Sonntagsblick vom 12.09.2010
FCB-Yapi kehrt nach Bern zurück
VON HEIKO OSTENDORP (TEXT) UND GEORGIOS KEFALAS (FOTO)
Nach vier Jahren bei YB kehrt Gilles Yapi (28) heute zum ersten Mal ins Stade de Suisse zurück. Im SonntagsBlick spricht er über seine Gefühle, die Vergangenheit und die Zukunft mit dem FCB.
Schlottern Ihnen schon die Knie?
Gilles Yapi: Nein, warum?
Bei Ihrem Abgang von Bern nach Basel wurden Sie von den Fans als Verräter beschimpft. Befürchten Sie keine Pfiffe?
Ich habe das damals persönlich gar nicht so sehr mitbekommen. Die Sache ist für mich längst abgehakt. Aber ich rechne schon damit, dass die Fans mich auspfeifen werden. Damit muss ich mich abfinden. Für mich geht es nur darum, in Bern zu gewinnen.
Welche Erinnerungen haben Sie an die Zeit in Bern?
Als ich zu YB ging, war ich jung. Es war ein guter Schritt in meiner Karriere, ich habe dort einiges gelernt. Es war eine gute Erfahrung. Mein zweiter Sohn wurde in Bern geboren und noch heute habe ich dort einige Freunde, wie zum Beispiel Thierry Doubai.
Warum sind Sie dann nicht in Bern geblieben?
Wir haben leider keinen Titel geholt, die Finalissima und den Cupfinal verloren. Ich wollte den nächsten Schritt machen. Und dazu ist Basel genau der richtige Klub.
Eigentlich wollten Sie doch ins Ausland.
Das stimmt, aber ich habe von Anfang an gemerkt, dass sich die Leute beim FCB unglaublich um mich bemühen. Sie haben mir das Gefühl gegeben, dass man mich unbedingt will. Der FCB ist der beste Klub in der Schweiz und hat auch in Europa einen guten Namen.
Was passierte, nachdem Sie Ihren Wechsel bekannt gaben?
Yapi überlegt lange. Plötzlich ist das Dauergrinsen aus seinem Gesicht verschwunden. Man merkt, dass ihm die letzten Monate bei YB weh getan haben. Dennoch wählt der Ivorer seine Worte ganz genau. Nachtreten ist nicht sein Ding.
Nachdem mein Wechsel offiziell wurde, hat sich leider alles geändert. Nichts war mehr wie vorher, ich habe kein Vertrauen mehr bekommen. Dabei habe ich mich nie hängen lassen und wollte bis zuletzt alles für YB geben.
Mussten Sie damit nicht rechnen, als Sie im Winter den Wechsel zum grössten Konkurrenten um den Titel bekannt gaben?
Ich habe nicht damit gerechnet, dass es soweit kommt, nein. Von meinen Kollegen und Mitspielern hat mir auch nie jemand etwas vorgeworfen. Da war alles ganz normal.
Aber der Trainer setzte plötzlich nicht mehr auf Sie. Hatten Sie dafür Verständnis?
Nein, ich habe Petkovic nicht verstanden. Ich denke, man hätte die Sache anders regeln können. Ich musste die Entscheidungen des Trainers aber akzeptieren, er ist der Chef. Und wenn er am Ende den Titel geholt hätte, hätte er alles richtig gemacht.
Am Ende holte aber der FCB den Titel.
Yapi schweigt zuerst lange. Dann sagt er: «Leider haben wir in den entscheidenden Spielen nicht immerunsere volle Leistung abrufen können. Ich war damals sehr enttäuscht.»
SonntagsBlick und Yapi wechseln die Location. Aus der Hattrick-Bar gehts auf die Tribüne des St. Jakob Park. Für den Fotografen posiert Yapi mit einem Teller Basler Läckerli.
Kannten Sie diese Basler Spezialität schon?
Yapi lacht: Nein, aber ich habe schon davon gehört.
Nach dem Shooting probiert er von der süssen Köstlichkeit. Ein zweites Mal greift Yapi aber nicht mehr zu…
Wo wir hier schon im Stadion sitzen – was vermissen Sie an Bern? Den Kunstrasen?
Nein, garantiert nicht. Für ein, zwei Spiele ist das okay. Aber für eine ganze Saison ist das ein Problem. Ich denke, jeder Fussballer spielt doch lieber auf Naturrasen.
Was ist ausser dem Rasen anders in Basel?
Hier ist halt alles noch viel professioneller, das Stadion und die Stimmung sind noch besser. Ich hatte auch in Bern eine gute Zeit, aber jetzt bin ich stolz und glücklich, beim FCB zu sein.
Sie sagten, dass Sie auch in der Stadt öfter angesprochen werden?
Ja, man spürt einfach, dass der FCB hier die Nummer eins ist. In Bern ist das nicht YB, sondern der SCB. Aber vielleicht ändert sich das ja irgendwann mal.
Wie meinen Sie das?
YB ist auf dem richtigen Weg. Die Young Boys sind eine gute Adresse in der Schweiz, spielen jetzt in der Europa League.
Ihren Verlust und den von Doumbia scheint der Klub bisher aber nicht zu verkraften.
Mit Doumbia hat man fast die Hälfte aller Tore verloren. Ich habe noch regelmässig Kontakt mit ihm. Er hat mit seinem Wechsel nach Moskau einen anderen Weg gewählt als ich, aber auch er ist glücklich. Seydou ist ein toller Spieler.
Werden Sie nochmal mit ihm zusammenspielen?
Hoffentlich in der Nationalmannschaft. Und vielleicht ja eines Tages auch wieder bei einem Klub – warum nicht?
Zurück zum Spiel: Werden Sie heute jubeln, wenn Sie ein Tor schiessen?
Hmm, das kann ich Ihnen nicht ehrlich beantworten.
Warum?
Weil ich es ehrlich gesagt selber noch nicht weiss. Sollte es wirklich so kommen, dass ich treffe, werde ich das spontan entscheiden. Ich habe grossen Respekt vor YB und vor den Berner Fans. Jetzt ist es aber meine Aufgabe für den FCB alles zu geben und das Spiel zu gewinnen.
Yapi ist schon nach wenigen Monaten in Basel «angekommen». Auch bei der Fahrt mit SonntagsBlick auf der Rheinfähre wirkt er happy.
Ich bin glücklich, dass ich wieder Fussball spielen darf und ich bin von Anfang an toll aufgenommen worden. Ich wusste, dass es auch für meine Familie die beste Lösung ist, nach Basel zu gehen. Wir fühlen uns rundum wohl.
Wie gross ist die Vorfreude auf die Champions League, die am Mittwoch beginnt?
Natürlich riesig. Mein Ziel war es immer, in der Champions League zu spielen. Wir haben eine spannende Gruppe, in der wir nicht chancenlos sind. Aber jetzt zählt für uns erstmal nur das Spiel in Bern.
Yapo Gilles Donald Yapi
Der Ivorer wurde am 30. Januar 1982 in Abidjan geboren. Über Beveren (Belgien) und Nantes landete er 2006 bei den Young Boys, machte dort in vier Jahren 131 Spiele (15 Tore). Einen Titel holte Yapi mit YB aber nicht, verlor zweimal die Finalissima gegen den FCB und den Cupfinal 2009 gegen Sion.
Im Februar gab er seinen Wechsel zum FCB bekannt, wo er einen Dreijahres-Vertrag unterschrieb. In der Rückrunde der vergangenen Saison war Yapi kein Stammspieler mehr, wurde von vielen YB-Fans als «Verräter» beschimpft.
Für die Elfenbeinküste machte der defensive Mittelfeldspieler in 46 Länderspielen zwei Tore und nahm an der WM 2006 in Deutschland teil.