Presseschau

Basler Zeitung vom 02.11.2009

«Das können wir nicht durchgehen lassen»

Wieder verletzt und vom Platz gestellt – Trainer Fink ist verärgert über die Rote Karte von David Abraham
Marcel Rohr

Mit einer Mischung aus Wut und Schmerz rempelte der Argentinier seinen Landsmann Gonzalo Zarate an und sah dafür die Rote Karte. Damit verschärft Abraham das Abwehrproblem beim FCB – und erntete für seinen heftigen Ausraster einen Rüffel seiner Vorgesetzten.

Thorsten Fink war die Enttäuschung anzusehen. «Ich kann mich über unseren Sieg nicht freuen», sagte der Trainer des FC Basel nach dem 3:1-Erfolg über GC. «Auch wenn Abraham Südamerikaner ist und Temperament hat, auch wenn es bitter ist für ihn – das können wir nicht durchgehen lassen.» Mit «das» meinte Fink den Ausraster seines Abwehrchefs in der 58. Minute: Mit einem miesen Foul traf GC-Stürmer Gonzalo Zarate genau den lädierten Knöchel Abrahams. Schiedsrichter Daniel Wermelinger stand rund fünf Meter daneben und liess Zarates Tat ungestraft. Dies brachte den FCB-Spieler derart auf die Palme, dass er humpelnd Zarate attackierte – und ihn unsanft zu Boden stiess. Wermelinger zückte sofort die Rote Karte, und auf dem Weg in die Kabine musste Abraham von Teambetreuer Gusti Nussbaumer sowie den Ärzten Felix Marti und Markus Rothweiler zurückgehalten werden, derart in Rage war der 23-Jährige.

Abraham wurde sofort ins Bruderholzspital gefahren. Nach einem Röntgenuntersuchung und einem ersten medizinischen Check konnte gestern noch keine genaue Diagnose gestellt werden, wie lange der Argentinier verletzungsbedingt fehlen wird; zu stark war die Schwellung im Gelenk. Abraham ist beim FCB der Pechvogel der Woche, denn am letzten Sonntag war er schon von Luzerns Frimpong derart unglücklich am Knöchel getroffen worden, dass eines der drei Bänder leicht riss. Den FCZ-Match am Mittwoch verpasste Abraham. Am Samstag jedoch wollte er der Mannschaft unbedingt helfen. Er schluckte Schmerzmittel, stabilisierte den Fuss mit Tape und biss auf die Zähne. «Er ist ein harter Kerl», hat Teamkollege Benjamin Huggel bemerkt, «und man muss ihn in dieser Szene auch verstehen, denn Zarates Foul war ziemlich übel.»

Pause und Busse. Seine Unbeherrschtheit wird Abraham mindestens zwei Spielsperren einbrocken, vielleicht sogar drei. Und da in der Super League in diesem Jahr nur noch drei Runden – Xamax, YB, Bellinzona – auf dem Programm stehen, ist diese Prognose sehr wahrscheinlich: Der hochtalentierte Innenverteidiger wird 2009 nicht mehr viele Meisterschaftsspiele absolvieren. Es bleibt die Hoffnung auf Einsätze in Cup und Europa League – vorausgesetzt, die Bänder sind nicht allzu gravierend verletzt.

Gewiss ist Abraham aber auch eine vereinsinterne Busse für diese Disziplinlosigkeit; die Enttäuschung über seinen Fehltritt war allen FCB-Beteiligten anzumerken, beispielsweise Vizepräsident Bernhard Heusler, der sich zum Vorfall nicht äussern wollte. Support bekam Abraham aus dem Kreis der Mannschaft. «Er ist noch jung, und dies war eine Brutalo-Attacke von Zarate», sagt Stürmer Marco Streller. Der grossartig auftrumpfende Stürmer war dafür besorgt, dass Abraham nicht der einzige Akteur war, der frühzeitig unter die Dusche musste. Zuerst konnte GC-Innenverteidiger Guillermo Vallori den formstarken FCB-Angreifer nur mit einer Notbremse stoppen (56.), und in der Nachspielzeit riss der eingewechselte Jeff Strasser Streller wie einen Schwinger zu Boden. Drei (korrekte) Platzverweise beim ewigen Klassiker – die über 22 000 Zuschauer hatten sich nach den 95 Minuten wieder einmal viel zu erzählen.

lösung finden. Fink kann sich derweil wieder eine neue Innenverteidigung zusammenbasteln. Der schnelle Abraham wird beim FCB eine Lücke reissen, er ist klar der beste Partner zum soliden, aber manchmal etwas behäbigen Cagdas. Auf der Hand liegt die Lösung mit Cabral, der überzeugte zuletzt jedoch auch im Mittelfeld. Benjamin Huggel könnte ebenfalls eine Linie nach hinten rutschen, doch wie wertvoll der Nationalspieler im Mittelfeld ist, bewies er gerade gegen die Zürcher wieder.

Möglich, dass Fink noch einen weiteren Mittelfeldakteur ersetzen muss. Valentin Stocker blieb am Samstag mit einer Gesässmuskelzerrung in der Garderobe – eine Randnotiz in der allgemeinen Aufregung um David Abraham.

einzelkritik

massimo colomba

| 4,5 | War nicht mal im Ansatz so gefordert wie noch am Mittwoch gegen den FCZ. Einen Freistoss sowie einen Kopfball von Cabanas pflückte er souverän. Beim Gegentor machtlos.

samuel inkoom

| 4,5 | Es dauerte lange, bis der U20-Weltmeister in die Spur fand. Viele Vorstösse missrieten. Doch nach der Pause legte er zu und kurbelte das Offensivspiel unermüdlich an.

david abraham

| 2 | 58 Minuten bewies der Argentinier, wie wertvoll er hinten im Zentrum ist. Souverän lief er die Bälle ab. Doch sein Ausraster gegen Zarate darf einem Profi wie ihm nicht passieren.

cagdas

| 4,5 | Gegen schnelle Angreifer wie Lulic oder Zarate hat er seine Mühe. Doch er ist trotzdem die ideale Ergänzung zu Abraham, weil er gut dirigiert und sehr stark im Kopfballspiel ist.

behrang safari

| 5 | Ein starker Auftritt des Schweden. Ungemein flink auf den Beinen und stets bemüht, auch im Spiel nach vorne Akzente zu setzen. Biss sich durch, gerade in den Schlussminuten.

benjamin huggel

| 6 | Verlor im zentralen Mittelfeld praktisch keinen Zweikampf, verteilte die Bälle, führte die Jungen und schoss dazu zwei entscheidende Tore. Besser gehts kaum.

Scott CHipperfield

| 4,5 | Musste sich im rechten Mittelfeld zuerst etwas finden, ehe er in Schwung kam. Sein einfaches, direktes Passspiel und seine Torgefahr sind für den FCB immer noch sehr wertvoll.

marcos Gelabert

| 4,5 | Vorbildlich, wie lauf- und kampfstark er sich Bälle erobert. Zwischendurch fehlt das kühle Blut für den richtigen Pass oder die Entschlossenheit vor dem gegnerischen Tor.

Valentin Stocker

| 4,5 | Mit einem wichtigen Assist vor Strellers 2:1 bewies er Effizienz und Spielstärke. Musste zur Pause mit einer Zerrung im Gesässmuskel in der Kabine bleiben.

Alex Frei

| 4 | Dauernd unterwegs, stets anspielbar. Leitete den Ausgleich ein. Doch bei allem Fleiss: Etliche Pässe fanden das Ziel nicht, es fehlte ihm etwas an Glück und Raffinesse.

marco Streller

| 6 | Der nächste Galaauftritt des Aeschers. Leistete die Vorarbeit zum 1:1 und 3:1, provozierte zwei Platzverweise und schoss auch noch das 2:1. Ungemein lauf- und dribbelstark.

xherdan shaqiri

| 3,5 | Für einmal keine Belebung nach seiner Einwechslung. Ihm fehlt momentan etwas die Unbekümmertheit, und vor allem: er muss im Mittelfeld konsequenter nach hinten arbeiten.

Cabral

| - | Ersetzte den ausgepumpten Gelabert und gewann sogleich einige wertvolle Zweikämpfe im Mittelfeld. Auf ihn ist Verlass. Zu kurz im Einsatz um benotet zu werden.

federico almerares

| - | Kam spät für Alex Frei. Zu kurz im Einsatz, um benotet zu werden.

Benotung

| 6 | = Sehr gut | 5 | = Gut | 4 | = Genügend | 3 | = Ungenügend | 2 | = Schlecht | 1 | = Sehr schlecht

FC basel–grasshoppers 3:1 (2:1)

Stadion: St.-Jakob-Park.

Zuschauer: 22 817.

Schiedsrichter: Wermelinger.

Tore: 28. Smiljanic 0:1 (Kopfball aus kurzer Distanz). 34. Huggel 1:1 (Flachschuss aus 11 Metern, Vorarbeit Streller). 41. Streller 2:1 (Abstauber aus 2 Metern nach Volleyabnahme Stocker auf Flanke Inkoom). 90. + 5 Huggel 3:1 (Foulpenalty; Strasser an Huggel).

Wechsel Basel: 46. Shaqiri für Stocker. 83. Cabral für Gelabert. 87. Almerares für Frei.

Wechsel GC: 64. Feltscher für Cabanas. 64. Strasser für Zuber. 83. Basha für Schultz.

Verwarnungen Basel: 21. Stocker (Handspiel), 72. Inkoom (Foul), 76. Cagdas (Foul).

Rote Karte Basel: 58. Abraham (Tätlichkeit).

Verwarnungen GC: 23. Salatic (Foul), 40. Lulic (Foul), 78. Feltscher (Foul), 84. Smiljanic (Foul).

Rote Karten GC: 56. Vallori (Notbremse gegen Streller). 90. + 4 Strasser (Notbremse gegen Streller).

Bemerkungen: FCB ohne Carlitos, da Silva, Costanzo und Marque (alle verletzt). GC ohne Colina, Renella (beide verletzt) sowie Callà (gesperrt).

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