Basler Zeitung vom 06.12.2001
Die historischen Dokumente des FC Basel werden im
Rahmen eines Pilotprojekts von Staatsarchiv und
Sportmuseum sortiert, gewartet und archiviert.
Ausserdem erschien ein Buch über die
Gründungszeit.
Hans-Dieter
Gerber mit seinem Buch über die Gründerzeit des
FC Basel. Foto Erwin Zbinden
Basel. Irgendwo im Bauch der Tribüne des
altehrwürdigen Fussballstadions Landhof hatten
sich in einer staubigen Kammer die Dokumente seit
der Vereinsgründung im Jahr 1893 angesammelt -
auf Regalen, in Ordnern, in Kisten oder einfach
aufeinander gestapelt. «Ein riesiges
Durcheinander», wie Daniel Kress,
wissenschaftlicher Archivar, gestern sagte.
Immerhin, noch rechtzeitig entdeckt, denn «als
wir vom Verkauf des Landhofareals hörten, da
läuteten die Alarmglocken», sagte Max Triet,
Direktor des Schweizer Sportmuseums an der Basler
Missionsstrasse. «Die Akten des FCB wären
verkümmert, wenn wir nicht eingegriffen
hätten.»
Gegen
die «Aktenkillerei»
Triet weiss zu gut,
wie Sportvereine und Verbände teilweise mit ihren
historischen Akten umgehen, der BSC Young Boys
beispielsweise habe nach Verfassung seines
Jubiläumsbuches einfach alle Dokumente in den
Kehricht geworfen - andernorts wirds nicht anders
laufen, und dieser «grassierenden Aktenkillerei»
soll Einhalt geboten werden. Im Fall des FC Basel
geschieht dies im Rahmen eines in der Schweiz
wohl einzigartigen Pilotprojektes, an dem
Staatsarchiv, Sportmuseum, aber auch der Verein
selbst, der einen Teil der Kosten zu tragen hat,
beteiligt sind.
So werden nun 40 Laufmeter an
Unterlagen, Trophäen, Wimpeln, Bildern,
Autogrammkarten, als Besonderheit ein
Kehrichtsack voll mit Fanpost nach dem letzten
Meistertitel 1980, und vieles mehr fein
säuberlich erfasst, entstaubt, in Schwung
gebracht und archiviert - die schriftlichen Akten
im Basler Staatsarchiv, die Objekte im
Schweizerischen Sportmuseum. Bis in zwei Jahren
hofft man die aufwändige Arbeit abgeschlossen zu
haben, dann, so versprach Max Triet anlässlich
einer Vernissage gestern Abend, hoffe er auch,
eine erste Ausstellung über den FC Basel zusammen
stellen zu können.
Ein erstes Resultat mit der
historischen Auseinandersetzung präsentierte
gestern Hans-Dieter Gerber als Autor eines Buches
über die Gründerzeit des FC Basel von 1893 bis
1914, aus einer Zeit, in der der Fussball vor
allem in England, noch nicht aber in der Schweiz
eine bedeutende gesellschaftliche Rolle gespielt
hatte. Gerber untersuchte das Umfeld, die
Spielweise und die Bedeutung des Fussballs in
Basel in jener Pionierzeit. Und er fand anhand
von Spielberichten, die damals nicht von allzu
kritischen Journalisten, sondern von den Spielern
selbst verfasst worden waren, heraus, dass der FC
Basel jener Zeit Wert auf ein schönes
Zusammenspiel, Geschicklichkeit, Fairplay und
Zurückhaltung im Körperspiel legte. Das hatte
damit zu tun, dass die Spieler und das Umfeld des
Clubs eher der oberen Gesellschaftsschicht
zuzuordnen waren und man sich wohl von der damals
gängigen, sehr ruppigen Spielweise in der Schweiz
abheben wollte - allerdings lange Zeit mit
geringem Erfolg.
Tagesgeschäft vor
Vergangenheit
Werner Schmid,
Clubleitungsmitglied des FC Basel, räumte ein,
dass Gedanken an Akten und Archive in früheren
Vereinsführungen (aber auch in der aktuellen)
angesichts der Belastungen des täglichen
Geschäftes kaum Raum fanden. Deswegen sei man
auch froh, dass das Vereinsarchiv nun
professionell aufbereitet würde. Die Kosten, die
dem Club daraus entstehen, sollen mit
Spezialaktionen gedeckt werden.
Daniel
Schaub
«Die Gründerzeit des FC Basel von 1893
bis 1914» von Hans-Dieter Gerber ist im Friedrich
Reinhardt Verlag, Basel, erschienen.