Presseschau

Sonntagsblick vom 01.05.2011

Bei Oma ist es am schönsten

FCB-Star Dragovic

VON HEIKO OSTENDORP

Gerade mal drei Monate ist Aleksandar Dragovic beim FC Basel. Und ist aus der Innenverteidigung schon nicht mehr wegzudenken. Das hat Trainer Thorsten Fink auch den Grosseltern des 20-Jährigen zu verdanken.

Jelena hat sich schick gemacht für den Fototermin mit SonntagsBlick. Die Oma von FCB-Verteidiger Dragovic sagt mit breitem Wiener Dialekt freundlich «Servus». Dann wird allerdings schnell klar, dass ihr adrettes Äusseres auch noch einen anderen Grund hat. Denn Jelena steigt gleich in den Flieger Richtung Heimat, ihrer Mutter geht es nicht gut.

Aleksandar bringt sie zum Flughafen nach Zürich-Kloten – wie es sich für einen gut erzogenen Enkel gehört.

Die Familiengeschichte des jungen Mannes, der im Winter für rund 1 Mio. Franken von Austria Wien zum FCB kam, ist ungewöhnlich und kurios zugleich. Vor knapp drei Jahren wanderten seine Eltern in die Karibik aus, nach Curaçao. Der Vater als Koch, die Mutter als Reiseleiterin. «Seitdem kümmern sich meine Grosseltern um mich», erklärt Dragovic. Selbstverständlich war es also auch, dass Jelena (63) und ihr Mann Zlativoje (68) mit Aleksandar nach Basel gehen. Am 31. Januar waren sie bei seiner öffentlichen Vorstellung mit gepackten Koffern und voller Stolz dabei.

«Wir fühlen uns sehr wohl hier», sagt die Oma heute. «Die Leute sind alle nett, die Stadt ist schön.»

«Und der FCB ist ein toller Verein», fügt Opa Zlativoje an. Dass er selbst der grösste Fan seines Enkels ist, lässt sich einfach belegen: Denn nur wegen Aleksandar machte der glühende Fan von Rapid Wien mit seiner grossen Liebe Schluss und wanderte zum Klub seines Enkels über: ausgerechnet zum Stadtrivalen Austria.

Opa bei jedem Training

Dragovic scherzt: «Und jetzt ist er FCZ-Fan.» Natürlich meint er das nicht ernst. Zlativoje fiebert an jedem Match mit dem FCB. Ob im St. Jakob-Park oder auswärts. Sogar bei jedem Training schaut der Pensionär vorbei.

Dass Dragovic am Rheinknie auf Anhieb dermassen einschlägt, damit hätte aber wohl selbst sein grösster Verehrer nicht gerechnet. «Es ging wirklich sehr schnell. Er hat von Anfang an gezeigt, warum wir ihn geholt haben. Das war eine positive Überraschung», sagt Thorsten Fink. Der FCB-Trainer ist begeistert von der Entwicklung des Österreichers, der nahezu alle Jugend-Nationalteams durchlief, bevor er schon elfmal für die ANati seines Landes spielte.

«Sehr abgezockt»

Schon im Alter von 15 Jahren trainierte er bei den Profis mit, drei Jahre später gab er sein Debüt für Österreich. «Drago bringt alles mit. Er ist zweikampfund kopfballstark, hat eine gute Spieleröffnung. Und er ist für sein Alter schon sehr abgezockt», schwärmt Fink.

So abgezockt, dass er es gleich zum unumstrittenen Stammspieler schaffte und nach nur drei Monaten in Basel bereits nicht mehr aus der Innenverteidigung wegzudenken ist. Als sich Beg Ferati verletzte, war Dragovic sofort da. Und wenn er in der Startelf steht, hat der FCB noch kein einziges Pflichtspiel verloren! Seine unglaubliche Bilanz: elf Spiele, acht Siege, drei Unentschieden. An seine letzte Niederlage kann er sich trotzdem sehr genau erinnern: «Das war im Derby gegen Rapid», grummelt er. Tatsächlich: Am 28. November 2010 gab es für Dragovic und seine Austria zu Hause ein 0:1 im Wiener Stadtderby. Dazu kommen zwei bittere 0:2-Pleiten mit der A-Nati gegen Belgien und die Türkei in der EM-Qualifikation.

«Die beste Mannschaft»

In Basel trägt er seine blütenweisse Weste auch deshalb, weil er beim peinlichen Cup-Out in Biel nicht in der Startelf stand und in der Europa League aufgrund seiner internationalen Einsätze für Austria nicht spielberechtigt war. So schaute Dragovic auch bei der 2:3-Pleite gegen Spartak Moskau nur zu.

«Ich hoffe natürlich, dass diese Serie bis zum Saisonende hält», wünscht sich Dragovic. Wohlwissend, dass dies mit grosser Wahrscheinlichkeit den Meistertitel für den FCB bedeuten würde. «Ich bin nach Basel gekommen, um Titel zu gewinnen. Und ich bin überzeugt, wenn wir unsere Leistung konstant abrufen, werden wir auch Meister. Wir haben die beste Mannschaft.»

Auch die Grosseltern sind sich sicher, dass am 25. Mai die grosse Sause auf dem Barfüsserplatz steigen wird. «Zu 99 Prozent», sagt Oma Jelena. «Ein Prozent Zweifel bleiben aber noch.» Gemeinsam mit ihrem Mann hat sie sich bereits Bilder von alten FCB-Meisterfeiern angeschaut. «Toll, was da los ist», sagt Zlativoje begeistert. «Überhaupt ist die Stimmung an den Heimspielen fantastisch.»

Die Grosseltern sind aber nicht nur nach Basel gekommen, um Aleksandar an den Spielen zu unterstützen. Sie helfen dem Enkel, wo es nur geht. «Er ist wie unser eigener Sohn», sagt Jelena. Derzeit kümmert sie sich darum, dass die neue gemeinsame Wohnung vernünftig eingerichtet wird. «Im Moment herrscht allerdings noch etwas Chaos», lacht sie.

Wenn Aleksandar nach Hause kommt, wird er von seiner Oma jedenfalls kulinarisch bestens versorgt. Am liebsten hat er die serbischen Spezialitäten. «Da kann ich einfach nicht widerstehen», sagt Dragovic. Aber eigentlich hat seine Oma sämtliche Gerichte der internationalen Küche drauf. «Gerne koche ich auch Krautrouladen oder einfach ein Wiener Schnitzel», verrät Jelena.

Heute wird sie in Belgrad mitfiebern, wie sich Aleksandar und der FCB in Sion schlagen. Zlativoje wird seine Frau per SMS informieren. «Aber wenn es in die Endphase der Saison geht, bin ich wieder da», verspricht Jelena. Dann sagt sie freundlich «Baba». «Bis bald – und auf Wiedersehen.»

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