Basler Zeitung vom 05.12.2000
Der südafrikanische Stürmer des FC Basel, George Koumantarakis, hat sich bei einer Intervention des FCZ-Verteidigers Christian Andreoli schwer verletzt und muss ernsthaft um die Fortsetzung seiner Karriere als Fussball-Profi bangen. Der FCB seinerseits muss nun umdenken.
Bottmingen. Bruderholzspital, ein Zimmer im 3. Stock, ein Fussballer im Bett. Und so schnell wird George Koumantarakis seinem Beruf nicht mehr nachgehen dürfen. Christian Andreoli, ein Verteidiger des FC Zürich, hat ihn mit einem «brutalen Foul», wies der Basler Trainer Christian Gross bezeichnet, niedergestreckt.
Die Folgen für den Südafrikaner sind fatal: Bänderrisse und ein Knochenbruch am linken Fuss (vgl. Kasten auf dieser Seite) legen ihn nun für voraussichtlich ein halbes Jahr flach. Und verläuft die Heilung nicht wunschgemäss, dann droht dem 26-Jährigen das Ende der Karriere.
Gespielt waren im Letzigrund knapp 20 Minuten, als Koumantarakis den Ball volley übers Tor geschossen hatte - und während alle noch dem davonfliegenden Spielgerät nachschauten, krachte Andreoli ins Standbein des Stürmers. «Ich habe nicht gesehen, was unten geschah», sagte gestern Urs Meier, der Schiedsrichter, «auch ich habe mich auf den Ball konzentriert. Und dann habe ich Koumantarakis schreien gehört.» Hätte Meier erkannt, wer den FCB-Spieler zusammengetreten hatte, hätte er gemäss Reglement eine persönliche Strafe für den Täter (Verwarnung, Platzverweis), nicht aber, weil die Aktion nach dem ins Aus geflogenen Ball beendet war, eine spieltechnische Sanktion (also keinen Penalty) aussprechen können.
«George ist einer, der dorthin geht, wo es auch weh tut», sagt Gross und hält inne - und doch ist die Fortsetzung des Satzes klar: Der Trainer ist in hohem Masse verärgert darüber, dass der Angreifer, der mit seiner physischen und auch mentalen Stärke seinen Fussball verkörpert, schon zum zweiten Mal in dieser Saison (nach den Rippenbrüchen im Spiel gegen Luzern) ungestraft so schwer gefoult wird, dass er ihm lange fehlen wird. «Das ist», erklärt Gross, «ein ganz harter Schlag für alle.»
Was nun? «Wir werden uns Gedanken machen, wie wir Koumantarakis ersetzen können», sagt Gross. Und er denkt dabei an einen neuen Spieler, der komplementärer ist zum gesetzten Kameruner Jean-Michel Tchouga als Didier Tholot. Gross will jedoch noch in dieser Woche das Gespräch mit dem abwanderungswilligen Franzosen suchen - denn warum in der Not Stürmer abgeben, wenn man sie schon unter Vertrag hält und ein Ersatz für Koumantarakis noch nicht in Sicht ist?
Gross fürchtet, dass es nicht einfach sein wird, seinen offensiven Eckpfeiler zu ersetzen, «sowohl in sportlicher wie auch finanzieller Hinsicht.» Ausserdem wird das Spiel ohne Koumantarakis anders aussehen als mit dem potenziellen Abnehmer des weit nach vorne geschlagenen Balles. Das bedeutet, dass der Trainer im taktischen Bereich zu Korrekturen gezwungen sein wird. Ausserdem muss sich der FCB Gedanken machen, wie viel Geld er für einen «Koumantarakis II» ausgeben will, wenn der südafrikanische «center» irgendwann im nächsten Jahr wieder fit werden sollte.
Das sind Probleme, mit denen keiner rechnen konnte; eine Lösung wird Zeit beanspruchen. Sportchef Erich Vogel hat die eingeplanten Ferientage vorsorglich bereits gestrichen.
Michael Martin