Presseschau

Tagesanzeiger vom 24.03.2010

Auf langer Reise

Basels Scott Chipperfield ist 34 und kündigte den Rücktritt schon oft an. Doch seine Tore machen Lust auf mehr.

Von David Wiederkehr

Der Name hat an Reiz nichts verloren, klingt auch nach fast einem Jahrzehnt bilderreich im Ohr: Scott Chipperfield. Und der Ort erst, wo dieser Name herkommt: Wollongong.

Lange ist es her, seit Chipperfield seine Heimat an der australischen Ostküste verlassen hat, um in Europa Fussball zu spielen. Oder genauer: um bald einmal in England Fussball zu spielen, «nach zwei, drei Jahren». Mit diesem Vorhaben war er 2001 in Basel angekommen. Weil er bis heute blieb, ist aus ihm der dienstälteste Basel-Spieler geworden und auch ein Denkmal für frühere Zeiten. Als er kam, hiessen seine Mitspieler Ceccaroni, Varela oder Koumantarakis, und lag der letzte Meistertitel der Rotblauen 21 Jahre zurück. Seither gewannen Chipperfield und der FCB je viermal Meisterschaft und Cup. Auf dem vermeintlichen Umweg über die Schweiz nach England fand Chipperfield einen Klub fürs Leben.

Und eine neue Heimat. Mit der Schweizerin Stefanie hat er zwei Söhne, ihr verdankt er auch die Schweizer Staatsbürgerschaft, den Heimatort im Emmental und dass er besser Schweizerdeutsch als Deutsch versteht. «Wer hätte das gedacht, damals» sagt Chipperfield rückblickend. Als er, der 25-jährige Halbprofi beim Wollongong FC mit Nebenjob als Schulbusfahrer, beim FCB unterschrieb, den in Australien keiner kennt. «Ich habe eine lange Reise hinter mir», sagt er und meint wohl Raum und Zeit. Er habe die Reise genossen.

Trotzdem fehlte Chipperfield einiges: Australien, das Meer, das warme Wetter. Seine Frau beschrieb ihn einmal so: «Er lebt easy-going.» Verständlich also, dass er früh ankündigte, 2009 nach Wollongong zurückkehren zu wollen. Diese Aussage wiederholte er mehrmals und stand auch zum sehr romantischen Plan, dannzumal am Strand seiner Heimatstadt eine Bar zu eröffnen.

Erfolgreicher Ersatz für Frei

Es kam aber erst einmal anders: Chipperfield verlängerte beim FCB für ein Jahr, um die Teilnahme an der WM nicht zu gefährden. Im Team von Pim Verbeek dürfte er gesetzt sein - als Linksverteidiger allerdings. In Basel ist Chipperfield nach der Verletzung von Alex Frei der Stürmer an Marco Strellers Seite. «Diese Aufstellung hat mich doch überrascht», sagt er selber. Jedoch: In den vier Spielen als Frei-Ersatz sind ihm drei Tore gelungen.

Das macht Lust auf mehr. «Der Rücktritt käme zu früh», sagt er jetzt. Zumal sich die Zukunftspläne prompt wieder geändert haben. Weil Stefanie Chipperfield ab August eine Businessschule besucht, die Kinder aber bereits schulpflichtig sind, sind Rückkehr und Strandbar aufgeschoben. Stattdessen würde Chipperfield gerne für ein weiteres Jahr in Basel unterschreiben. «Dann hätte ich zehn Jahre lang beim FCB gespielt», sagt er. «Das haben vor mir nicht viele geschafft.» Mit der Vereinsleitung fanden schon Gespräche statt, Trainer Thorsten Fink sprach sich für die Verlängerung aus, und Vizepräsident Bernhard Heusler sagt: «Unsere Wertschätzung ihm gegenüber ist gross.»

«Aber in einem Jahr beende ich meine Karriere endgültig», sagt Scott Chipperfield. Es klingt vertraut.

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