Presseschau

Tagesanzeiger vom 06.05.2008

«Der Schock über die Krawalle von Basel sitzt tief»

Vier Tage nach den Krawallen beim Klassiker FC Basel gegen den FC Zürich beginnen die Vereine und die Liga mit der Aufarbeitung der Ereignisse.
Von Peter Bühler, Ueli Kägi und David Wiederkehr

Die schweren Ausschreitungen während und nach der Super-League-Partie zwischen dem FC Basel und dem FC Zürich vom vergangenen Freitagabend beschäftigen die Klubs, die Stadionbetreiber in Zürich und Basel sowie die Swiss Football League weiter. So tagte gestern Montag die Sicherheitskommission der Liga während drei Stunden, um die Vorkommnisse im St.-Jakob-Park zu analysieren. Beim FCZ traf sich der Verwaltungsrat zu einer ausgedehnten Sitzung.

Die Basler Staatsanwaltschaft hat ein Strafverfahren gegen Unbekannt wegen Gefährdung des Lebens eingeleitet. Und auch Bundesrat Samuel Schmid sowie Fifa-Präsident Sepp Blatter verurteilten die Geschehnisse aufs Schärfste. Der TA konfrontierte Exponenten aus Klubs und Liga mit fünf Fragen. Sie sollen einerseits Aufschluss darüber geben, wie die Schuldigen eruiert werden können und anderseits aufzeigen, wie der Fall juristisch aufgearbeitet werden wird.

1. Wie können die Auslöser der Krawalle eruiert und zur Rechenschaft gezogen werden?

Peter Landolt, Präsident Sicherheitskommission Swiss Football League: «Wir haben die ersten Bilder der Krawalle ausgewertet. Es gibt gestochen scharfe Aufnahmen, mit welchen wir die fehlbaren Fans überführen können. Es ist wichtig, dass Polizei, Strafverfolgungsbehörden und die Vertreter der Klubs nun eng zusammenarbeiten und alles tun, um diese Leute zu eruieren. Für Kantönligeist ist endgültig kein Platz mehr. Die Gewaltbereitschaft hat eine Dimension angenommen, die nicht mehr tolerierbar ist. Wichtig ist, dass rasch gehandelt wird und möglichst schnell Strafen ausgesprochen werden, damit die Öffentlichkeit sieht, dass endlich etwas gegen Krawallanten in Fussballstadien unternommen wird.»

2. Reicht der FCZ gegen die gewalttätigen Fans Strafanzeige ein?

Marcel Rochaix, Verwaltungsrat und Vereinsjurist FCZ: «Wir werden Strafanzeige gegen Unbekannt einreichen und, wenn die fehlbaren Leute einmal eruiert sind, diese Anzeigen personifizieren. Ich erwarte nicht, dass es zu Geisterspielen im Letzigrund kommen wird, aber mit einer hohen Busse muss der FCZ rechnen - nicht zum ersten Mal übrigens.

Der FCZ musste diese Saison wegen fehlbaren Verhaltens seiner Fans bereits 113 400 Franken an Bussen bezahlen. Wir haben diverse Male versucht, auf die Verursacher Regress zu nehmen und haben ihnen die Bussen samt Einzahlungsscheinen zugestellt. Bezahlt hat bis heute keiner. Aber im Moment bearbeiten wir einen Pilotfall, den wir bis zum Ende durchziehen werden. Es muss doch endlich aufhören: Ein paar unverbesserliche Fans schmuggeln Pyros ins Stadion, vor allem bei Auswärtsspielen, sie zünden diese und gefährden so andere Leute - und bezahlen soll dafür immer der Verein.»

3. Sind die gleichen Leute, die im St.-Jakob-Park für Krawalle sorgten, am Dienstagabend beim Spiel FCZ - St. Gallen zugegen?

Peter Landolt, auch Stadionmanager Letzigrund: «Wenn sie klug sind, lassen sie sich nicht blicken. Mehrere Fans, sowohl vom FCZ als auch von GC, die in der Vergangenheit im Letzigrund für Unruhe sorgten, sind bereits mit einem Stadionverbot belegt - entweder mit einem Rayonverbot, das ihnen untersagt, in die Nähe des Stadions zu kommen; oder mit einer Meldeauflage, die beinhaltet, dass sie sich zur Spielzeit auf einem Polizeiposten einfinden müssen. Bei Nichtbeachtung wird diese Strafe weiter verschärft.

Es ist wahrscheinlich, dass nun nach dieser Partie des FCB gegen den FCZ weitere Stadionverbote verhängt werden. Was FCZ - St. Gallen betrifft: Ich bin mir ziemlich sicher, dass bei diesem Spiel alles ruhig bleiben wird. Der Schock über die Krawalle von Basel sitzt tief, auch bei den Verursachern. Ich denke, einigen von ihnen wurde erst im Nachhinein richtig bewusst, was sie angerichtet haben. Das Sicherheitsdispositiv für FCZ - St. Gallen ist das gleiche wie bei allen anderen Super-League-Spielen im Letzigrund. Es hat sich in der Vergangenheit als sehr wirksam erwiesen. Jeder Zuschauer kann ohne Angst ins Stadion kommen.»

4. Ist die Polizei überhaupt befugt, im Innern des Stadions einzugreifen?

Jonas Blechschmidt, Stadionmanagment Basel United: «In der Sicherheitszentrale des St.-Jakob-Parks ist die Polizei neben dem internen Sicherheitsdienst immer auch vertreten. Sie schreitet bei Eskalationen im Innern des Stadion ein. Das ist allerdings immer ein gemeinsam abgesprochener Prozess zwischen dem Sicherheitsdienst und der Polizei. Ausserhalb des Stadions ist die Polizei mit Spezialeinheiten vor Ort, um die Sicherheit der Stadionbesucher zu gewährleisten.»

5. Wie verläuft die Untersuchung durch die Swiss Football League, und wann ist mit der Bestrafung des FCZ zu rechnen?

Roger Müller, Sprecher Swiss Football League: «Erst werden der Bericht des Matchinspizienten Peter Landolt sowie der Matchrapport von Schiedsrichter Sascha Kever dem Sicherheitsbeauftragten der Swiss Football League, Ulrich Pfister, vorgelegt. Dieser trägt zusätzlich verfügbare TV-Bilder, Kamera-Aufnahmen oder Fotografien zusammen und leitet das Dossier an Dieter Caliezi weiter, den Disziplinarrichter der Liga in Sicherheitsaspekten. Dieser entscheidet, ob die Busse gegen den FCZ 10 000 Franken übersteigen könnte.

Für den Fall, dass die Summe darüber liegt, ist nicht Caliezi zuständig, sondern die Disziplinarkommission unter der Leitung von Odilo Bürgy. Diese leitet in der Folge die Beweisführung und holt Stellungnahmen bei allen beteiligten Parteien ein. Weil die Mitglieder der Disziplinarkommission ihre Arbeit im Nebenamt ausüben, ist angesichts der Tragweite eines Entscheides mit einer Verfahrensdauer von mehreren Wochen zu rechnen.»

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