Sonntagsblick vom 29.07.2012
Dortmund-Goalie Weidenfeller
Philipp Degen
VON HEIKO OSTENDORP
Dortmunds Meister-Goalie Roman Weidenfeller (31) spricht im Exklusiv-Interview mit SonntagsBlick über seine Kumpels Alex Frei, Philipp und David Degen sowie sein spezielles Verhältnis zur Schweiz.
Woran denken Sie beim Stichwort Bad Ragaz?
Roman Weidenfeller: Hier absolvieren wir unsere Vorbereitung unter sensationellen Bedingungen. Hotel, Trainingsplätze, Wetter – alles top. Und da Fussballer ja immer etwas abergläubisch sind und wir uns auch vor dem Double vergangene Saison in Bad Ragaz vorbereitet haben, war es klar, dass wir wieder hierherkommen.
Sie haben ein spezielles Verhältnis zur Schweiz, oder?
Das stimmt, ich bin extrem gerne hier. Ich habe viele Freunde in der Schweiz.
Haben Sie einen Lieblingsort?
Am Zürichsee ist es schon toll. Es gibt viele erstklassige Restaurants wie die Seerose. Wenn man zum Essen in die Schweiz kommt, kann man nichts falsch machen.
Was fällt Ihnen zum Datum 18. Juni 2011 ein?
(überlegt) Da hatten wir schon Ferien. Keine Ahnung.
Es war der Tag der Hochzeit von Alex Frei.
Ach ja, klar. Es war ein wunderbares Fest. Ich habe mich sehr über die Einladung gefreut. Es ist immer schön, wenn man sich wiedersieht. Ich kenne ja auch Alex’ Familie ganz gut.
Man munkelt, dass Sie auch nicht ganz unbeteiligt an seiner Beziehung waren …
(lacht) Das ist richtig. Wir waren damals in Dortmund beim Italiener. Philipp (Degen, d. Red.), Alex und ich. Wir haben stundenlang gewartet, bis Nina kam. Und dann ist sie einfach wieder gegangen, ohne einmal zu uns zu schauen.
Wie gings weiter?
Ein paar Tage später ist Alex dann in die Bank, wo Nina gearbeitet hat und hat nach ihrem Namen gefragt. Er ist hartnäckig geblieben und das hat sich offenbar ausgezahlt.
Hätten Sie gedacht, dass es so eine grosse Liebe wird?
Das weiss man natürlich nie, aber ich freue mich riesig für die beiden. Es ist ja alles so gelaufen, wie Alex es sich gewünscht hat. Erst die Hochzeit, jetzt das erste Kind. Das ist toll. Auf der Hochzeit haben wir noch über alte Zeiten geflachst.
Was meinen Sie?
Wir haben uns kennengelernt, als wir beide noch Single waren. Da sind wir natürlich das ein oder andere Mal um die Häuser gezogen. Jetzt haben sich die Zeiten bei uns beiden geändert. Trotzdem ist es lustig, sich an früher zu erinnern.
Auch zu den Degen-Zwillingen haben Sie ein sehr enges Verhältnis.
Ja, wir verstehen uns super. Wir fahren öfter zusammen in den Urlaub, haben viel Spass. Es ist immer lustig mit den beiden. Unser nächstes Ziel ist es, Philipp zu verkuppeln. Das ist uns bisher leider noch nicht gelungen, aber wir geben noch lange nicht auf (lacht).
Philipp ist schon wieder verletzt.
Das tut mir unheimlich leid. Ich habe ihm sofort ein SMS geschrieben, als ich davon hörte. Er war ziemlich niedergeschlagen. Natürlich fragt man sich, warum es immer wieder ihn trifft. Im Urlaub haben wir noch darauf angestossen, dass die Zwillinge jetzt wieder vereint sind. Ich hoffe, Philipp kommt schnell wieder auf die Beine.
Haben Sie eine Erklärung für sein Verletzungspech?
Nein, ich kann ja auch nicht in ihn reinschauen. Aber ich habe im Sommer mitbekommen, wie hart er an seinem Körper gearbeitet hat. Er tut alles, um fit zu sein. Wichtig ist, dass er nun nicht anfängt, an sich zu zweifeln. Dave hat ja mit seinem Tor im ersten Spiel auch einen tollen Einstand gehabt. Ich bin sicher, dass man in Basel noch viel Freude an den beiden haben wird.
Apropos Basel: Es ist möglich, dass der FCB in der Champions League auf Borussia trifft. Traum oder Albtraum?
Ich fänds super, wenn wir aufeinandertreffen. Nur muss ich mich dann im Spiel zusammenreissen.
Warum?
Beim Testspiel im letzten Jahr (4:0 für den BVB, d. Red.) hat Alex mich die ganze Zeit angegrinst. Er weiss genau, dass er mich damit total aus dem Konzept bringt. Da müsste ich mir diesmal etwas einfallen lassen.
Bekamen Sie Spott-SMS aus Basel, als der BVB in der Königsklasse ausschied, während der FCB weiterkam?
Natürlich hat Alex den ein oder anderen flotten Spruch gemacht – völlig zu Recht. Basel hat sich überragend verkauft, darüber haben wir uns alle gefreut. Wir haben uns unter Wert verkauft. Das wissen wir selbst.
Warum sollte es in dieser Saison besser werden?
Wir sind viel reifer, gefestigter. Wir haben nicht mehr so viel Respekt, wenn die Hymne ertönt, da bin ich sicher. Diesmal wollen wir nicht nur mitspielen, sondern punkten. Aber dadurch dass wir in Topf 4 sind, können wir nicht vorab tönen: wir kommen garantiert weiter.
Der BVB hat keine grossen Namen verpflichtet. Warum?
Also für mich ist Marco Reus schon ein grosser Name. Nach einem Double-Sieg holst du nun mal nicht elf neue Spieler. Jemanden bloss wegen seines Namens zu verpflichten, ist doch Unsinn. Wir haben uns punktuell verstärkt und ich habe den Eindruck, es passt hervorragend.
Arjen Robben hat gestichelt, er sei gespannt, ob der BVB auch endlich international für Furore sorge.
Das interessiert mich wenig. Wir wissen, was wir können und schauen auf uns.
Wie würden Sie Bayern und Dortmund vergleichen?
Wie gesagt: Ich will nicht über Bayern urteilen. Wir haben es in den letzten Jahren geschafft, viele neue Fans zu gewinnen. Durch unsere Erfolge, aber auch durch unsere Spielweise und unsere volksnahe Art. Das mögen die Leute und das beeindruckt.
Auch in Bad Ragaz sind jeden Tag rund 500 Fans beim Training. Wie sehr freut Sie das?
Auch in der Schweiz gibt es mittlerweile viele BVB-Anhänger. Wir versuchen hier wirklich jeden Wunsch zu erfüllen, nehmen uns Zeit für Fotos und Autogramme. Das ist nicht immer einfach, aber ich weiss noch, wie sehr ich mich früher gefreut habe, wenn ich eine Unterschrift von einer bekannten Persönlichkeit abgreifen konnte. Daran muss man sich manchmal einfach zurückerinnern.
Versuchen Sie uns das Phänomen Jürgen Klopp zu erklären.
Es ist ganz einfach: Mit ihm kam der Erfolg zurück zum BVB. Er hat alles umstrukturiert, unglaublich hart an den neuen Strukturen gearbeitet. Er gibt uns viel Vertrauen – aber dafür fordert er auch alles ab.
Also Zuckerbrot und Peitsche?
Wenn man so will. Es würde jedenfalls keiner auf die Idee kommen, sein Vertrauen zu missbrauchen. Weder aus dem Trainingslager auszubüchsen oder sonst einen Unsinn zu machen. Wir wissen alle, was wir an der jetzigen Situation beim BVB haben. Auf der anderen Seite: nichts ist älter als der Erfolg aus der letzten Saison. Daran werden wir uns messen lassen.