Basellandschaftliche Zeitung vom 27.07.2012
Boykott · Zum dritten Mal innert weniger Monate blieb ein Grossteil der FCB-Fans einem Gastspiel in Zürich fern. Grund dafür ist die «Eskalationsstrategie» der Zürcher Polizei.
Zum «Sommerausflug» an die Limmat hatten die Fans der Muttenzerkurve (MK) vor dem Spiel bei GC aufgerufen. Rund 300 Fans versammelten sich am Samstagmittag vor dem Basler Bahnhof SBB. In kleinen Gruppen reisten sie in verschiedenen Regelzügen – und nicht mit dem Extrazug – in Richtung Zürich. Dort angekommen sind sie allerdings nicht. Stattdessen zogen sie noch im Zug die Fan-Kleidung aus und reisten anonym zurück nach Basel.
Mehrstündiger Leerlauf für Polizei
Bei der Dienstzentrale der Zürcher Polizei ist gestern die Rede von «verschollenen Fans». René Ruf, Presse-Sprecher der Zürcher Stadtpolizei, will das nicht bestätigen. Zum Samstag gibt er keine detaillierten Auskünfte, sagt lediglich: «Wir machen vor jedem Spiel eine Lagebeurteilung mit entsprechendem Dispositiv. Dieses wird den Gegebenheiten laufend angepasst.» Bei Hochrisikospielen rechnet die Polizei mit Kosten in der Höhe von bis zu 250000 Franken.
Die FCB-Fans sorgten am Samstag für Verwirrung – und das nicht zum ersten Mal (siehe Box). Fans, die trotz allem nach Zürich reisten, erzählen, dass sie in der Stadt von Polizei-Patrouillen angehalten und zum Aufenthaltsort und Treffpunkt der anderen Fans befragt worden seien. Dass diese sich längst wieder in Basel aufhielten, war offenbar nicht bis nach Zürich durchgedrungen.
Die MK schreibt in einem am späten Samstagabend veröffentlichten Communiqué von einem «mehrstündigen Leerlauf mit Kosten in der Höhe von vielen zehntausend Franken» für die Sicherheitskräfte. «Die Muttenzerkurve bedauert, dass bereits zum dritten Mal innert Jahresfrist ein Spiel in Zürich mit Basler Beteiligung ohne die gewohnte Stimmungskulisse stattfinden musste», heisst es weiter. Die Protestaktionen seien eine Reaktion auf die «Eskalationsstrategie» der Zürcher Polizei. Auch vor dem GC-Spiel hatte die Polizei über die Homepage des FCB die Regeln für den Marsch zum Stadion bekannt gegeben: keine Vermummung, keine Pyrotechnik, keine Sachbeschädigungen. Der Marsch würde weniger eng begleitet, aber bei Verstössen gegen die Regeln würde sofort eingeschritten. «Diese Androhung bedeutet nichts anderes, als dass der Marsch weiterhin (...) jederzeit hätte eingekesselt werden können», so die MK.
Für die FCB-Fans ein zusätzlicher Grund fernzubleiben, war der angekündigte Test eines «Kombitickets». Die Polizei erwartete, dass der Verkauf von Eintrittskarten für die Gäste-Kurve an die Benutzung des Extrazuges gebunden wird. 21 Fans reisten schliesslich im Extrazug nach Zürich, 7 kauften ein Kombiticket. Entgegen der ursprünglichen Ansage waren an der Abendkasse schliesslich doch Tickets für die Gäste-Kurve erhältlich. «Das ist ein Schlag ins Gesicht für all jene FCB-Fans, die aus Protest nicht ans Spiel gingen», sagt Thomas Gander, Co-Leiter der Fanarbeit Basel.
Alle Parteien sind unzufrieden
Ganders trauriges Fazit des Samstags: «Die Auflagen der Zürcher Polizei führen nicht zu einer Deeskalation. Nach dem Samstag sind alle Parteien unzufrieden. Die Fans, die eigentlich das Spiel sehen wollten. Die FCB Mannschaft, welche nicht unterstützt wurde. Die Polizei, die einmal mehr einen riesigen Aufwand hatte und GC, das einerseits einen Teil der Sicherheitskosten der Polizei übernehmen muss und dem andererseits die Einnahmen der FCB-Fans fehlen.»
Am 27. Oktober spielt der FCB wieder in Zürich. «Vielleicht finden bis dahin Gespräche statt», sagt Gander. Er hofft auf die Vernunft der beteiligten Parteien. «Die MK hat im Communiqué bereits Entgegenkommen signalisiert, indem sie nicht Märsche ohne Polizei fordert, sondern bloss eine verhältnismässige Begleitung.»