Presseschau

Sonntag vom 28.02.2010

Die Wiege des Basler Fussballs

Am kommenden Sonntag stimmt Basel über die Zukunft des Landhof-Areals ab. Über lange Jahre war es die Heimat des FC Basel

Von Bojan Stula

Von 1893 bis 1967 trug der FCB auf dem Landhof den Grossteil seiner Freundschafts- und Meisterschaftsspiele durch. Schon damals strömten die Basler zu Tausenden ins Stadion.

Es sollte bis zum 9.Juni 1953 dauern, bis der FC Basel erstmals einen Schweizer Meistertitel feiern durfte. 13000 Zuschauer auf dem zum Bersten gefüllten Landhof gerieten aus dem Häuschen, als Walter Bannwart den entscheidenden Siegtreffer zum 1:0 über Servette erzielte. «Nie zuvor flatterte die rotblaue Fahne fröhlicher und stolzer am Fahnenmast», schrieb der damalige Klubpräsident Jules Düblin über diese Sternstunde. In den ersten 60 Jahren seines Bestehens war der FCB im Grunde ein notorisch erfolgloser Verein gewesen. Bei vielen Basler Fussballanhängern standen deshalb Nordstern, Old Boys oder Concordia höher im Kurs. Doch eines hatte der FCB immer: ein eigenes Zuhause.

Fast immer. Im November 1893 hatte der erste FCB-Präsident Roland Geldner die Kleinbasler Landhof-Wiese ausserhalb der Stadtgrenzen seinen Kickern zur Verfügung gestellt. Bereits im Sommer 1894 musste der Klub ein erstes Mal umziehen, vermutlich wegen Bauarbeiten. Als er im September 1897 auf den Landhof zurückkehren durfte, hatte er gemäss Pachtvertrag dem «Verein Basler Rennbahn» 30 Prozent seiner Matcheinnahmen abzuliefern. Die Radrennbahn war tatsächlich in der Zwischenzeit rund um den Fussballplatz gebaut worden, samt Bretterbelag und Bandenwerbung. Als sich 1901 der «Verein Basler Rennbahn» auflöste, folgte die nächste bauliche Überraschung: eine Kegelbahn aus Zement in der Mitte des Platzes, die den Umzug der Fussballer an die Thiersteinerallee bedingte. Erst als die frühe FCB-Gönnerin Katharina Ehrler-Wittich als neue Landhof-Besitzern das Gelände endgültig den rotblauen Fussballern vermachte, musste sich der FC Basel um seine sportliche Heimat keine Sorgen mehr machen.

Danach ging es Schlag auf Schlag. Im Hinblick auf das Länderspiel Schweiz – Deutschland von 1908 wurde die erste Tribüne mit 200 Sitzplätzen erstellt. 3000 bis 4000 Zuschauer sahen den 5:3-Erfolg der Eidgenossen, den ersten offiziellen Länderspielsieg der Schweiz. Die Eintrittspreise betrugen zwischen einem und drei Franken. Von 1949 bis 1951 erfolgte der Neubau der Tribüne, die heute noch steht. Zur Feier der Stadionwiedereröffnung führte der FCB ein Einladungsturnier mit dem FC Wien, FC Sochaux und den Grasshoppers durch.

Der Abschied vom Landhof geschah schleichend. Das letzte Nationalliga-A-Spiel wurde am 16. September 1967 ausgetragen, weil die FCB-Klubleitung gegen den Tabellenletzten Young Fellows nicht mit einer fünfstelligen Zuschauerzahl rechnete und sich deshalb die Miete für das Joggeli sparte. Vor 6800 Zuschauern gewann der FC Basel mit 1:0. Den Siegtreffer erzielte übrigens ein «junger Bursche» namens Otto Demarmels, der, gerade 19-jährig vom FC Pratteln als Testspieler geholt, erstmals eingesetzt wurde und sich laut damaligem Berichterstatter «klug ins Diagonalspiel» einfügte. «Sie werden im Spielbericht noch oftmals diesem Namen begegnen», sagte ein sichtlich angetaner bz-Journalist nach Demarmels’ Debüt voraus, das gleichzeitig den Schlusspunkt unter die «Aktivzeit» des Basler Landhofs setzte.

Etwas wie eine Abschiedsfeier gab es nicht. Es fehlte schlicht das Bewusstsein, dass mit diesem Heimspiel der 5.NLA-Runde der Saison 1967/68 eine Ära zu Ende ging. Fortan wurde der Landhof beim FCB ausschliesslich als Trainingsort, Vereinssitz und Spielstätte für Juniorenteams verwendet. Vielleicht schweifte ab und zu ein nostalgischer Gedanke des Stehplatzbesuchers im Joggeli zurück zum alten Stadion inmitten der Kleinbasler Wohnblöcke, doch echter Wehmut dürfte kaum aufgekommen sein. Das 1953 im Hinblick auf die Fussball-WM 54 privatgenossenschaftlich erstellte St.Jakob-Stadion bot zu viele Annehmlichkeiten, als dass sich die immer grösser werdenden Basler Fanmassen den Landhof ernsthaft zurückgewünscht hätten. Als 1965 die glorreiche Ära Benthaus begann, wurden Nationalliga-A-Spiele nur noch ausnahmsweise im Kleinbasel angesetzt. Rund um die Muttenzerkurve schuf das Joggeli seine eigenen Legenden. An die Zaungäste in den Fenstern und auf den Balkons der benachbarten Wohnhäuser hingegen erinnerten sich eingefleischte Landhof-Matchbesucher noch jahrzehntelang.

Seit sich der FC Basel auch mit seiner Nachwuchsabteilung hauptsächlich auf die Sportanlagen St.Jakob konzentriert, führt der Fussballplatz Landhof ein beschauliches Dasein. Die Alternativfussballer der «unseriliga» haben seit 2004 dort ihre Heimat, ebenso die Frisbee-Cracks von Freespeed Basel. Hier und da ein Benefizspiel, zuletzt am 7.Februar zwischen FCB-Veteranen und dem FC Grossrat zugunsten der Initiative «der Landhof bleibt grün». Ab und zu ein Quartierfest; als die Kunstmesse Scope vergangenes Jahr den Landhof in Beschlag nahm, gab es Stunk. Wie auch immer sich das Basler Stimmvolk am kommenden Sonntag entscheidet. Für den FC Basel, und damit auch den Basler Fussball, ist der Landhof längst nur noch ein Stück Geschichte.

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