Tagesanzeiger vom 23.10.2008
3:0 nach 22 Minuten und 5:0 am Ende. Der FC Barcelona führte den punktlosen FC Basel im dritten Champions-League-Spiel vor. Er hätte noch höher gewinnen können.
Von Ueli Kägi, Basel
Auf der Ersatzbank sassen die Weltstars Iniesta, Eto’o und Henry. Wer glaubte, das vergrössere die Chancen für den FC Basel, wenn er auf den FC Barcelona treffe, der musste vor 37 500 Zuschauern im ausverkaufen Stadion nicht lange auf den Gegenbeweis warten. 22 Minuten waren gespielt, als der 18-jährige Bojan Krkic von der Strafraumgrenze aus mit einem Flachschuss ins Tor traf. Es war nicht das 1:0. Und auch nicht das 2:0. Es war das 3:0 der Katalanen.
Von einer «Sternstunde für den Basler Fussball» hatte FCB-Trainer Christian Gross geträumt. Was seine Mannschaft erlebte, war die Lektion vom St.-Jakob-Park. Der Unterschied zwischen Schweizer Spitzenfussball und europäischer Extraklasse. Der Vergleich zwischen 30-Millionen-Franken-Budget und 320-Millionen-Euro-Jahreseinnahmen.
Barcelona trat auf mit aller Lust auf schnellen und kunstvollen Fussball. Für das erste Tor spielte der brasilianische Aussenverteidiger Alves einen Aussenrist-Steilpass in den Strafraum. Dort stand Messi bereit, um an Costanzos Standbein vorbei einzuschieben. Das 2:0 des spanischen U-21-Nationalspielers Busquets hatte Xavi ebenso mit einem Zuspiel in die Tiefe eingeleitet.
Der FC Basel stand auch auf dem Rasen, er hätte auch gerne etwas besser mitgespielt, mangelnde Arbeitsbereitschaft war ihm nicht vorzuwerfen. Er hatte einfach nicht den Hauch einer Chance, er war überfordert von Technik und Tempo, er verteidigte bisweilen auch naiv, er lief Ball und Gegner hinterher. Oder wie Gross später feststellte: «Unser Spiel ohne Ball war völlig ungenügend.» Der FC Barcelona habe seiner Mannschaft die Grenzen aufgezeigt. «Er spielte extrem stark und war mit seiner Schnelligkeit überlegen.» Mittelfeldspieler Ivan Ergic sprach von zwei Klassen Unterschied.
Es hätte nichts am Spielausgang verändert, wenn Streller in der 10. Minute alleine vor Goalie Valdes den Ball besser hätte kontrollieren können. Gross’ Idee, mit der Nomination der Nationalstürmer Streller und Derdiyok die gegnerischen Verteidiger zu beschäftigen, blieb ohne Effekt. Barcelona hingegen spielte sich Mal für Mal durch die Basler Reihen.
Was Feinarbeit ist, sah manchmal so leicht aus wie im Training ohne Gegenspieler. Die Mannschaft streute dort eine nette Freistoss-Variante ein und da einen verspielten Angriffszug. Sie hätte bis zur Pause 4:0, 5:0, 6:0 führen können, wenn der holländische Schiedsrichter Braamhaar bei einem Penalty- und Platzverweis-würdigen Foul von Goalie Costanzo an Messi nicht beide Augen zugedrückt hätte. Wenn Krkic und Alves, Busquets oder Hleb aus ihren hochkarätigen Chancen mehr herausgeholt hätten. Wenn Costanzo nicht mehrmals stark reagiert hätte. Wenn Barcelona nicht auch noch fälschlicherweise aus dem Offside zurückgepfiffen worden wäre.
Auf 70 Prozent Ballbesitz kamen die Spanier in den ersten 45 Minuten. Sie benötigten nach der Pause 39 Sekunden um nachzuholen, was sie vorher schon angekündigt hatten: das 4:0 durch Krkic. Zwei Minuten später gelang Xavi das 5:0. Und wiederum neun Minuten später bekam Henry Auslauf, da war der Match allerdings auf dem Weg zum Freundschaftsspiel. Zwei Gelegenheiten vergab Henry noch. Auf der anderen Seite durfte sich Basel noch drei Chancen erspielen. Streller (63.), Eduardo (90.) und Ergic (91.) blieben erfolglos. Die Heimmannschaft wurde vom Publikum trotzdem mit Applaus verabschiedet, und Gross wehrte sich dagegen, von einer Demütigung zu reden. «Das wäre zu hart.»
Höchste Heimniederlage
1963 hatte der FC Basel im Cup der Cupsieger gegen Celtic sein Heimspiel 1:5 verloren. Dieses 0:5 ist seine höchste Heimniederlage im St.-Jakob-Park und die dritte Niederlage im dritten Champions-League-Spiel dieser Kampagne. Er lebt nach den ersten Erfahrungen nur von der Hoffnung, wenigstens noch Platz 3 und den Uefa-Cup zu erreichen, während Barcelona verlustpunktlos an der Spitze steht. Die nächste Reise führt die Schweizer in zwei Wochen zum direkten Rückspiel ins Camp Nou. Möglicherweise ist die Vorfreude auf den anderen FCB nicht mehr ganz so gross wie vor dem gestrigen Abend.