Presseschau

SonntagsZeitung vom 17.03.2013

«Dasch mi Platz»

Die Basler Fussballlegende Karli Odermatt erhält noch heute in seinem Haus in Rickenbach BL Fanbriefe aus der ganzen Welt

Von Claudia Schmid (Text) und Philipp Rohner (Fotos)

In der Frühlingsbise weht eine FCB-Fahne. Sie steht nicht auf Karl Odermatts Grundstück in Rickenbach BL, sondern in Nachbars Garten. «Das ist der grösste Fan, den ich kenne, der besucht wie ich jeden Match», sagt Odermatt. Selbstverständlich wird er sich heute Nachmittag im Joggeli-Stadion das Spiel gegen den FC Thun anschauen. Er trägt eine modische Karo-Krawatte und Anzug. «Ich komme aus einer Sitzung.»

Als Marketing-Mitarbeiter des FCB kümmert er sich unter anderem um Sponsorenverträge. Er ist der beste Botschafter, den sich der FCB vorstellen kann. Denn Odermatt, den alle einem Maskottchen gleich Karli nennen, ist die Seele des Fussballclubs. Seinen 70. Geburtstag feierte er mit 300 Gästen in der Mustermesse. Der ehemalige FCB-Spieler, der auch in der Nati gespielt hat, steht für die goldenen Jahre des FCB in den Sechziger- und Siebzigerjahren, die bekanntlich ans Rheinknie zurückgekehrt sind.

Mit seiner Frau baut er in der Nachbargemeinde Wein an

Stolz erzählt Odermatt in seinem Garten, wie ihn die Leute bis heute erkennen. «Ich bekomme Fanbriefe – sogar aus Polen und Deutschland.» Stolz zeigt er auch auf seinen Umschwung. Auf den Feldern stehen Krähen, ein Postauto zieht seine Kurven durch die hügelige Baselbieter Landschaft. «Alles meins», sagt er; sein Finger zeigt in alle Richtungen. «Unbebaubare Landwirtschaftszone.» Wie dieser stattlich gebaute Mann so auf der Wiese steht und mit lauter Stimme über sein Engagement im Rickenbacher Schulrat spricht und sein iPhone (natürlich mit FCB-Bildschirmschoner) pausenlos klingelt, erinnert er an einen Bürgermeister. Nur die Pfanne, die mitten im Garten liegt, ist etwas irritierend. «Die hat letzte Woche beim Kochen Feuer gefangen. Meine Frau hat sie direkt aus der Küche geworfen.»

Die offene, soeben neu umgebaute Küche ist Odermatts Lieblingsort. «Ich habe schon immer gerne gekocht. Schon früher habe ich mir nach dem Spiel was Feines zubereitet. Schlafen konnte ich ja sowieso nicht.» Am Glastisch vor der offenen Küche sitzt er immer mit dem Rücken zur idyllischen Aussicht. «Dasch mi Platz.» Es sei der beste Weg, um direkt in die Küche zu gelangen, wenn etwas am Köcheln sei. Wie die Tomatensauce, die der Italienliebhaber am Vortag zubereitet hat. Regelmässig reist er zum Weinkaufen ins Piemont («dort kennt man mich auch»). Er baut mit seiner Frau Rosmarie sogar Wein an: In der Nachbargemeinde stehen die Reben seines Maispracher Blauburgunders Chiara, der mit einer Etikette verziert ist, die eine vollbusige Frau zeigt. «Als Italien-Fan wollte ich einen italienischen Namen. Pro Jahr gibt es etwa 500 Flaschen.»

Die Küche ist Teil eines grossen Raums, in dem auch das Wohnzimmer untergebracht ist. Ein Ledersofa, ein Holzschrank, ein verstaubtes CD-Regal, toskanische, mit Schnitzereien verzierte Möbel, ein paar Fasnachtsfiguren – mehr ist da nicht. «Wir brauchen nicht viel», sagt Odermatt, der in zweiter Ehe verheiratet und Söhne im Alter von 16 und 21 Jahren hat. Deren Schlafzimmer befinden sich im Untergeschoss des Hauses – und sind wie der Weinkeller abgeschlossen. «Es soll mein Geheimnis bleiben, welche Tropfen ich hier lagere.»

Lieber spricht Odermatt über seine Geschenke, die prominent im Wohnzimmer platziert sind. Etwa den geschnitzten Bären auf dem Kaminsims, den er von Bundesrat Samuel Schmid auf den 60. Geburtstag bekommen hat. Das Bild, welches neben der Küche hängt, «ist mein Leben». Das Geschenk stammt von einem Freund, dem Unternehmer Bernhard Burgener. Alles, was Karli mag, ist darauf abgebildet – Familie, Fasnacht, FCB. Es zeigt, wie stark er mit dem Club und der Stadt verbunden ist. Und man hat den Eindruck, dass da jemand nicht mit der Vergangenheit abschliessen will. «Das war schon eine wahnsinnige Zeit.» Karli gegen Köbi, Basel gegen Zürich, das sei ein Spektakel sondergleichen gewesen. «In dieser Epoche wurde das Schweizer Fussballfieber entfacht.»

Und doch gibt es da noch etwas neben dem FCB, das Karlis gletscherblaue Augen zum Glänzen bringt. Das Pilzesammeln. «Die Saison hat eben begonnen.» Zum Beweis, dass er nie mit leeren Händen zurückkehrt, schleppt Odermatt Gläser voller Morcheln und Eierschwämme an; aus dem Tiefkühler zerrt er Steinpilze. Sobald er Zeit hat, will er wieder mit Pilzfreund Richi durch den Schwarzwald und das Elsass ziehen. Statt «Karli, none Gool!» heisst es jetzt: «Karli, none Pilz!»


Fussballspieler, Internationaler, FCB-Marketing

Karl Odermatt, 70, kam in Luzern auf die Welt und wuchs in Basel in einfachen Verhältnissen auf. Er spielte in den Sechziger- und Siebzigerjahren beim FCB, später bei den Young Boys; als Spieler in der Nationalmannschaft bestritt er 50 Länderspiele. Er ist bis heute der bekannteste FCB-Spieler, hat 10 000 Exemplare seiner Biografie «Karli none Gool» (Christoph-Merian-Verlag; vergriffen) verkauft und ist im Marketing des FCB tätig. Odermatt wohnt in Rickenbach im Baselbiet, davor lebte er in Kaiseraugst. Er ist in zweiter Ehe mit Rosmarie Odermatt verheiratetet und hat vier Kinder; zwei aus erster und zwei aus zweiter Ehe.

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