Presseschau

Basler Zeitung vom 28.12.2011

Ein Juwel ohne Perspektive in Basel

Nachwuchshoffnung Sandro Wieser unterschrieb bei Hoffenheim bis 2016

Von Marcel Rohr

Basel/Sinsheim. Weihnachten, Hoffenheim und Sandro Wieser – diese Symbiose passt bestens zusammen. Exakt vor einem Jahr buhlte der Bundesligist heftigst um die Dienste des zehnfachen liechtensteinischen Nationalspielers. Doch nach ein paar schlaflosen Nächten entschied sich Wieser gegen einen Wechsel in den Kraichgau und für den FC Basel. «Hier kann ich den nächsten Schritt in meiner Karriere machen», sagte das Mittelfeldtalent und verlängerte im St.-Jakob-Park bis 2015.

Zwölf Monate später tönt es beim 18-Jährigen wesentlich anders. «Ich bin froh, dass der Wechsel klappt, ich will die Chance nutzen in Hoffenheim», sagte Wieser gestern Abend um 21.39 Uhr zur BaZ, «beim FCB hat es keinen Platz für mich». Beim Tabellenneunten aus Sinsheim hat Wieser einen Kontrakt bis Juni 2016 unterschrieben, und der Schweizer Meister dürfte dafür geschätzte 1,5 Millionen Franken Ablöse kassieren – letztes Jahr hatte Hoffenheim noch zwei Millionen geboten. «Ich will jetzt nur noch nach vorne schauen», betont Wieser. Eine Auslegeordnung mit den FCB-Verantwortlichen vor den Festtagen fiel für alle Beteiligten ernüchternd aus.

Monatelang verletzt

Wieser spielte in den Gedanken des neuen Cheftrainers Heiko Vogel keine Rolle mehr. Aus zwei Gründen: Im Frühling 2011 hatte sich Wieser eine schmerzhafte und langwierige offene Verletzung auf dem Fussrist zugezogen. Der Liechtensteiner rannte von Arzt zu Arzt, doch es dauerte rund fünf Monate, bis die Wunde geheilt war und er endlich wieder voll belasten konnte. In dieser Zeit punkteten die anderen jungen Zentrumsspieler beim FCB schwer: Cabral wurde Stammkraft, der Stern von Granit Xhaka begann zu leuchten, Fabian Frei überzeugte ebenso wie der wiedergenesene Oldie Benjamin Huggel (34). Und bereits Mitte Januar 2012 wird Gilles Yapi nach seinem Kreuzbandriss im Mannschaftstraining zurückerwartet. Yapi ist im ballbesitz-orientierten Spielsystem von Heiko Vogel eine Schlüsselfigur. «Ich hatte fast keine Chance mehr, nur noch im Nachwuchs», sagt Wieser, «so konnte es nicht weitergehen».

Im Raum stand auch eine Ausleihe, doch nach Abwägen aller Faktoren entschieden sich die Parteien für einen Verkauf nach Hoffenheim. «Der Deal stimmt für uns so», sagt FCB-Sportkoordinator Georg Heitz.

Wieser stiess 2006 vom FC Triesen und den Junioren des FC Vaduz in die Nachwuchsabteilung des FC Basel. In der Saison 2010/2011 brachte er es unter Thorsten Fink auf zwei Einsätze in Wettbewerbsspielen. Wie Liechtensteins Nationaltrainer Hans-Peter Zaugg schwärmte auch der einstige FCB-Trainer Fink von den Qualitäten Wiesers. Nun wechselt dieser in die Bundesliga, ohne beim FC Basel je Stammspieler gewesen zu sein – ein Novum in der Geschichte der Rotblauen.

«Ich vertraue den Leuten»

In Hoffenheim wird Wieser auf Trainer Holger Stanislawski und Manager Ernst Tannet treffen. «Ich hatte gute Gespräche, und ich vertraue ihnen», sagt der Spieler, «und sie vertrauen mir». In Sinsheim will Wieser einen neuen Anlauf nehmen, seine ins Stocken geratene Karriere zu lancieren. Dass er dies bei einem Club tut, der offenbar von vielen schwierigen Charakteren durchzogen ist, ist eine andere Geschichte. Sie interessiert Wieser zur Zeit nicht.

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