Presseschau

Basler Zeitung vom 14.12.1998

Tore sind weg, Kabinen geräumt: Aadie «Joggeli»

Der letzte Auftritt des FC Basel im alten Fussballstadion St. Jakob brachte eine Niederlage. 34 745 Zuschauer sahen das 1:3 (1:0) gegen den FC Lugano, weinten dem Stadion noch eine letzte Träne nach und freuten sich auf den neuen «St.-Jakob-Park», der bis Ende 2000 gebaut sein soll.

Basel. Bis zur letzten Sekunde blieb Walter Lehmann, der Abwart des Stadions St. Jakob, auf Draht. Er half mit, jenes Tor vom Feld zu tragen, in dem es beim 1:3 im letzten Spiel gegen den FC Lugano viermal «eingeschlagen» hatte. Die Spieler des FC Basel entsorgten das andere Gehäuse, dann nahmen sie sich eine wärmende Jacke, stellten sich neben all die Spatenstecher, Fackelträger und Ballbuben aufs Spielfeld und nahmen Abschied vom «Joggeli».

Guy Mathez, dem Trainer, war derweil nicht zum Feiern zumute. Drinnen, in den Kabinengängen, fluchte er, ganz er selbst, über das verlorene Spiel, über den ungerechtfertigten Platzverweis und über die Schiedsrichterleistung. «Wer hat das Fest kaputtgemacht?» fragte er in die Runde und liess mit seiner Gestik wenig Spielraum für die Antwort. Dabei hatte er sich noch kurze Zeit davor, begleitet von einigen Tritten gegen die Kabinenwand, darüber erregt, dass nach einer Niederlage überhaupt gefeiert werden kann.
Und so herrschte drunten in den Gängen, die bald nicht mehr sein werden, eine eigenartig nervöse und gereizte Atmosphäre. Sie passte so gar nicht zum sentimentalen Abschiedsakt draussen auf den Rängen, der manch einem feuchte Augen und wehmütiges Schwelgen in vergangenen Zeiten bescherte. Doch die Vorfreude auf das neue «Joggeli» war bald grösser als
die emotionale Verbundenheit mit dem alten Stadion, mit dem so viele Erinnerungen an grosse und traurige Fussball-Momente verbunden sind.
Die Einstimmung zum Anlass, der in dieser Art wohl nur in Basel aufgezogen werden kann, war der Mannschaft zuvor nicht gelungen. Der Platzverweis gegen Stefan Huber, die Patzer von Ersatzgoalie Slaven Matan, die Wende zur 1:3-Niederlage - all dies hat den 34'445 gratis eingetretenen Zuschauern weniger gefallen als der Einsatz des gesperrten Oliver Kreuzer in der Halbzeitpause, als er zunächst «Blueme-Fritz» die Schlüssel zu seinem neuen Auto überreichen durfte und danach für «Glücksfee» Patty Schnyder die Wettbewerbstalons zum Gewinn eines weiteren Fahrzeuges einkarrte. Und erfreut waren die für Geschenke stets empfänglichen Basler Fans auch über die «Bhaltis»-Palette, die vom Bretzel über den Lebkuchen bis hin zum Plastikball reichte und die Zeremonie, die sich nach dem Abpfiff abspielte.

Ferien bis zum 6. Januar

Auf Grossleinwand fielen noch einmal einige der unzähligen schönen Tore, viele ehemalige und aktuelle FCB-Grössen durften ihre Verbundenheit mit dem «Joggeli» nochmals kundtun und es gab den virtuellen Blick in die neue Arena. Die ersten Rasenziegel wurden beim offiziellen Spatenstich aus dem Mittelkreis geschaufelt, einige sicherten sich ein Stück des von Lehmann über Jahre streng gehüteten Spieluntergrunds, andere, weniger Vernünftige, glaubten, sich mit Gewalt an den Schalensitzen abreagieren zu müssen, in der Meinung, es werde ja ohnehin schon morgen nichts mehr wert sein. Ein irrtümlicher Eindruck, wie Lehmann mit einem weiteren seiner zahllosen Spurts durch «sein» Stadion, diesmal zur Verständigung der Polizei, unterstrich.
Schon heute fahren zu St. Jakob die ersten Bagger auf, «Zeit ist Geld», das wissen heute insbesondere die Investoren, die den 220-Millionen-Bau in der zweiten Hälfte des Jahres 2000 gerne bezugsbereit fertiggestellt hätten.
Die Spieler des FC Basel geniessen derweil einige Ferienwochen. Nach einem Mannschaftsessen zum Qualifikationsabschluss gestern abend fliegen bereits heute die ersten Spieler in den Süden. Am 6. Januar 1999 ist offizieller Beginn der Vorbereitung auf die am 26./27. Februar 1999 startende Finalrunde, am 26. Januar fliegt die Equipe ins Trainingslager nach Martinique.
Bis dann wird das «Joggeli» längst bodeneben sein, der FC Basel wird sich auf seine temporäre sportliche Heimat auf der Schützenmatte eingestellt und Guy Mathez sich bestimmt wieder beruhigt haben. Beim Spielereingang schüttelte er dem Securitas-Mann ein letztes Mal die Hand und wünschte schöne Weihnachten.

Daniel Schaub

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