Aargauer Zeitung vom 28.12.2009
U17-Weltmeister Kofi Nimeley hat ein bewegendes Jahr hinter sich – nicht nur im Positiven
Die U17 hat für das schönsteMärchen des Sportjahres 2009gesorgt. Mit dabei war auchKofi Nimeley. Der 17-Jährige verletzte sich eine Woche vor Turnierbeginn und verlor so seinen Stammplatz. Die Geschichtedes «Unglücklichen» unter den Glücklichen, der bei den Sports Awards dafür Losglück hatte.
Adrian Hunziker
Drei Minuten vor dem Ende wird der Mittelfeldspieler Nimeley eingewechselt. Er gibt alles, berührt aber, wie er selber sagt, keinen Ball. «Ich nahm es ziemlich locker, als ich reinkam. Ich sagte mir: Es ist egal, ob du vor 20000 oder 70000 Zuschauern spielst», erklärt der aus Ghana stammende Nati-Spieler. Wie die Geschichte endet, ist bekannt: Die Schweiz wird U17-Weltmeister.
Brutal stolz habe er sich gefühlt und sich mächtig auf den Final gefreut, erzählt der sympathische Jungfussballer mit einem Lächeln auf seinem Gesicht. Nun kann er wieder lachen, aber kurz vor der WM musste Nimeley einen riesigen Schock verarbeiten: Der Stammspieler verletzt sich am Meniskus. «Ich habe zuvor alle Spiele durchgespielt und meine Leistungen waren gut und dann mache ich eine Woche vor der WM eine dumme Bewegung und konnte mein Knie danach nicht mehr richtig belasten», sagt Nimeley sichtlich geknickt. «Zu Beginn der WM konnte ich mich nur schlecht mit der Reservistenrolle zurechtfinden. Das war ein verdammt harter Schlag für mich. Aber ab dem Achtelfinal hatte ich mich mit meiner neuen Rolle abgefunden und versuchte, meine Teamkameraden so gut es geht zu unterstützen.»
Die Teamstütze Nimeley
Es spricht für den Charakter eines so jungen Fussballspielers, dass er sein Ego zurückstellt und dafür seinen Kameraden hilft. «Wir haben uns gegenseitig nie als Konkurrenten betrachtet. Wir haben gewusst, dass wir nur als Team gewinnen können.» Beim Gespräch in seinem Elternhaus in Basel wird schnell klar, dass der 17-Jährige schon sehr reif ist für sein Alter und genau weiss, was er will. Bei der U18-Mannschaft des FC Basel ist der Mittelfeldspieler Captain und setzt sich, wie er sagt, «für seine Spieler ein». Er fügt umgehend ein Beispiel an: «Kurz nach der WM spielten wir mit Basel gegen Luzern. Es kam zu einigen Provokationen. Ein Albaner unserer Mannschaft wurde beleidigt. Da bin ich dazwischengegangen und habe das dem Schiedsrichter mitgeteilt. Der meinte aber nur, er habe nichts gehört.»
Im selben Spiel wird auch der dunkelhäutige Nimeley rassistisch beleidigt. «Normalerweise perlt das ab von mir und ich lache nur darüber. Aber dieses Mal waren schon so viele Provokationen zuvor ausgeteilt worden, dass ich mich nicht mehr kontrollieren konnte. Da sah ich rot. Meine Mitspieler waren alle überrascht, dass ich so reagierte. Ich bekam eine Sperre von vier Spielen, weil der Schiedsrichter die Provokationen nicht gesehen hatte.» Auch bei diesen Aussagen ist Nimeley sehr ruhig und gefasst. Nach kurzer Zeit huscht auch schon wieder ein Lächeln über sein Gesicht: «Ich weiss, dass das ein grosser Fehler war, aber aus solchen Situationen lerne ich.» Dabei hilft ihm auch Gott.
Der gebürtige Ghanaer ist gläubig und bekreuzigt sich jeweils, wenn er den Platz betritt. «Ich mache das, um zu zeigen, dass jemand da ist, der mich beschützt und mir Kraft gibt», erklärt Nimeley. «Ich bete vor jedem Spiel. Und wenn wir zu den Spielen fahren, beruhige ich mich mit Gospel-Musik.» Auch bei der WM hat er dasso gemacht. «Meine ganze Familie in Ghana hat für uns gebetet und an uns geglaubt.»
Einziger dunkelhäutiger Spieler
In Ghana war die U17-WM eine Riesengeschichte. Auch wegen Kofi Nimeley. «Da ich der einzige schwarze Spieler im Schweizer Team war, wurde mir während der WM in Nigeria immer zugejubelt. Die Fans schrien meinen Namen. Ich genoss das sehr und ich wollte damit allen Afrikanern zeigen, dass sie es auch schaffen können», sagt Nimeley. Nun sollte man meinen, dass die WM der grosse Höhepunkt für den Basler im Jahr 2009 war. Doch Nimeley beschreibt sein Highlight so: «Ich hatte letztes Jahr einen Kreuzbandriss und fiel knapp zehn Monate aus. Als ich diesen Februar zum ersten Mal wieder auf den Platz lief, sind mir fast die Tränen gekommen. Ich hatte so lange auf diesen Moment gewartet, ich genoss es in vollen Zügen.» Der negative Höhepunkt folgte dann mit der Verletzung kurz vor der WM.
Doch das Glück kam zurück zum Basler. Nach dem WM-Titelgewinn wurde die ganze U17-Mannschaft an die Credit Suisse Sports Awards in der Basler St.-Jakob-Halle eingeladen. Einen Tag zuvor war Nimeley gerade 17 geworden. Der Basler und einige seiner Kameraden nahmen an der Tombola teil: «Ich hatte drei Lose gekauft. Mit zweien hatte ich schon etwas gewonnen. Da tauschte ich mein letztes Los mit meinem Mannschaftskollegen Matteo Tosetti. Denn mit meinem Los hatte er eine grössere Gewinnchance. Er gab mir sein Los mit der Nummer 17.» Doch wie der Zufall so spielte, wurde die Nummer 17 gezogen und Nimeley gewann einen Flatscreen-TV im Wert von 4000 Franken. Typisch für den auf dem Boden gebliebenen Spieler, denkt Nimeley zuerst nicht an sich. «Den Fernseher schenke ich meinen Eltern. In meinem Zimmer hätte ich eh keinen Platz dafür», sagt es mit einem verschmitzten Lächeln. Das Schicksal hat dem «Unglücklichen» unter den Glücklichen zum Jahresende noch Losglück beschert.
Kofi nimeley
Geboren am: 11.12.1992
Grösse: 1,75 m Position: Mittelfeld Nationalität:Schweiz/Ghana Grösster Erfolg: Weltmeister mit der Schweizer U17-Nationalmannschaft 2009