Presseschau

SonntagsZeitung vom 13.02.2011

Wer zu viel isst, wird gebüsst

Mittagessen mit Thorsten Fink, Trainer des FC Basel

von balz spörri (text) und claude giger (foto)

Dichter Nebel hängt am vergangenen Mittwochvormittag über dem Trainingsgelände des FC Basel. Eine Stunde haben die Spieler trainiert, kurze Sprints, Sprünge, Übungen, um Schnelligkeit, Sprungkraft und Beweglichkeit zu fördern. Am Nachmittag folgt ein Trainingsspiel gegen das Nachwuchsteam des FCB.

Thorsten Fink ist, wie oft, etwas in Eile. «Als Trainer muss man schnell essen», sagt er und schmunzelt. Selbst über Mittag ist der Terminkalender gedrängt: Gespräche mit Spielern, Beratern, die Analyse von Videoaufzeichnungen. Am nächsten Donnerstag trifft Basel im Sechzehntelfinal der Europa League im St.-Jakob-Park auf Spartak Moskau. Es werde ein schwieriges Spiel, sagt Fink. Aber Basel brauche sich nicht zu verstecken: «Wir können sie schlagen.»

Fink, 43, gebürtiger Dortmunder, sitzt im Stadion-Restaurant Uno, wählt Lauchrisotto mit Luganighe – Schweinswürste aus dem Tessin. «Ich esse gerne Fleisch», sagt Fink. Am liebsten hat er die Knödel seiner Mutter mit Schweinsbraten. Wenn er zu Hause, im Ruhrpott, auf Besuch ist, «gönne ich mir eine Curry-Wurst». Die Pommesbude, die er schon als Kind besuchte, gibt es noch heute: «Dort schmeckt es mir besonders gut.»

Nach der Winterpause mussten die Spieler auf die Waage

Die Ernährung ist auch für die Spieler ein wichtiges Thema. Der FC Basel arbeitet mit einer Ernährungsberaterin zusammen, künftig will Fink das Thema noch professioneller angehen. Kontakte zu einem Zürcher Uni-Professor sind geknüpft. Vor wichtigen Spielen wie gegen Moskau übernachtet das Team im Hotel. Zum Verdruss einiger Spieler ist das Essen dann stets ähnlich – viel Kohlenhydrate, das heisst Spaghetti oder Nudeln, fettarmes Fleisch, Früchte, Gemüse.

Die Spieler haben genaue Anweisungen, wie sie sich ernähren sollen. Aber letztlich könne er nicht alles kontrollieren, sagt Fink. Entscheidend sei, dass die Spieler selbst Verantwortung übernähmen. «Das sind ja keine Kinder mehr – die wissen, was sie tun müssen, um gut zu spielen.»

Nach der Winterpause musste jeder Spieler zur Gewichtskontrolle. Wer über die Festtage mehr als ein Kilo zugenommen hatte, dem drohte eine Busse. Vor einem Jahr lag die Limite noch bei 1,5 Kilo. Was Fink freut: Keiner musste zahlen. «Sie leben alle sehr bewusst, sie wollen weiterkommen.»

Ein paar Gäste setzen sich an den Nebentisch, grüssen den FCB-Trainer. «Mahlzeit!», erwidert dieser freundlich. Fink fühlt sich sichtlich wohl in Basel. Er wohnt mit seiner Familie etwas ausserhalb der Stadt, die beiden Söhne, Benedict und Julius, besuchen den Kindergarten. Die Leute hier mögen ihn, schätzen seine Arbeit, seine offene, ehrliche Art. Im Sommer 2009 kam er nach Basel und schaffte gleich das «Double», den Meistertitel und den Cupsieg, sowie den Einzug in die Champions League. Im Oktober verlängerte Fink seinen Vertrag. 367 Bundesliga-Spiele hat er gemacht, mit Bayern München wurde er viermal Deutscher Meister, dreimal Cupsieger, 2001 gewann er die Champions League.

In der «Basler Zeitung» gaben kürzlich die beiden FCB-Stürmer Alex Frei und Marco Streller, beide mit Bundesliga-Erfahrung, ein grosses Interview. Unter ande-rem ging es dabei um die Unterschiede zwischen deutschen und Schweizer Fussballprofis. In Basel, sagte Frei, seien Luxusgüter weniger bedeutend als in Deutschland. Dort sei es wichtig, welches Auto ein Spieler fahre.

Thorsten Fink lächelt. Das stimme schon. Beim FC Bayern sei es in der Kabine durchaus Thema gewesen, wie die Aktienkurse stehen oder wer das bessere Auto fährt. Fink will die Mentalitätsunterschiede nicht überbetonen. Vielleicht dies: Die Schweizer Spieler hätten Spass am Leben, sagt Fink. Das sei toll, aber für den Profisport «nicht ganz optimal». «Die deutschen Spieler sind wohl etwas verbissener, sie wollen unbedingt gewinnen.»

Die Basler Mannschaft will «unbedingt» Titel gewinnen

Als Trainer könne man die Spieler dorthin bringen, man könne sie anstecken, wenn man diese Winner-Mentalität vorlebe. Beim FC Basel sei diese Einstellung verankert, auch dank Christian Gross, seinem Vorgänger als FCB-Trainer: «Wir haben eine Mannschaft mit Charakter, die unbedingt Titel gewinnen will.» In der Bundesliga, so Fink, könnte sich Basel «locker» im Mittelfeld behaupten.

«Na, wie haben die Tessiner Würste geschmeckt?», will der Chef des Uno wissen. «Sehr lecker», antwortet Fink. «Gut», scherzt der Restaurant-Chef, «dann behalten wir sie auf der Karte.»

Liest Fink die Interviews mit seinen Spielern? Klar. Er wolle wissen, wie sie denken: «Man muss seine Spieler kennen.» Eine der grossen Stärken Finks sei es, die Spieler zu «lesen», sagen Beobachter. Er spüre genau, welcher Spieler mehr Druck und welcher mehr Streicheleinheiten brauche.

Langsam wird Fink kribbelig. Er muss noch kurz nach Hause, um mit dem Labrador Anton rauszugehen. Dann zurück ins Stadion, Gespräche, Vorbereitung aufs Spiel. «Ich bin dann mal weg», sagt er zum Abschied, «und vielen Dank fürs Essen.»

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