Basler Zeitung vom 19.04.2011
Am Nike Premier Cup ging es für die U15-Fussballer um mehr als den Turniersieg
adrien reymond
Die besten U15-Teams der Schweiz traten am Nike Premier Cup gegeneinander an. Dabei kamen über 600 Zuschauer auf den Rankhof, unter anderem auch zahlreiche Scouts nationaler und internationaler Clubs.
Was für ein fussballerfüllter Tag. 1030 Minuten lang wurde am Nike Premier Cup auf dem Rankhof Fussball gespielt. Unmöglich also für die zahlreich erschienenen Interessierten, sich von10 bis 18 Uhr jede Partie anzuschauen. Doch zumindest auf den hinteren Nebenfeldern der Sportanlage kann man seine Aufmerksamkeit simultan verschiedenen Spielen widmen. Da säumen Hunderte Zuschauer die Rasenvierecke von Tor zu Tor und ersetzen durch ihre Anwesenheit die Seitenauslinie. Wenn der Ball einen Zuschauer berührt, ist er im Aus. Vielleicht sind die Schiedsrichter deshalb ohne Assistenten an der Linie angereist.
Um rechtzeitig in einer wettkampfadäquaten Stimmung zu sein, müssen die direkt Beteiligten früh aufstehen. Der FCB-Trainerstab trifft sich bereits um acht Uhr auf dem Rankhof, um die letzten Details zu besprechen. Eine halbe Stunde später ist die gesamte Mannschaft zugegen und die Vorbereitung für das erste Spiel gegen das Team Fribourg-AFF beginnt. Um zehn Uhr eröffnen die Basler schliesslich das Turnier mit der Partie gegen den Tabellenletzten der Gruppe 1 der U15-Meisterschaft – und tun sich dabei schwer.
Die kühlen Temperaturen unter der Morgensonne stören dabei keinen der beiden Kontrahenten, denn das Tempo ist hoch. Insbesondere die Fribourger laufen, als stünden keine weiteren Spiele mehr auf dem Programm. In den 30 Minuten setzen die Rotblauen alles auf Angriff und werden erst spät, dank eines Torhüterfehlers, belohnt. Der knappe 1:0-Sieg sei typisch für den Turnierbeginn, beruhigt U15-Trainer Marco Otero. Kaum ist die Partie beendet, drängen schon die Grasshoppers und der FC Thun auf das Spielfeld. Während das FCB-Team zum Fototermin schlendert, ist die nächste Begegnung bereits angepfiffen. Es geht Schlag auf Schlag.
Unter Beobachtung. Unter den Zuschauern befinden sich ausnahmslos alle Verantwortlichen der Juniorenabteilungen der Super-League-Vereine. Denn an keinem U15-Turnier in der Schweiz sind derart viele Mannschaften gleichzeitig zu beobachten und so wird diese Gelegenheit von niemandem ausgelassen. Für den Juniorenchef des FC Basel, Michel Kohler, ist der Nike Premier Cup jedoch keine ausschliessliche Spielerbeobachtungsplattform: «Wir haben die Akteure des Jahrgangs 1996 bereits vor Beginn der Saison intensiv observiert. Der Anlass gibt deshalb keine völlig neuen Aufschlüsse.» Nur das Gesehene bestätigen könnten die Spiele auf dem Rankhof. Die Basler verzichteten deshalb auf spezifische Beobachtung einzelner Akteure.
Für Scouts anderer Vereine hingegen, die die besten Schweizer U15-Junioren seltener zu Gesicht bekommen, mag der Nike Premier Cup eine willkommene Beobachtungsgelegenheit sein. Der ältere Herr mit der beigefarbenen Fischermütze, der sich unauffällig die Spiele anschaut und dabei eifrig notiert, ist ein Delegierter von Arsenal London, wird unter den Schweizer Verantwortlichen gesagt.
Doch Kohler hat keine Angst, dass die FCB-Talente überzeugt werden könnten, derart früh in die Fremde zu wechseln: «Die Erfahrung zeigt, dass es sich langfristig eher nicht lohnt, früh ins Ausland zu wechseln. Der FC Basel bietet alles, was die Junioren brauchen, und es kommen regelmässig Eigengewächse bis ins Fanionteam. Dadurch bildet sich eine Vertrauensbeziehung zwischen dem Club und dem Umfeld des Spielers», sagt Kohler.
Doch trotz dieser angestrebten Vertrauensbeziehung setzen bereits einige 14-Jährige und ihr Umfeld auf die Beratung von Spieleragenten. Und dass auch der FCB vor frühen Transfers nicht ganz gefeit ist, zeigt der bevorstehende Wechsel des bald 16-jährigen Juniors Milos Veljkovic, der im Sommer von Basel in die Nachwuchsabteilung der Tottenham Hotspurs übertritt.
strukturiert. Mit der Geschäftsseite des Juniorenfussballs hat Marco Otero nicht viel zu tun. Er ist für die tatsächliche Entwicklung der Spieler verantwortlich. Und eine grosse Herausforderung am Nike Premier Cup ist, die Akteure, trotz der etlichen Pausen zwischen den Spielen, physisch und psychisch fit zu halten: «Die mentale Stärke hat viel mit der Erziehung zu tun. Als Juniorentrainer haben wir einen klar strukturierten pädagogischen Weg, den Spielern Ziele und Verhalten zu vermitteln», erklärt Otero seine Herangehensweise an die Aufgabe.
Vor den Spielen wartet der Trainerstab an der Garderobentür und betritt geschlossen den Raum. Es herrscht angespannte Ruhe, während der vielsprachige Trainer zu seinem Team spricht. An der Tür hängen fünf Bilder, die mit starken Begriffen beschriftet sind: «Verhalten + Leistung + Resultat + Entwicklung = Erfolg». Diese illustrierte Kausalkette ist für den U15-Trainer zentral, wobei das Verhalten über allem steht: «Das ist die Basis! Damit meine ich nicht nur, dass man anständig sein muss. Sondern das Training, die Ernährung, die Schulleistung und auch der Wille gehören dazu», sagt Otero.
Mentale Stärke zeigt sein Team während des ganzen Turniertages. Sämtliche Spiele auf dem Weg in den Final werden, ohne ein Gegentor zu erhalten, gewonnen. Um 18 Uhr ist es dann so weit. Vor 600 Zuschauern wird der Final angepfiffen. Gegner ist der überraschende FC Aarau, der auf dem Weg ins Endspiel Vorjahressieger FC Zürich eliminiert hat. Die beiden Teams, gezeichnet von einem langen und ermüdenden Fussballtag, trennen sich 1:1 nach der regulären Spielzeit.
penalty-krimi. Das Elfmeterschiessen muss darüber entscheiden, wer die Schweiz vom 12. bis 16. Mai am Europafinal in Budapest vertritt. Alle teilnehmenden Mannschaften haben einen Halbkreis um das Tor gebildet, auf das die Elfmeter ausgeführt werden. Und sie sehen, wie jeder Parade von FCB-Goalie Marco Lisser, ein Basler Fehlschuss folgt. Nach je acht Schützen geht Aarau mit 7:6 als Sieger hervor.
Die Enttäuschung beim Gastgeber ist gross, doch für Otero ist das langfristige Ziel wichtiger: «Schade, dass wir den internationalen Vergleich in Budapest nicht antreten können. Es ist richtig, dass die Spieler jetzt in der Kabine weinen, aber wir werden sofort mit der Aufarbeitung der Ereignisse beginnen», sagt Otero, für den die Niederlage die dritte in Folge nach Penaltys am Nike Premier Cup ist. Für manch einen Spieler wird das Turnier der Karrierehöhepunkt bleiben. Andere hoffen, Eintrag in das Notizbüchlein des Mannes mit der Fischermütze gefunden zu haben.
Nike Premier Cup
Viertelfinals. FC Basel–Grasshoppers 3:0. Zürich–Aarau 0:1. Young Boys–Servette 7:6. Luzern–Winterthur 2:3. – Halbfinals. FC Basel–Young Boys 2:0. Aarau–Winterthur 6:5. – Final. FC Basel–Aarau 6:7.