Basler Zeitung vom 14.12.1998
Von Urs Hobi
Mit dem gestrigen Spatenstich ist beim Fussballstadion St. Jakob eine mehr als sechzigjährige gloriose Geschichte abgeschlossen worden. Gleichzeitig wurde eindrucksvoll markiert, dass die Zukunft des neuen St.-Jakob-Parks begonnen hat. Der neue Mischkomplex mit dem neuen «Joggeli» (Kapazität 36'600 Fans) soll im Frühjahr 2001 eröffnet werden.
Basel. Bis weit in die achtziger Jahre hinein galt das Stadion St. Jakob zwar als altmodische aber nichtsdestotrotz bequemste Fussball-Wettkampfstätte der Schweiz, was zur Folge hatte, dass immer wieder Länderspiele und sogar die Finals europäischer Wettbewerbe in Basel ausgetragen wurden. Mit der Heysel-Katastrophe im Mai 1985 wurde aber alles anders, der Fussball-Weltverband Fifa sah in einem Beschluss des Jahres 1987 die Problemlösung in der Bestimmung, Länderspiele dürften nur noch in Stadien mit lauter Sitzplätzen durchgeführt werden, der Europaverband Uefa zog wenig später nach.
Dies brachte auch der Schweiz Handlungsbedarf, um so mehr als Pläne bestanden, die Fussball-WM 1998 in unser Land zu holen. Der Basler Heinrich Röthlisberger, damals Zentralpräsident des Schweizer Fussballverbands, formulierte im März 1988 erstmals den Wunsch nach einem «modernen Grossstadion» anstelle des jetzigen «Joggeli».
Die Traditionsfragen der Politiker (Wie teuer ist's? Wer zahlt's? Wie hoch sind die Folgekosten?) wurden bei den ersten Projektskizzen zwar noch gestellt, waren aber bereits beim ersten konkreten Überbauungsprojekt im Frühjahr 1989 nur noch ein Nebenschauplatz. Die Immobiliengesellschaft «Uni Finanz und Promotions AG» (eine Tochtergesellschaft des damaligen Bankvereins) und die Architekturfirma Wirth Architekten AG präsentierten nämlich ein Konzept, das einen Neubau, kombiniert mit zusätzlicher Nutzung, enthielt, der den Kanton budgetmässig nicht belastet hätte. Das gleiche Finanzmodell kommt übrigens in der jetzigen Überbauung zum Tragen. Der Trick an der Sache: Die Einwohnergemeinde hatte dem Stadionbetreiber bereits vor dem Krieg das Terrain zu einem sehr bescheidenen Baurechtszins überlassen; die kommerziellen Nutzer (Restaurants, Büros, Verkaufsläden) würden indessen mit den ortsüblichen Zinskosten belastet, aus der Differenz liesse sich der Stadionbau finanzieren.
Dreimal im Grossen Rat
Das Uni Finanz-Modell (mit 35'500 grösstenteils überdachten Sitzplätzen und einer - allerdings vom Kanton zu finanzierenden - Zusatztribüne mit 15'500 Plätzen) ging in die üblichen amtlichen Kanäle. Schon im April 1990 stellte es sich heraus, dass der Weg zum Ziel mit verschiedenen Hürden versehen war. Es begann mit einem Veto der an der Ecke Birsstrasse/St. Jakobsstrasse gelegenen Stadion-Garage, die mit der Integrierung ins Projekt nicht einverstanden war, dann stellte es sich heraus, dass raumplanerisch nicht alle Wünsche realisierbar waren. Das führte zu einem neuen Projekt mit einer Maximalzuschauerzahl von noch 25'500 Personen und im Dezember 1993 zu einem Ratschlag zuhanden des Grossen Rates.
Die angegebene Besucherzahl brachte die Volksseele in Wallung. Man habe «mit Entsetzen» von diesen Plänen Kenntnis genommen, hiess es in Leserbriefen. Und Grossrat Christian Klemm (SP) sprach in einem BaZ-Forum gar von einem Bonsai-Stadion. Auch eine Petition «Joggeli 50'000» wurde lanciert. Daraufhin reichte die Regierung einen modifizierten Zuschauerplan nach, der entweder 33'300 Sitzplätze oder 40'000 Sitz- und Stehplätze enthielt. Dieses Projekt ging im März 1994 an die Raumplanungskommission. Als das Ratsplenum das Geschäft im Herbst 1995 zu behandeln hatte, stand schon fest, dass die Uni Finanz die Mieter nicht beibringen konnte. Der damalige Baudirektor Christoph Stutz hatte als Ersatzvariante das Modell des Generalunternehmers Marazzi im Köcher, dessen Idee mit den im Vorbau zu errichtenden Altersresidenzen anfänglich belächelt wurde. Die neue Variante wurde im November 1996 durch den Erlass spezieller Bauvorschriften vom Grossen Rat ebenfalls gutgeheissen und im Oktober 1998 bestätigt, als Generalunternehmer und Investoren (die Winterthur Versicherung, die Suva und die PK des Basler Staatspersonals) eine vergrösserte Nutzungsfläche für das Warenhaus Manor beantragten.
Herzog & de Meuron
Mittlerweile ist das Stadion-Projekt mit Investitionen in der Höhe von 220 Mio. Fr. ein Gesamtkunstwerk für die Basler Architekten Herzog & de Meuron geworden, «die das schönste Stadion der Schweiz» (Jacques Herzog zur BaZ) erstellen wollen, ein Stadion, das von aussen und im Interieur anders aussehen wird als alles Dagewesene. Man ist auf die Leuchteffekte ebenso gespannt wie auf die mit vielfältigen Treffpunkten ausgestattete Galerie im Innern, wo es vor, während und nach dem Spiel zugehen soll, «wie in der alten Degustation in der Mustermesse».