Presseschau

Basler Zeitung vom 25.04.2013

Fans schmuggeln harten Alkohol ins Stadion

Seit der Einführung von Leichtbier im St.-Jakob-Park füllen Matchbesucher Spirituosen in Flachmänner

Von Martin Regenass

Basel. Im heutigen Spiel des FC Basel gegen den FC Chelsea schenken die Stadionbuvetten kein Bier aus, da es sich um ein Spiel im Rahmen der Uefa handelt. FCB-Fan D.S. weiss solche Alkoholverbote jeweils elegant auszuhebeln. Der Mitvierziger kauft sich im Stadion dann eine Cola im Plastikbecher, zieht aus der Tasche einen Flachmann und giesst Whisky in das Süssgetränk. Fertig ist der Cocktail. «Ich lasse mir doch nicht vorschreiben, ob ich alkoholische Getränke konsumieren darf oder nicht. Schliesslich bin ich ein erwachsener Mann», sagt D.S.

Die zu Hause abgefüllte Taschenflasche mit leichter Wölbung schmuggelt D.S. ins Stadion. Es sei keine grosse Kunst, den Flachmann an den kontrollierenden Securitys der Stadionbetreiberin Basel United vorbeizubringen. «Manchmal tasten mich die Securitys auch gar nicht ab. Ich glaube, das ist so, weil ich einigermassen anständig aus­sehe», erzählt D.S.

D.S. ist kein Einzelfall. Teilweise gelingt es Fans gar, grössere Gefässe mit alkoholischen Getränken ins Stadion einzuschleusen; das Spektrum reicht von Halbliter-Bierdosen bis hin zu Glasflaschen mit Spirituosen. Lucien Schibli, Leiter Sicherheit und Facility Management von Basel United, bestätigt die Recherche: «Der Alkoholschmuggel ins Stadion hat zugenommen, seit wir nur noch 2,4-prozentiges Leichtbier ausschenken.»

Es sei einfach ein Bedürfnis der ­Leute, Alkohol zu konsumieren, sagt Schibli. «Wenn man sie einschränkt, ­suchen die Fans nach anderen Wegen. Der Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt», sagt Schibli.

Transport in der Intimzone

Ist das Stadion voll, befinden sich 36 500 Fans im Joggeli. Wie viele davon Alkohol an den Eintrittskontrollen vorbeischmuggeln, kann Schibli nicht abschätzen. Sicher sei, dass das Phänomen Alkoholschmuggel in sämtlichen Sektoren und in allen Altersklassen feststellbar sei. Das unerlaubte Mitführen von Alkoholika zu unterbinden, sei praktisch unmöglich. «Es wäre nicht verhältnismässig, alle Leute unter Generalverdacht zu stellen und sie von Kopf bis Fuss zu filzen», sagt Schibli. Es gebe unzählige Möglichkeiten, wie man Flachmänner und Co. ohne grossen Aufwand ins Stadion bringe. Ein beliebter Bereich sei der Transport in der ­Intimzone.

Wird jemand bei einer Kontrolle erwischt, beispielsweise mit einer Dose Bier, passiert nicht viel. Die Securitys machen die Person darauf aufmerksam, dass das Mitbringen von alkoholischen Getränken nicht erlaubt sei. Die Person darf es dann austrinken, abgeben oder wegwerfen. «Wir dürften den Leuten den Zutritt verwehren, indem wir das Ticket einziehen. Das tun wir in solchen Fällen jedoch nicht», sagt Schibli. «Das ist unseren Kunden gegenüber nicht dienstleistungsorientiert. Sie schaden damit ja niemandem.» Aussen vor bleiben müssten nur Leute, die stark betrunken seien, schwankten und sich beim Treppensteigen ins Stadion am Geländer festklammerten. Schibli: «Das betrifft ungefähr alle drei Spiele eine Person.»

Fans kommen später ins Stadion

Mit dem Alkoholverbot im Stadion während Uefa-Spielen und dem Ausschank von Leichtbier während Super-League-Matches verlagert sich das Biertrinken vor das Stadion. «Man kann es den Leuten nicht verübeln. Allerdings kommen die Fans dann tendenziell später ins Stadion. Das führt in den letzten Minuten vor Spielbeginn zu längeren Wartezeiten», sagt Schibli.

FCB-Fanarbeiter Thomas Gander hält das Alkoholverbot und die generelle Leichtbierregelung für nicht zielführend. Für ihn kann der Alkoholschmuggel gewisser Fans eine unerwünschte Folge daraus sein. «Zu restriktive Verbote führen oftmals zu Verhaltensanpassungen», sagt Gander.

Die Kantonspolizei Basel-Stadt, vor dem Stadion verantwortlich für die Sicherheit der Matchbesucher, begrüsst das Alkoholverbot. «Wenn die Leute während der Spiele keinen Alkohol trinken können, dann beginnt der Alkohol­abbau etwas früher», sagt Mediensprecher Martin Schütz.

Generell betrachtet bedeute das weniger Probleme mit Fans nach den Spielen. Allerdings liessen sich Sicherheit und mögliche Probleme mit Fans nicht alleine auf den Alkohol reduzieren. Auch das Wetter, der Tabellenplatz oder offene Rechnungen zwischen den Gruppierungen und andere Faktoren spielten eine Rolle. «Der Umgang mit nüchternen Fans ist für die Polizei aber allgemein einfacher», sagt Schütz.

Für D.S. macht ein Match ohne alkoholisches Getränk nur halb so viel Spass – das sei wie ein Kinobesuch ohne Popcorn. Zudem beruhige sein Whisky-Cola seine angespannten Nerven während des Spiels. Das wird er heute Abend wohl brauchen können.

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