Presseschau

Aargauer Zeitung vom 06.12.2011

Ein Grosser lässt seine Mitspieler glänzen

Die Captainbinde beflügelt FCB-Stürmer Marco Streller zu starken Leistungen – auch gegen ManUnited?

markus brütsch, basel

Vorige Woche hat das schwedische Fernsehen in Basel gedreht – grosse Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Das Thema: Kann das Basler Sturmduo das grosse Manchester United aus der Champions League kegeln?

Marco Streller, der eine der beiden Stürmer, hat die Chance genützt und ziemlich dick aufgetragen. «Alex vor dem gegnerischen Tor; dies ist etwas vom Besten, was ich in meiner Karriere gesehen habe. Diese Nervenstärke!», hat Streller gesagt.

Vermutlich hat Alex Frei, der andere der beiden, den Schweden ganz Ähnliches ins Mikrofon gesagt. Und voller Stolz geschildert, wie beide schon auf Kindsbeinen im FC Aesch miteinander «getschuttet» hätten.

Dass die beiden nach Engagements im Ausland nun erneut zusammenspielen, ist speziell, aber kein Zufall. Auch Benjamin Huggel und Philipp Degen tragen wieder Rot-Blau, und in ein paar Jahren lässt sich möglicherweise von Ivan Rakitic das Gleiche sagen.

Streller sagt: «Genau das ist Teil unseres Erfolgs. Wir sind in einem guten Fussballalter zurückgekommen, haben Führungsrollen übernommen und helfen den Jungen in ihrer Entwicklung.» Etwas, was wohl nur in Basel möglich ist. Streller hat eine Erklärung dafür: «Wer hier aufwächst, wird spätestens dann mit dem FCB-Virus infiziert, wenn es mit dem Vater ins Stadion geht.»

Dies macht verständlich, weshalb der Teamgeist besser als anderswo funktioniert. Und warum sich die Profis untereinander besonders viel gönnen. «Alex Frei ist ein kompletter Spieler», hat Streller den Schweden mit auf den Weg gegeben.

Und dabei perfekt umgesetzt, was er vom früheren Weltklassespieler Luis Figo gelernt hat: «Ein grosser Spieler lässt seine Mitspieler glänzen.»

Streller sagt, mittlerweile könne er sich genauso über einen Assist freuen wie über ein Tor. 8-mal hat er in dieser Saison in der Super League bereits den entscheidenden Pass gespielt und führt damit die Rangliste in dieser Sparte an.

Was nicht bedeutet, er habe keinen Spass mehr am Toreschiessen. Streller hat in den letzten Wochen mit seinen Toren die 1:0 gewonnenen Spitzenspiele gegen YB und Luzern entschieden und zwischendurch in Bukarest in der Champions League im 13.Anlauf sein erstes Tor geschossen.

Es läuft bei Streller wie am Schnürchen. Dass er immer wieder gefragt wird, ob man derzeit den besten Streller seiner Laufbahn sehe, erstaunt daher nicht. «Ich glaube schon, dass ich das beste Niveau habe», sagt Streller, ohne dass es gleich wie Eigenlob klingt. «Früher habe ich den Fehler gemacht und mich zu forsch ausgedrückt», sagt Streller. Für die einen oder anderen sei er deshalb ein arroganter Kerl gewesen. «Der ganze Klub hat aber an seinem Image gearbeitet», sagt Streller. «Wir sind zwar ein selbstbewusster, aber auch sympathischer Ligakrösus. Das sind wir nicht immer gewesen und haben deshalb viele Neider gehabt.» Die Kehrtwende habe viel mit dem Führungsstil von Vizepräsident Bernhard Heusler zu tun, sagt Streller.

Als einziger Feldspieler neben Xherdan Shaqiri hat der 30-Jährige bisher an jedem Meisterschaftsspiel dieser Saison teilgenommen. Eine kleine Sensation, denn wie oft war der 1,95-m-Schlaks in den vergangenen Jahren doch verletzt gewesen? Dass er jetzt konstant fit ist, hat viel mit der gesunden Psyche zu tun. Mit dem glücklichen Familienleben, das ihn ausgeglichener werden liess. Mit der Zusammenarbeit mit Mentaltrainer Christian Marcolli, die ihm guttut. Mit dem Rücktritt aus der Nationalmannschaft, der ihn von Ballast befreit hat. Mit der bedingungslosen Unterstützung durch die Trainer Thorsten Fink und Heiko Vogel, und mit dem Glück, seinem Beruf zu Hause im geliebten Basel nachgehen zu dürfen.

Aber ohne Zweifel hat ihm auch die Captainbinde zu einem weiteren Leistungsschub verholfen. «Ich bin erstmals Captain eines Profiteams», sagt Streller, «und dass ich dies beim FC Basel sein darf, macht mich ex- trem stolz.» Er wisse aber, dass er das «Captainbändeli» nur dann verdiene, wenn er Leistung bringe. «Ich komme von dieser Region und weiss, was dieser Verein den Leuten bedeutet», sagt Streller, «dies muss ich meinen Mitspielern jeden Tag vermitteln.» Dass ihn die FCB-Legenden Peter Ramseier und Karli Odermatt für einen würdigen Captain halten, erfüllt ihn mit Freude. Und wie er sein Amt beim 1:0 im Letzigrund gegen den FCZ erfüllte, als er den vor der Südkurve jubelnden Aleksandar Dragovic «abführte», zeigt, wie ernst er seinen Auftrag nimmt.

Jetzt ist es für Streller das Grösste, seinen FCB gegen Manchester United in den St.Jakob-Park zu führen. «2002 habe ich das legendäre 3:3 gegen Liverpool noch von der Tribüne aus gesehen», sagt Streller. «Wenn wir Manchester schlagen und in die Achtelfinals kommen, dann gehen diese Bilder um die Welt. Ich glaube, wir können es schaffen.»

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