Presseschau

Neue Luzerner Zeitung vom 19.05.2012

«Die Basler sind unverfrorener»

Fussball Vor der Rückkehr in den Liga-Alltag am Sonntag (16.00) gegen Thun ist der verlorene Cupfinal noch immer das FCL-Thema. Für Empörung sorgen Basler Spieler.

Daniel Wyrsch

daniel.wyrsch@luzernerzeitung.ch

Der Stachel der Enttäuschung über den verlorenen Cupfinal sitzt noch immer tief. David Zibung (28) und Alain Wiss (21) stellten sich gestern Vormittag in der Swissporarena den Medien. Es ging eigentlich um das letzte FCL-Heimspiel der Saison am Sonntag (16.00, SF 2) gegen Thun, aber das zentrale Gesprächsthema war noch immer das aufwühlende Endspiel mit Verlängerung und verlorenem Penaltyschiessen am Mittwoch in Bern. «Eine solche Enttäuschung verdaut man nicht so schnell», meinte Goalie Zibung. «Klar werden wir in ein paar Wochen auf eine überragende Saison zurückblicken, aber das i-Tüpfelchen fehlt einfach.» Youngster Wiss erhielt am Tag nach dem verlorenen Cupfinal gegen Basel zwar sein erstes Aufgebot für die A-Nationalmannschaft, «aber selbst diese erfreuliche News kann mich nicht über diese unglückliche Niederlage hinwegtrösten».

Die Rivalität mit dem FC Basel ist nach dem 1:1 über 120 Minuten und 2:4 im Penaltyschiessen nicht kleiner geworden. «Wir sind die einzige Schweizer Mannschaft, die den Baslern wirklich Paroli bieten konnte», stellte Zibung fest. «Das macht Mut für die nächste Saison. Wir greifen wieder an.»

Sportminister lächerlich gemacht

Im Stade de Suisse waren es am Ende wieder die Basler, die feierten. Einige allerdings im roten Bereich. «Die Gesten mit den ausgestreckten Mittelfingern, die Shaqiri gegen unsere Fans richtete, fand ich geschmacklos», regte sich Wiss auf. Der Schweizer Nationalspieler und baldige Bayer Xherdan Shaqiri verscherzte sich in Luzern viele Sympathien. Vor dem Cupfinal hatte der 20-Jährige plagiert, sie seien dem FCL in allen Belangen überlegen. Michel Renggli (32) fand dies «völlig respektlos gegenüber von Profikollegen» und antwortete entsprechend mit einer Gegenattacke auf seiner Facebook-Seite. Als die Basler den Cup gewonnen hatten, war das Gift immer noch nicht draussen. Shaqiri stellte sich vor Renggli und machte eine obszöne Geste unter der Gürtellinie. Wenig später auf der Haupttribüne: Mit der Siegermedaille um den Hals warteten die FCB-Stars auf die Trophäe. Der Österreicher Aleksandar Dragovic (21) schlug hinterrücks dem unter ihm stehenden Bundesrat Ueli Maurer (61) mit der Hand in Abständen von mehreren Sekunden mehrmals auf den Kopf. Shaqiri und Joo-Ho Park lachten darüber. Eine Kamera des Schweizer Fernsehens hatte alles eingefangen. FCB-Präsident Bernhard Heusler (48), der dem Erfolgsklub ein freundliches Image verpasst hat, wird sich über das dümmliche Treiben seiner Jungstars grün und blau ärgern. Trainer Heiko Vogel (36) muss nach dem Double durchgreifen.

FCL-Medienchef Stefan Bucher: «Ein solches Verhalten geht nicht. Ich glaube, das würde von uns keiner tun.» Buchers Freund aus alten FCL-Tagen, Alex Frei (32), tat dagegen etwas für das gute Klima zwischen Basel und Luzern. «Alex hat bei uns in der Kabine ein Siegerbier getrunken», erzählte Bucher. Die Luzerner spürten dabei den Respekt, den der frühere Nationalmannschafts-Captain und Rekordtorschütze ihrer aufopferungsvollen Leistung zollte.

Kontroverse um Yann Sommer

Viel Kritik für seine Faxen und die herausgestreckte Zunge beim vergebenen letzten Penalty von FCL-Captain Florian Stahel erntete Basels hoch talentierter Torhüter Yann Sommer (23). Während FCB-Coach Vogel und Experten wie Ex-Nationalkeeper Jörg Stiel (44) ihn für die «Coolness» lobten, verlor Sommer bei zahlreichen Fussballinteressierten Sympathien. Auch FCL-Goalie Zibung fand: «Yann ist fast jedes Mittel recht, die Penaltyschützen aus der Fassung zu bringen. Bei allen Mätzchen darf man den Respekt vor dem Gegenspieler nicht verlieren.» Reden und den Zappelphilipp machen sei für ihn in Ordnung, aber Grimassen schneiden und die Zunge herausstrecken übertrete die Grenze der sportlichen Fairness, sagte Zibung. «Dabei hat es am Schluss sogar gepasst, ist Sommer dafür belohnt worden.»

Allerdings versprach der Hergiswiler, seinen Weg deshalb nicht aufzugeben. «Nur weil Yann zwei Penaltys gehalten hat, werde ich meine Strategie nicht auf den Kopf stellen.» Er konzentriere sich auch in Zukunft auf seine Aufgabe und nicht auf den Gegner. «Dreimal ahnte ich die richtige Ecke, Shaqiris Penalty hätte ich halten müssen, dann wäre das Momentum auf unserer Seite gewesen.» Er rege sich noch immer über diese Schlüsselszene im Elfmeterschiessen auf.

Zibung stellte schliesslich einen Fakt fest, der im Cupfinal den Ausschlag gab: «Die Basler sind unverfrorener als wir.» In Sachen Cleverness müssten sie sich in Luzern steigern. Trotz aller Enttäuschung aber mit fairen Mitteln.

Murat Yakin plant beim FCL die Saison 2012/13

FC Luzern dw. Murat Yakin wurde in den Cupfinal-Berichten der Schweizer Tageszeitungen in den höchsten Tönen gelobt. Die «Neue Zürcher Zeitung» titelte schwärmerisch: «Mit Murat Yakin, dem Trainer des FC Luzern, ist sogar Verlieren schön.» Die «Berner Zeitung» spielte erneut auf einen Wechsel zu YB an, über den spekuliert wird: «Im Stade de Suisse hat Yakin eine Kostprobe seiner Fähigkeiten abgegeben. Wie ein Schwarm lästiger Wespen setzten seine Spieler den favorisierten FCB unter Druck.» Doch in der Bundeshauptstadt dürfen sie in absehbarer Zukunft nicht mit dem Fachwissen von Yakin rechnen. Alles deutet darauf hin, dass der 37-jährige Fussballtrainer am Vierwaldstättersee tätig bleibt. Gestern hat Yakin mit Mitarbeitern der ersten Mannschaft detailliert das Vorbereitungsprogramm der Saison 2012/13 geplant. Ausserdem hatte sich Yakin vor dem Cupfinal brennend dafür interessiert, weshalb der FCL als Zweitplatzierter erst im Playoff (Runde 4) der Europa-League-Qualifikation eingreifen müsste, wie unsere Zeitung als Erste schrieb. Der ökonomisch agierende Coach würde seine Energie kaum mit Plänen verbrauchen, die ihn bald nichts mehr angehen. Noch-Präsident Walter Stierli, die Mannschaft und die Fans dürfen sich nach dem vielversprechenden Auftritt im Cupfinal also darauf einstellen, dass der erfolgreich arbeitende Jungtrainer seinen Vertrag bei den Innerschweizern bis 2013 erfüllt.

Mindestens 1 Punkt aus 2 Spielen

Nach dem Saisonhöhepunkt in Bern gilt es für den FCL jetzt, wieder in den Alltag zurückzufinden. Es sind noch zwei Spiele ausstehend: zuerst die Heimpartie morgen Sonntag (16.00) gegen Thun, dann am Mittwoch der Saisonabschluss in Sion. Damit Platz 2 definitiv an Luzern geht, muss aus dem Restprogramm im Minimum ein Punkt geholt werden.

Drei bis vier Änderungen

Weil mehrere Spieler noch unter den Strapazen des Cupfights gegen den FCB leiden, dürften gegen Thun Adrian Winter, Nelson Ferreira und Dario Lezcano pausieren. Für sie stehen Jahmir Hyka, Moshe Ohayon, Daniel Gygax und Dejan Sorgic zur Disposition. Für die gesperrten Tomislav Puljic, Sally Sarr und Burim Kukeli erhalten Jérôme Thiesson, Mario Bühler und Hekuran Kryeziu eine Einsatzchance. Zudem bekommt Nedim Sacirovic (U 18/21) ein Aufgebot Yakins.

Zurück