Sonntagsblick vom 01.05.2011
Schulterschmerzen
Der talentierte FCB-Keeper Cedric Saladin hat sich bös an der Schulter verletzt – wie viele Sportler. Nun kämpft er sich zurück auf den Rasen
Der Ball fliegt auf das rechte obere Eck zu. Cedric Saladin, eine der Nachwuchshoffnungen des FC Basel, springt hoch, streckt sich zur vollen Länge und erwischt den Ball mit der linken Faust. Es knackt in seiner Schulter. Saladin denkt sich nichts dabei. Erst am nächsten Tag kommen die Schmerzen. Eine Entzündung, glaubt er. Der U21-Goalie trainiert mit Physiotherapie weiter. Das war im August 2010
Noch realisiert Cedric Saladin nicht, dass diese eine Parade langfristige Folgen haben wird – gerade jetzt, da sein Traum greifbarer ist denn je zuvor. Bis zu siebenmal die Woche arbeitet der KV-Lehrling auf sein Ziel hin: Profi-Fussballer.
Im November 2010 muss der talentierte Goalie dann schmerzlich erfahren, wie sein grosses Ziel weiter in die Ferne rückt. «Bei einem Trainingsspiel gegen die erste Mannschaft rannte ich auf den Stürmer zu, legte mich ihm in den Weg und blieb dann an seinen Beinen hängen», erinnert sich der heute 19-jährige Keeper. Wieder knackt es in der Schulter. Dieses Mal spürt Saladin sofort, dass er schwerwiegender verletzt ist.
Röntgenaufnahmen und eine Magnetresonanztomographie bringen es schliesslich an den Tag: Bei seiner linken Schulter sind die Bizepssehne und ein grosses Stück des Labrums, also der Knorpelrand der Gelenkpfanne, teilweise abgerissen. Die Schulterist dadurch instabil, droht jederzeit auszurenken. Pausieren allein genügt jetzt nicht mehr. «Bei der Grösse und der Art der Verletzung am Schultergelenk kommt es leider nicht zu einer natürlichen Verheilung», sagt Saladins behandelnder Arzt Dr. Thomas Schwamborn von der Crossklinik in Basel.
«Im ersten Moment war die Diagnose sehr frustrierend – eine kaputte Schulter kann für einen Goalie das Aus bedeuten – und ohne Fussball ist das Leben für mich langweilig», sagt Saladin.
Was Cedric Saladin erlitt, passiert sehr vielen Menschen. Betroffen von Schulterluxationen sind vor allem Sportler. Die Schulter, als sehr bewegliches Gelenk, ist äusserst anfällig dafür. «Das kann bei jedem vorkommen – bei der Arbeit, zu Hause oder in der Freizeit», sagt Schwamborn. Allein die Spezialisten der Zürcher Schulthess-Klinik führen pro Jahr 150 Schulter-Stabilisierungs-Operationen durch. Saladin kam bereits eine Woche nach dem zweiten Zwischenfall unters Messer.
Chirurgen wählen für Schulteroperationen heutzutage meist die arthroskopische Methode – sie gehört zur sogenannten minimalinvasiven Chirurgie. «Da die Verletzungen relativ gravierend waren, mussten wir bei Cedric Saladin den Eingriff über drei kleine Einschnitte vornehmen», sagt Schwamborn. Mit fünf Ankern aus einer speziellen Zuckerlösung befestigt der Sportchirurg das Labrum und die Bizepssehne wieder am ursprünglichen Ort. «Das Ziel einer solchen Operation ist es nicht, dass die Anker die Schulter langfristig stabilisieren. Sondern dass das Labrum und die Bizepssehne wieder natürlich am Knochen anwachsen.» Das braucht Zeit. Viel Zeit.
«Nach neun Monaten kann Herr Saladin das Training voraussichtlich wieder voll aufnehmen», sagt Schwamborn. «Die Reissfestigkeit der Sehne und des Labrums ist aber erst nach zwölf Monaten wieder vergleichbar mit derjenigen vor der Verletzung.»
Nach Cedric Saladins Operation sind nun fünf Monate vergangen. Noch immer sitzt er bei den Matchs auf der Ersatzbank, noch immer spürt er die bei gewissen Bewegungen seine Schulter. Doch davon lässt er sich nicht die Laune verderben. Ohne Bitterkeit erscheint er wie alle anderen des Teams zum Training, bei dem er sein Spezialprogramm absolviert. Er verbringt viel Zeit im Kraftraum und beim Physiotherapeuten. «Entscheidend für die langfristige Stabilisierung des Schultergelenks ist konstantes Training der umliegenden Muskeln», erklärt Schwamborn.
Cedric Saladin hält sich an die Verordnungen seines Arztes, stärkt seine Schulter und arbeitet zielstrebig an der Realisierung seines Traums. Im August 2012 läuft sein Vertrag beim FC Basel aus, und er wird seine KV-Lehre abgeschlossen haben. Dann will der junge Basler durchstarten – er hofft auf einen Profivertrag. Eines weiss Saladin jetzt schon: «Im Juli bin ich wieder hundertprozentig auf dem Rasen dabei.» Und fügt grinsend hinzu: «Und bis dahin ist auch nicht alles schlecht an meiner Verletzung. Ohne sie hätte ich schliesslich das Osterwochenende nicht mit meiner Freundin in Südfrankreich verbringen können.» Gerhard Schriebl