Benjamin Huggel? Die sind so hoch, und die beiden sind so jung, dass wir die Summe durch zehn teilen müssen.

Katharina Ott: Haben Sie schon daran gedacht, die Weisheitszähne ziehen zu lassen? Das soll gegen Verletzungen helfen.

Ich habe das auch schon gehört und mit Ärzten und Zahnärzten besprochen. Meine Verletzungen hatten aber nichts damit zu tun. Aber danke für den Tipp.

Melanie Ott: Warum haben Sie eigentlich Benjamin Huggel das Mikrofon bei der Cupfeier überlassen?

Beni ist auf dem Balkon der Routinier, der Chef. Ich muss mir erst meine Sporen abverdienen. Aber gut möglich, dass ich mir das Mikrofon einmal greifen würde, sollten wir tatsächlich Meister werden…

Selma Kunz: Sie wurden mit dem VfB Stuttgart Deutscher Meister. Kann diese Feier in Basel noch getoppt werden?

In Stuttgart waren 300 000 Menschen auf der Strasse. Es wird schwierig, in Basel mehr zu bekommen, wenn man die Grösse der Stadt anschaut (lacht). Aber emotional wäre ein Meistertitel in Basel für mich höher anzusiedeln.

Katharina Ott: Können Sie die Nationalhymne singen? Und finden Sie es gut, dass Nationaltrainer Köbi Kuhn das Singen vor der Euro üben will?

Ja, ich kann die Hymne singen. Und ich finde es richtig, dass wir sie noch einmal anschauen – wenn man sieht, mit welchem Stolz die Engländer und die Deutschen immer singen.

Beat Albisser: Warum spielt der FCB nicht mehr Pressing? Das würde die Gegner in der Super League doch zu Fehlern zwingen?

Da vertraue ich voll und ganz auf unseren Trainer, der in diesen Dingen der Fachmann ist. Klar ist, dass die Gefahr auf Konter steigt, je früher man attackiert.

Vincent Bröckelmann (12 Jahre): Würden Sie einmal bei uns beim FC Oberdorf im Training vorbeischauen? Sie bekämen von mir auch ein Red Bull und einen selbstgebackenen Kuchen.

Das ist sehr lieb. Aber ich habe sehr viele solcher Anfragen – und wenn ich an den einen Ort gehen würde, müsste ich zu all den anderen auch gehen. Dazu reicht die Zeit nicht. Aber wenn wir uns sonst einmal treffen, trinke ich gerne ein Red Bull.

Cleo Eberhard: Telefonieren Sie derzeit noch mit Hakan Yakin?

Ja, wir haben oft Kontakt. Natürlich nehmen wir uns ab und an etwas hoch, aber Hakan wird vor und nach dieser Entscheidung mein Freund bleiben. Er hat mir während meiner Verletzung viel Kraft gegeben, weil er etwas Ähnliches durchgemacht hat.

Igor Prpic: Wurden Sie auch schon einmal von Ivan Ergic auf den Arm genommen?

(Lacht) Nein, eher im Gegenteil: Er spannt mich manchmal ein. Ich bin also mehr Komplize als Opfer.

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